Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rätsel um die alte Villa

Rätsel um die alte Villa

Titel: Rätsel um die alte Villa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
Sie war nicht so gepflegt wie die Lindenhofallee, hatte aber eine
Bushaltestelle. Dort stand Geiergesicht.
    Wartend schlenderte er auf und
ab. Dabei rauchte er eine Zigarette, andächtig und hingegeben, als gäbe es
nichts Schöneres.
    Ich muß wissen, wer das ist und
wohin er will, dachte Tarzan und verbarg sich rasch hinter dem dicken Stamm
einer Buche. Aber der weiß längst, daß ich zu den Viersteins gehöre. Also fiele
es auf, wenn ich in denselben Bus steige. Ich muß ihn anders verfolgen.
Natürlich. Wozu habe ich mein Rennrad. Der Bus hält ziemlich oft. Außerdem
kenne ich die Strecke. Selbst wenn er schnell fährt, entkommt er mir nicht.
    Tarzan machte kehrt, rannte
durch den schmalen Park und zur Vierstein-Villa zurück.
    Die Räder standen bei der
Garage.
    Als Tarzan in den Sattel
sprang, kam Gaby über den Plattenweg. „Was ist denn los?“ rief sie. „Hast du
keine Lust mehr?“
    „Im Gegenteil. Jetzt macht’s
erst richtig Spaß.“
    „Willst du weg?“
    „Ich komme aber wieder. Bitte,
sag’s dem Professor. Habe was... ach, das erzähle ich nachher.“
    Er preschte durch die Einfahrt,
verhielt auf der Straße, sauste in den Eingang zum Park und — obwohl das verboten
war — einen kiesbestreuten Weg entlang, daß die Kiesel auf den Rasen spritzten.
    Als er drüben ankam, sah er
gerade noch, wie der Bus nach links blinkte und von der Haltestelle abfuhr —
gemächlich. Es war ein Bus der Städtischen Verkehrsbetriebe.
    Geiergesicht war eingestiegen.
Er saß jetzt in der zweiten oder dritten Reihe links, direkt am Fenster, war
aber ahnungslos wie Klößchen, wenn es um Mathematik-Aufgaben geht, und würde
sich bestimmt nicht umsehen.
    Der Bus beschleunigte. Tarzan
trat kräftig in die Pedale. Im Abstand von 100 Metern folgte er dem Bus.
    Die Verfolgung dauerte an. Der
Bus fuhr zur Innenstadt.
    Als Geiergesicht auch an der
achten Haltestelle sitzen blieb, wurde Tarzan ungeduldig.
    Dann fuhr der Bus in eine
Gegend, die keinen guten Ruf hatte. Die engen Straßen wurden von schmucklosen
Häuserzeilen fast erdrückt. Die Wände wirkten verwahrlost, die Türen so morsch,
als wäre es riskant, sie zu öffnen. Viele Kneipen, in denen schon vormittags
Betrunkene krakeelten, reihten sich aneinander. Die Gäste, die dort hockten,
hielten von geregelter Arbeit nicht viel, um so mehr aber von Müßiggang und
gefüllten Gläsern.
    Der Stadtbus — beziehungsweise
sein Fahrer — schien das zu wissen, denn er machte gleich wieder kehrt —
nachdem er Geiergesicht an der Haltestelle BRÄU-GASSE abgesetzt hatte.
    Tarzan atmete auf.
    Aus sicherer Entfernung
beobachtete er, wie Geiergesicht in einer Kneipe verschwand.
    Sie nannte sich WEINKELLER, lag
aber ebenerdig. Reklameschilder priesen an, daß man dort auch Coca-Cola,
Limonade und Kaffee trinken konnte.
    Tarzan zögerte keine Sekunde.
Er hatte keine Wahl. Schlimmstenfalls war eben alles verpatzt — falls
Geiergesicht ihn bemerkte.
    Er sicherte sein Rad, lehnte es
neben dem Eingang an die Wand, überprüfte seine Barschaft, die 4,80 DM betrug,
und trat in den WEINKELLER.
    Der Raum, kühl und ziemlich
düster, erstreckte sich weit in den Hintergrund. Künstliches Weinlaub, dicht
wie Sauerkrautsalat, trennte ein Dutzend Nischen voneinander ab. Wer dort saß,
wurde nicht gesehen, sah aber auch niemanden — außer den Zecher am eigenen
Tisch.
    Gegenüber dem Eingang stand
eine griesgrämige Frau hinter einer hufeisenförmigen Theke. Sie schrieb in
einer großen Kladde, blickte nur kurz auf, um von Tarzan Notiz zu nehmen, und
kritzelte weiter.
    Er trat zur Theke.
    „Ja?“ fragte die Frau — diesmal
ohne den Kopf zu heben.
    „Bitte, eine Cola.“
    „Moment!“
    Sie schrieb noch einige Zahlen
zu der langen Kolonne. Dann stellte sie Tarzan eine Flasche Cola samt Glas hin.
    „Kann ich gleich bezahlen?“
    „Einsfünfzig.“
    Als er das Geld hinlegte, rief
eine Männerstimme aus der dritten Nische: „Für mich einen Schoppen Landwein,
Elli, für Dolores einen…“ Mit gesenkter Stimme fragte er: „Was trinkst du, Schatz?“
    „Das gleiche, Horst.“
    „Zwei Schoppen, Elli!“ rief er.
    „Jaja“, sagte Elli und starrte
auf ihre Zahlen.
    Auf Tarzan achtete sie nicht.
Auch nicht, als der mit seiner Cola zu einer der Nischen ging — zur zweiten —
und sich dort an den Tisch setzte.
    Elli, die Wirtin, konnte ihn
jetzt nicht mehr sehen. Horst und Dolores hatten ihn überhaupt nicht bemerkt.
    Ob er das ist? überlegte
Tarzan. Aber wo, zum Henker, sollte er

Weitere Kostenlose Bücher