Rätsel um die alte Villa
gewonnen.
„Bloß gut, daß du so scharfe
Augen hast“, sagte sie zu Tarzan. „Sonst hätte sonstwer die Brieftasche
gefunden. Wer weiß, ob sie dann jemals zu Herrn Adelmann zurückgekommen wäre.“
„Ehrlich wärt am längsten.“
Tarzan lachte.
„Das sagt mein Papi auch immer.
Aber die Kriminalität steigt. Wenn er von seiner Arbeit erzählt, könnte man
denken, es gibt nur noch Verbrecher.“
„Nicht nur“, sagte Klößchen.
„Sieh uns vier an. Wir sind die hoffnungsvolle Ausnahme. Verflucht noch mal!
Ich habe meine Schokolade vergessen. Wie soll ich jetzt durchhalten bis halb
neun? Hat jemand zufällig ein halbes Kilo Halbbitter in der Tasche? Nein! Macht
nichts. Ich werde einen Schokoladen-Automaten knacken und mich versorgen. Wer
steht Schmiere?“
Sogar Oskar stimmte mit einem
heiseren Beller in das allgemeine Gelächter ein.
„Warum gibst du’s ihr nicht?“
fragte Klößchen jetzt Tarzan.
„Was meinst du?“
„Na, die Kette.“
Tarzan spürte, wie er rot
wurde. Denn Gaby sah ihn neugierig an; und auch Karl hob wachsam den Kopf.
„Ach so, ja, hm!“
Tarzan tat so lässig, als
handelte es sich um die nebensächlichste Sache der Welt.
„Weißt du, Pfote, der Herr
Adelmann, der... also, er hat mich wahrhaftig gedrängt, außer dem Finderlohn
noch ein — äh — Geschenk anzunehmen. Ich sollte mir was aussuchen. Und da habe
ich für meine Mutter eine hübsche Butterdose gewählt. Habe ich übrigens schon
abgeschickt. Eben. Ist sehr hübsch, wirklich, geformt wie eine Muschel. Man
könnte auch Marmelade oder Honig...“
„Die Kette!“ wurde er von
Klößchen unterbrochen. „Es geht um die Kette.“
Tarzan warf ihm einen Blick zu,
der spitz genug war, um Willi Sauerlich an der Wand anzunageln.
Dann fuhr er fort: „Die...
äh... Butterschale war aber nicht genug. Unbedingt sollte ich... jedenfalls
wollte das Herr Adelmann... noch etwas nehmen. Ringe, weißt du, trage ich ja
nicht. Eine Armbanduhr habe ich schon. Deshalb habe ich...“
Mist! dachte er. Ich rede, als
hätte ich für sie gar nichts nehmen wollen. Aber das ist gelogen! Es geht mir
sehr darum, gerade ihr was zu schenken.
„Nein!“ sagte er. „So war’s
eigentlich nicht. Ich habe sofort daran gedacht, für dich ein Geschenk
auszusuchen. Und das habe ich dann getan. Hier! Ich weiß nicht, ob dir’s
gefällt. Kannst es ja umtauschen.“
Er zerrte das kleine Päckchen
aus der Tasche und hielt es ihr hin. Gaby war sprachlos.
Karl verdrehte den Kopf und
starrte zum Fenster hinaus, als gäbe es am Himmel — außer der aufgeplusterten
Wolke — etwas unglaublich Interessantes zu sehen.
Klößchen grinste. „Er hat sich
enorme Mühe gegeben, was besonders Hübsches zu finden“, sagte er.
Tarzan lächelte, trat neben
seinen Freund und beugte sich zu dessen Ohr. „Wenn du den heutigen Tag
überleben willst“, flüsterte er freundlich, „würde ich an deiner Stelle endlich
die Klappe halten.“
„Yes, Sir!“ sagte Klößchen
respektlos. Er wußte, daß sein Freund, der bärenstarke Judo-Sportler, ihm
niemals was tun würde.
„Für mich? Ein Geschenk? Aber...“
Auch Gaby war rot geworden. Man
wußte nur nicht, ob aus Freunde oder vor Verlegenheit.
Eifrig löste sie das Zierband
und wickelte das Geschenkpapier ab. Als sie das Kästchen öffnete, wurden ihre
Augen ganz groß.
„Eine... Silberkette...“
Sie sah Tarzan an, und das
Entzücken setzte kleine Lichter in ihre Augen.
„Kannst sie ja umtauschen, wenn
es nicht dein Geschmack ist“, meinte er und schob beide Hände in die Tasche.
„Nie! Die ist herrlich!
Großartig! So eine wollte ich schon immer. Ist aber viel zu teuer, und
deshalb...“ Sie stockte. „Tarzan! Das kann ich nicht annehmen.“
„Nun stell’ dich nicht an! Leg’
sie mal um!“
Zwei rasche Schritte machte sie
auf ihn zu. Für einen Moment sah es aus, als würde sie ihm um den Hals fallen.
Aber sie bremste sich — gerade noch in letzter Sekunde.
Klößchen ließ keinen Blick von
den beiden und wirkte so vergnügt, als wäre er Trauzeuge auf einer Hochzeit.
Karl beobachtete immer noch die
völlig belanglose Wolke. Dann zog er eine Taschenlampe hervor und überprüfte
die Batterien.
„Die trage ich jetzt immer“,
sagte Gaby. „Das G ist wunderschön geschnörkelt. Machst du mir bitte den
Verschluß zu!“
Sie hatte das Kettchen um den
Hals gelegt, aber die losen Enden auf den Nacken. Mit beiden Händen hielt sie
ihr Haar hoch.
Tarzan fummelte an dem
Schraubverschluß
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