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Rage Zorn

Rage Zorn

Titel: Rage Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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Porträt von sich selbst. Nur dass dies kein schmeichelhaftes Studioporträt war. Dieses Bild hatte ein Pressefotograf aufgenommen. Er hatte sie müde, abgespannt und mit desillusioniertem, leerem Blick erwischt, das Mikro achtlos in der Hand haltend. Die Überschrift lautete: »Berufsfördernde Berichterstattung«.

    Mit tränenverhangenem Blick rieb sie die Ränder des Zeitungsartikels zwischen den Fingern. Jack war so stolz auf ihre Arbeit gewesen, dass er den Zeitungsausschnitt aufgehoben hatte. Ob ihm irgendwann aufgegangen war, welch grausame Ironie darin lag, dass er so stolz auf ihre Rolle bei genau dieser Story war?
    Komisch, dass ein völlig Fremder, jemand, dem sie nie wirklich begegnen sollte, ihr Leben auf den Kopf gestellt hatte. Der Mann hieß Albert Dorrie. Der Tag, an dem er Jacks und ihr Leben so einschneidend veränderte, war der Tag, an dem er beschloss, seine Familie als Geiseln zu nehmen.
    Â 
    Bis die Story kurz vor der Mittagspause reinkam, war es ein eher langweiliger Dienstag gewesen. Aber als die Reporter im Nachrichtenraum hörten, dass eine Frau und ihre drei Kinder gewaltsam in ihrem Haus festgehalten wurden, brach sofort fieberhafte Hektik aus.
    Ein Kameramann wurde zum Tatort losgeschickt. Noch während er hastig seine Ausrüstung zusammensuchte, ging der Redaktionsleiter durch, welche Reporter einsatzbereit waren. »Wer ist frei?« , brüllte er.
    Â»Ich.« Paris erinnerte sich, die Hand gehoben zu haben wie ein streberhaftes Schulmädchen.
    Â»Sie müssen noch den Text für den Beitrag über Prävention für Dickdarmkrebs aufsprechen.«
    Â»Ist schon aufgenommen und geschnitten.«
    Der erfahrene Nachrichtenredakteur ließ seine Zigarette, die innerhalb des Gebäudes nicht angezündet werden durfte, vom einen Ende seiner nikotinfleckigen Lippen zum anderen wandern, während er sie stirnrunzelnd ansah. »Okay, Gibson, dann übernehmen Sie. Sobald Marshall im Gericht fertig ist, schicke ich ihn rüber, damit er übernimmt. Bis dahin versuchen Sie, nicht allzu viel zu vermasseln. Und jetzt los!«
    Sie quetschte sich neben den Kameramann in den Übertragungswagen. Sie war auf Hochtouren, ängstlich und aufgekratzt,
weil sie ihren ersten Beitrag für die Abendnachrichten liefern sollte. Der Kameramann lenkte den Wagen locker durch den dichten Verkehr auf den Freeways von Houston und summte dabei Springsteen vor sich hin.
    Â»Wie kannst du nur so ruhig sein?«
    Â»Weil morgen der nächste Irre etwas genauso Durchgeknalltes bringen wird. Letzten Endes ist es immer die gleiche Story. Nur die Namen wechseln.«
    Bis zu einem gewissen Grad hatte er Recht, aber sie vermutete, dass der Joint zwischen seinen Lippen erheblich zu seiner Gelassenheit beitrug.
    Am Ende einer Straße in einer gutbürgerlichen Gegend waren Sperren aufgestellt worden. Paris sprang aus dem Wagen und rannte dorthin, wo sich die anderen Reporter um den Leiter des Einsatzkommandos versammelt hatten, der augenblicklich als Polizeisprecher fungierte.
    Â»Die Kinder sind im Alter zwischen zwei und sieben«, hörte ihn Paris sagen, während sie sich durch die Menge drängelte. »Mr und Mrs Dorrie wurden vor wenigen Monaten geschieden. Ihr wurde kürzlich das Sorgerecht zugesprochen. Mehr wissen wir im Moment noch nicht.«
    Â»War Mr Dorrie aufgebracht, weil ihm das Sorgerecht abgesprochen wurde?«, rief ein Reporter.
    Â»Das ist anzunehmen, aber reine Spekulation.«
    Â»Konnten Sie schon mit Mr Dorrie sprechen?«
    Â»Er hat noch nicht auf unsere Gesprächsangebote reagiert.«
    Inzwischen hatte Paris’ Kameramann sie eingeholt. Er streckte die Hand zwischen den anderen Reportern durch und reichte ihr ein Mikrofon, das mit seiner Kamera verkabelt war.
    Â»Woher wissen Sie dann überhaupt, dass er da drin ist und seine Angehörigen als Geiseln genommen hat?«, wollte ein anderer Reporter wissen.
    Â»Mrs Dorrie hat die Polizei gerufen und uns das mitgeteilt, ehe die Verbindung unterbrochen wurde, schätzungsweise von Mr Dorrie.«

    Â»Hat sie gesagt, was für eine Waffe er hat?«
    Â»Nein.«
    Â»Wissen Sie, was Mr Dorrie damit zu erreichen hofft?«, fragte Paris.
    Der Leiter des Sondereinsatzkommandos sah sie an. »Im Moment wissen wir nur, dass die Situation sehr ernst ist. Vielen Dank.«
    Damit war die improvisierte Pressekonferenz zu Ende. Paris wandte sich zu ihrem Kameramann

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