Rage Zorn
um. »Hast du meine Frage?«
»Ja. Und seine Antwort auch.«
»Soweit man das als Antwort bezeichnen kann.«
»Die Redaktion hat angerufen. Sie schalten uns in drei Minuten auf Sendung. Fällt dir was zu sagen ein?«
»Du kümmerst dich um die Kameraeinstellung, und ich denke mir einen Text aus.«
Sie wählte eine gute Position, von der aus sie ihren Aufsager sprechen konnte. Im Hintergrund war das Haus der Dorries zu sehen, am anderen Ende einer schmalen Allee, die an jedem anderen Nachmittag wahrscheinlich friedlich und heiter gewirkt hätte.
Jetzt war die StraÃe voll mit Krankenwagen, Polizeiautos, Ãbertragungswagen und Gaffern. Paris fragte eine Frau aus der Nachbarschaft, ob sie vor laufender Kamera etwas über die Familie erzählen würde, und die Frau willigte begeistert ein.
»Dabei war er immer ein so netter Mann«, ereiferte sich die Frau. »Ich hätte nie gedacht, dass er so durchdrehen könnte. Man weià eben nie, was in den Leuten steckt. Ich glaube, die meisten sind einfach verrückt.«
Nach einer ereignislosen Stunde sah Paris, wie Dean Malloy in einem Zivilwagen angefahren kam. Er schien die Schaulustigen gar nicht wahrzunehmen, sondern marschierte, umringt von mehreren uniformierten Beamten, mit zuversichtlichem, entschlossenem Schritt durch das Gewirr von Reportern auf die mobile Einsatzzentrale zu, die auf halbem Weg zwischen der Absperrung und dem Haus parkte. Paris sah, wie er in den Wagen
stieg, rief dann ihren Nachrichtenredakteur an und meldete ihm diese neue Entwicklung.
»Ist jetzt verflucht noch mal Ruhe im Puff!«, schnauzte er die Stimmen im Hintergrund an. »Ich kann mich nicht denken hören.« Dann sagte er zu Paris: »Wer ist das noch mal?«
Sie wiederholte Deans Namen. »Er ist Doktor der Psychologie und Kriminologie und arbeitet als Polizeipsychologe.«
»Und Sie kennen ihn?«
»Privat, ja. Er hat eine Ausbildung als Unterhändler bei Geiselnahmen. Er wäre nicht hier, wenn sie nicht glauben würden, dass sie ihn brauchen.«
Sie meldete diese neue Entwicklung live und schlug damit alle anderen Sender aus dem Feld.
Nach der dritten Stunde ohne eine entscheidende Wendung begannen sich alle zu langweilen und den perversen Wunsch zu entwickeln, es möge endlich etwas passieren.
Durch eine glückliche Fügung fiel Paris eine kleine Frau auf, die etwas abseits der Menge stand. Sie wurde von einem Mann an ihrer Seite gestützt und weinte still, aber unablässig vor sich hin.
Paris näherte sich dem Paar ohne Mikrofon und ihren Kameramann und stellte sich vor. Im ersten Moment reagierte der Mann abweisend und erklärte ihr unverblümt, sie solle sich zum Teufel scheren, aber dann gab sich die Frau als Schwester von Mrs Dorrie zu erkennen. Anfangs wollte sie nicht mit Paris reden, aber nach einer Weile erfuhr Paris die stürmische Geschichte von der Ehe der Dorries.
»Diese Hintergrundinformationen könnten für die Polizei sehr hilfreich sein«, erklärte sie der Frau freundlich. »Wären Sie bereit, mit einem Polizisten zu sprechen?«
Die Frau war misstrauisch und eingeschüchtert. Ihr Mann blieb unbeirrt feindselig.
»Ich habe dabei nicht an einen gewöhnlichen Polizisten gedacht«, erklärte sie den beiden. »Es ist niemand vom Einsatzkommando. Dieser Mann ist nur hier, damit Ihre Schwester
und die Kinder diese Sache möglichst wohlbehalten überstehen. Sie können ihm vertrauen. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
Wenige Minuten später redete Paris mit Engelszungen auf einen uniformierten Polizisten ein, eine Nachricht zur mobilen Einsatzzentrale zu bringen und sie Dean persönlich zu übergeben. »Er kennt mich. Wir sind befreundet.«
»Selbst wenn Sie seine Schwester sind. Dr. Malloy hat zu tun und will nicht mit Reportern reden.«
Sie winkte ihren Kameramann nach vorn. »Nimmst du das auf?«
»Jetzt schon«, bestätigte er, packte die Kamera auf die Schulter und blickte durch den Sucher.
»Pass auf, dass du das Gesicht dieses Polizisten drauf hast.« Sie räusperte sich und begann dann in ihr Mikro zu sprechen. »Heute behinderte Officer Antonio Garcia vom Houston Police Department die Bemühungen zur Rettung einer Familie, die von einem Bewaffneten in Geiselhaft gehalten wurde, indem er sich weigerte, eine wichtige Botschaft zu überbringen â«
»Was soll der Mist,
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