Rage Zorn
für eine letzte Frage stehen. »Sie haben gesagt, Lancy hätte einen guten Job verloren, weil er was gestohlen hätte.«
»Genau das habe ich gesagt.«
»Wo hat er damals gearbeitet?«
»Bei der Telefongesellschaft.«
Sobald Curtis wieder in seinem Auto saÃ, rief er in der Polizeizentrale von San Marcos an, erklärte die Situation und bat die Kollegen, Mrs Fishers Wohnwagen im Auge zu behalten. Danach setzte er einen Mann aus seiner eigenen viel beschäftigten Einheit
darauf an, Lancy Ray Fishers Personalakte bei der Telefongesellschaft zu durchforsten.
Der Verkehr auf der Interstate 35 kroch wegen einer Baustelle im Schneckentempo in Richtung Norden, weshalb die gewünschten Informationen bereits verfügbar waren, als er endlich im Präsidium eintraf. Fishers Personalakte bei Southwestern Bell war auf seinen richtigen Namen ausgestellt. Er war ein geschätzter Mitarbeiter gewesen, bis man ihn beim Stehlen von Firmeneigentum erwischt hatte.
»Das waren damals echte High-Tech-Geräte«, berichtete der Detective. »Inzwischen sind sie mehr oder weniger veraltet, weil sich die Technik so schnell entwickelt.«
»Aber sie sind immer noch zu gebrauchen.«
»Dem Experten zufolge schon.«
Mit dieser Information versehen setzte Curtis Lancy Ray Fisher ganz oben auf die Verdächtigenliste und widmete sich wieder den Unterlagen, die man ihm aus Houston gefaxt hatte.
Darunter befanden sich Kopien von Zeitungsartikeln, Niederschriften von gesendeten Nachrichtenbeiträgen und aus dem Internet kopierte Beiträge. Alles zusammen erzählte eine tragische Geschichte und füllte viele der Lücken, die Malloy nicht hatte füllen wollen.
Zum Beispiel begriff Curtis jetzt, warum Paris Gibson immer eine Sonnenbrille trug. Sie hatte eine Augenverletzung erlitten, und zwar bei dem Unfall, bei dem Jack Donner sein Leben verloren hatte â bis auf ein schlagendes Herz und einen winzigen Rest an Gehirnfunktion.
Paris hatte angeschnallt auf dem Beifahrersitz gesessen. Als der Wagen mit hohem Tempo auf den Brückenpfeiler geprallt war, waren die Airbags explodiert. Aber sie halfen nicht gegen den Scherbenregen aus der Windschutzscheibe, die eigentlich unzerbrechlich sein sollte, es aber nicht war, vor allem nicht, als der achtzig Kilo schwere Fahrzeugführer hindurchkatapultiert wurde.
Jack Donner hatte seinen Sicherheitsgurt nicht angelegt. Der
Airbag verringerte den Katapulteffekt, konnte ihn aber nicht verhindern. Jack erlitt schwerste Kopfverletzungen. Die Schädigungen waren beträchtlich und unwiderruflich. Er sollte bis an sein Lebensende physisch vollkommen hilflos bleiben.
Seine geistigen Fähigkeiten blieben darauf beschränkt, auf optische, taktile und akustische Stimulationen zu reagieren. Die Reaktionen waren schwach ausgeprägt, etwa auf der Stufe eines Neugeborenen, aber doch so stark, dass man ihn nicht als gehirntot einstufte. Niemand konnte den Stecker ziehen.
Ãbereinstimmend wurde berichtet, dass sein Freund Dr. Dean Malloy vom Houston Police Department als Erster am Unfallort gewesen war. Er war Mr Donner in seinem eigenen Wagen gefolgt, hatte den Unfall beobachtet und von seinem Handy aus den Notarzt gerufen. Allen Berichten zufolge war er seinen Freunden ein fürsorglicher Gefährte und hatte in den Tagen nach dem Unfall aufopferungsvoll vor Ms Gibsons Krankenzimmer und vor Mr Donners Bett auf der Intensivstation Wache geschoben.
In der letzten Story über Jack Donners tragisches Schicksal wurde berichtet, dass sich Paris Gibson von ihren Verletzungen erholt, ihren Job beim Fernsehen gekündigt und Donner in ein privates Pflegeheim verlegt habe.
Ms Gibson wurde mit den Worten zitiert, sie danke all ihren Freunden, Kollegen und Fans, die ihr und ihrem Verlobten so viele Blumen und Genesungskarten geschickt hätten. Sie würde ihren Job und all die wunderbaren Menschen in Houston vermissen, aber ihr Leben habe eine unerwartete Wendung genommen, und sie müsse von nun an neue Wege beschreiten.
In diesem letzten Artikel wurde Dean Malloy nicht mehr erwähnt, und genau das lieà bei Curtis alle Alarmsirenen schrillen. Wenn jemand so plötzlich vom Radarschirm einer langjährigen, festen Freundschaft verschwand, musste es einen guten Grund dafür geben.
Die Antwort darauf lag auf der Hand. Ihm war nicht entgangen, wie Malloy Paris Gibson ansah und sie ihn. Jeder Blick
sagte, ich will dich nackt
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