Rage Zorn
sehen . Aber auch die Anstrengung, die sie darauf verwandten, einander nicht anzusehen, verriet ein Verlangen, das weit über das rein Körperliche hinausging. Gerade der Versuch, jeden Kontakt zu vermeiden, verriet sie. Wenn Curtis das schon sah, obwohl er Paris Gibson genau zwei Tage kannte, dann konnte Jack Donner es unmöglich übersehen haben.
Schlussfolgerung: In einer Liebesbeziehung sind drei einer zu viel.
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Je länger er Parisâ Sendung anhörte, desto wütender wurde er.
Kein einziges Mal erwähnte sie ihn, erwähnte sie Valentino.
Stattdessen quatschte sie endlos über Janey Kemp. Endlos lieà sie sich darüber aus, wie sehr ihre Eltern hofften, dass sie unverletzt zu ihnen zurückkehren würde. Laberte sie von Janeys Freunden, die sich um sie sorgten. Hob sie ihre Tugenden hervor.
Was für eine Farce! Janey hatte ihm erzählt, wie sehr sie ihre Eltern verabscheute, und die Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit. Freunde? Sie machte Eroberungen, keine Freunde. Und was ihre Tugenden anging, so hatte sie keine.
Aber wenn man Paris reden hörte, konnte man meinen, Janey Kemp sei eine Heilige. Ein wunderschönes, charmantes, freundliches, tüchtiges Ideal von einem amerikanischen Mädchen.
»Wenn du sie jetzt sehen könntest, Paris«, flüsterte er und lachte leise.
Janey widerte ihn inzwischen so an, dass er ihr heute nur einen kurzen Besuch abgestattet hatte. Sie war überhaupt nicht mehr schön und reizvoll. Ihre früher so elastischen, seidigen Haare lagen wie verfilzte Taue um ihren Kopf. Ihr Gesicht war fahl und eingefallen. Die Augen, die je nach Laune wollüstig oder voller Todesverachtung blicken konnten, wirkten jetzt matt und leblos. Sie hatte seine Anwesenheit im Zimmer kaum zur Kenntnis genommen, sondern hatte leer und ohne zu blinzeln in die Luft gestarrt, sogar als er vor ihrer Nase mit den Fingern geschnippt hatte.
Sie schien halbtot und sah noch schlechter aus. Eine Dusche hätte manches gebessert, aber er hatte nicht die MuÃe, sie ins Bad zu schleifen, um sie zu waschen.
Er hatte zu überhaupt nichts MuÃe, weil er viel zu beschäftigt war, sich aus der Klemme zu befreien, in die er sich manövriert hatte. Die Zeit, eine praktikable Lösung zu finden, wurde allmählich knapp. Er hatte Paris ein zweiundsiebzigstündiges Ultimatum versprochen, und falls er auch nur etwas Charakter besaÃ, etwas Stolz, musste er sich an diesen Fahrplan halten.
Janey war eine gröÃere Belastung geworden, als er vorhergesehen hatte. Ihretwegen schlief er in einem Motel statt in seinem eigenen Bett. AuÃerdem blieb immer noch die Frage, wie er mit Paris verfahren sollte.
Im Grunde hatte er sich keine weiter gehenden Gedanken gemacht, als Janey hierher zu bringen und sie so zu benützen, wie sie es insgeheim ersehnte. Sie war eine Hure, die damit warb, dass sie zu allem bereit war. Er hatte sie als Schwindlerin entlarvt, mehr nicht. Ihre Prahlereien waren nichts als heiÃe Luft. Es hatte sich herausgestellt, dass sie nur auf ihre eigene Erniedrigung aus war.
Er hatte nicht wirklich vorgehabt, diese Geschichte mit ihrem Ableben zu beenden, genauso wenig wie er vorgehabt hatte, Maddie Robinson umzubringen. Die Sache mit Maddie hatte sich einfach so entwickelt. Sie hatte gesagt: »Ich will dich nicht mehr sehen«, und er hatte dafür gesorgt, dass sie ihn nicht mehr sehen würde. Nie wieder. Wenn man es so sah, hatte sie und nicht er ihr Schicksal besiegelt.
Bei Paris hatte er ehrlich gesagt nicht über den ersten Anruf hinausgedacht, bei dem er ihr erklärt hatte, dass er sich jetzt gegen die Frau zur Wehr setzte, die ihn so hintergangen hatte. Er wollte Paris Angst machen, er wollte sie aufrütteln und ihr bewusst machen, wie unerträglich arrogant sie wirkte. Für wen hielt sie sich eigentlich, wenn sie aller Welt Ratschläge über die Liebe und das Leben, über Sex und Beziehungen erteilte?
Dabei hatte er allerdings nicht vorausgesehen, dass sein Anruf
polizeiliche Nachforschungen auslösen und zu einem solchen Medienereignis aufgebauscht würde. Wer hätte gedacht, dass sich alle Welt wegen Janey ereifern würde, wo sie doch nur das bekam, was sie verdient hatte?
Nein, die Sache hatte viel gröÃere Dimensionen angenommen, als ihm recht war. Er hatte das Gefühl, dass die Situation auÃer Kontrolle geriet. Um zu überleben, musste er wieder die Kontrolle
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