Rage Zorn

hat meine Selbstbeherrschung bei Gavin eindeutig versagt und heute schon wieder bei Rondeau.«
    Â»Bei Rondeau?«
    Er erzählte ihr von der Szene, die er auf der Herrentoilette miterlebt hatte. »Er hatte Gavins Gesicht gegen den Spiegel gedrückt. Deshalb hat er einen blauen Fleck auf der Wange. Ich hätte den Scheißkerl am liebsten umgebracht.«
    Â»Das wäre mir nicht anders gegangen. Wieso hat er das getan?«
    Â»Er sagte, er hätte eine Mutter und eine Schwester, und die obszönen Beiträge, die Gavin in das Forum gestellt hat, hätten ihn so beleidigt, dass er die Beherrschung verloren hätte, als er ihn sah. Eine lächerliche Erklärung, die zum Himmel stinkt.«
    Â»Weiß Curtis davon?«
    Â»Ich habe ihm nichts davon erzählt, und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Rondeau bei ihm ausgeheult hat.«
    Â»Du willst die Sache auf sich beruhen lassen?«
    Â»Nein. Auf gar keinen Fall. Aber ich werde schon selbst mit Rondeau fertig, ohne dass Curtis sich einmischt.« Er lachte freudlos. »Womit wir wieder bei unserem guten Detective wären, der uns wie ein Bluthund im Nacken sitzt. Er wird nicht aufgeben,
ehe er alles über unsere kleine Ménage à trois weiß, wie er es nennt.«
    Â»Womit er dich, mich und Jack meint.«
    Â»Er ist nicht auf den Kopf gefallen, Paris. Er weiß, dass an der Geschichte mehr dran ist, als in den Medien berichtet wurde, und dass wir ihm noch viel, viel mehr verschweigen.«
    Â»Es geht ihn nichts an.«
    Â»Er glaubt schon. Er glaubt, dass Valentinos Anrufe etwas damit zu tun haben könnten.«
    Sie versuchte, sich abzuwenden, aber er hielt sie fest und drehte sie wieder zu sich her. »Wir müssen darüber reden, Paris. Wir haben das Thema schon damals nicht angesprochen, obwohl wir es unbedingt hätten tun sollen. Vielleicht hätte sich Jack dann vor sieben Jahren nicht so betrunken. Wir hätten zu ihm gehen, uns mit ihm zusammensetzen und ihm erzählen sollen –«
    Â»Dass wir ihn betrogen haben.«
    Â»Dass wir uns ineinander verliebt haben, dass es keiner von uns darauf angelegt hat, dass es aber trotzdem passiert ist und dass wir nichts dagegen tun konnten.«
    Â»Tut uns echt Leid, Jack. Einfach dumm gelaufen. Bis irgendwann mal.«
    Â»So wäre es nicht gelaufen, Paris.«
    Â»Nein, es wäre viel schlimmer gekommen.«
    Â»Schlimmer als was, in Gottes Namen? Schlimmer als so, wie es geendet hat?«
    Er holte tief Luft und fuhr leiser, eindringlicher fort: »Jack war nicht so dumm, wie du damals angenommen hast. Er war eindeutig scharfsichtiger. Natürlich war ihm aufgefallen, dass wir uns aus dem Weg gingen. Konntest du dir nicht denken, dass er irgendwann nach dem Grund fragen würde?«
    Natürlich hatte er Recht. Es war eine Beleidigung von Jacks Intelligenz, dass sie geglaubt hatte, Jack würde nie erfahren, dass nichts mehr war wie zuvor, nur weil sie so tat, als wäre alles beim Alten. Seine Verlobte hatte mit seinem Trauzeugen geschlafen. Natürlich veränderte das unwiderruflich alle Beziehungen – die
zwischen ihr und Jack, die zwischen ihm und Dean und die zwischen ihr und Dean. Sie konnten nicht so weitermachen wie bisher. Das zu glauben war naiv gewesen.
    Â»Ich dachte … dachte …« Sie senkte den Kopf und massierte ihre Schläfen. »Ich weiß nicht mehr, was ich damals dachte, Dean. Ich konnte einfach nicht zu ihm gehen und ihm sagen: ›Weißt du noch, wie ich an dem Abend nach der Geiselnahme sagte, ich wollte lieber allein bleiben? Tja, damals kam Dean bei mir vorbei, und wir haben auf dem Wohnzimmerteppich gevögelt.‹«
    Stattdessen hatte sie sich für einen taktvolleren Ansatz entschieden und jedes Mal einen Termin vorgeschoben, wenn Jack sie und Dean zusammenbringen wollte. Nur waren ihre Ausreden immer unglaubwürdiger geworden. »Schließlich wollte Jack von mir wissen, was ich plötzlich gegen dich hätte.«
    Â»Ich hatte ein ähnliches Gespräch mit ihm«, sagte Dean. »Er fragte mich, ob ich mit dir während der Geiselnahme die Klingen gekreuzt hätte. Ob während der Krise der Bulle in mir und die Reporterin in dir zum Vorschein gekommen wären und wir uns deshalb nicht mehr sehen wollten. Ich habe ihm damals erklärt, dass er sich irrte, wir würden uns mögen und respektieren. Mit diesem Überraschungsessen wollte er mich auf die