Rage Zorn
sagte sie. »Aber ich weià noch genau, wie ich ihn auf dem Parkplatz eingeholt habe. Er brüllte mich an, ich sollte ihn in Ruhe lassen.«
»Aber das hast du nicht.«
»Nein, ich bettelte ihn an, mich alles erklären zu lassen. Er blieb nur eine Sekunde lang stehen und fragte mich: âºHast du mit ihm gefickt?â¹Â«
Dean fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, aber die Geste trug wenig dazu bei, die Reue aus seiner Miene zu löschen. »Ich habe ihn damals über den ganzen Parkplatz gehört. Ich habe auch gehört, wie du ihn angefleht hast, nicht zu fahren, weil er zu betrunken und zu wütend war.«
Ohne ihre Bitten zu erhören, war Jack in sein Auto gestiegen. Sie war zur Beifahrertür gelaufen, die zum Glück unverriegelt war. »Ich bin eingestiegen. Jack wollte mich wieder rauswerfen. Aber ich wollte davon nichts hören und schnallte mich stattdessen an. Daraufhin startete er den Motor und trat das Gaspedal durch.«
Sie schwiegen eine Weile, gefangen in ihren Erinnerungen an jene grauenvolle Nacht. Dean sprach als Erster wieder.
»Er hatte jedes Recht, wütend auf uns zu sein. Wäre es andersherum gewesen, hätte ich ⦠bei Gott, ich weià wirklich nicht, was ich dann getan hätte. Wahrscheinlich hätte ich ihm die Arme und Beine einzeln vom Rumpf gerissen. Er war verletzt und wütend, und wenn er sich damals wirklich umbringen wollte, hätten wir nichts tun können, um ihn daran zu hindern, weder in dieser Nacht noch irgendwann später. Wir haben ihn hintergangen, Paris. Damit werden wir bis an unser Ende leben müssen. Aber trotzdem hätte er nicht mit dir in diesem Auto losfahren dürfen.«
Er legte die Hände an ihren Hals und liebkoste ihn mit den Fingerspitzen. »Das werde ich ihm nie verzeihen. Er hätte dich damals umbringen können.«
»Ich glaube nicht, dass er vorhatte, irgendwen umzubringen.«
»Bist du sicher?«, fragte er leise. »Was habt ihr in den zwei Minuten zwischen dem Parkplatz und der Brücke über den Freeway gesprochen?«
»Ich habe ihm gesagt, wie unendlich Leid es mir tat, dass ich ihn so verletzt hatte. Ich habe ihm versichert, dass wir ihn beide
liebten, dass es ein einmaliger Vorfall war, eine rein körperliche Spannungslösung nach einer traumatischen Erfahrung, und dass es nie, nie wieder passieren würde, wenn er uns nur beiden verzeihen könnte.«
»Hat er dir geglaubt?«
Eine Träne rann unbemerkt über ihre Wange, und sie gestand mit rauer Stimme: »Nein.«
»Hast du dir geglaubt?«
Sie schloss die Augen und lieà damit weitere Tränen über ihre Wangen rollen. Langsam schüttelte sie den Kopf.
Mit einem tiefen Atemzug zog Dean sie an seine Brust und strich ihr übers Haar.
»Vielleicht hätte ich überzeugender sein müssen«, sagte sie.
»Mit deinen Lügen?«
»Vielleicht hätte ich ihm damit das Leben gerettet. Er war auÃer sich. Keinen Argumenten mehr zugänglich. Ich habe ihn damals beschworen, rechts ranzufahren und mich ans Steuer zu lassen, aber stattdessen fuhr er nur noch schneller. Dann verlor er die Kontrolle über den Wagen. Er ist nicht absichtlich gegen den Pfeiler gerast.«
»O doch, Paris.«
»Nein«, widersprach sie geknickt, weil sie das auf keinen Fall glauben wollte.
»Wenn ein Fahrer die Kontrolle über seinen Wagen verliert, tritt er automatisch auf die Bremse. Seine Bremslichter haben nicht ein einziges Mal aufgeleuchtet.« Er schob ihren Kopf zurück, bis sie zu ihm aufsehen musste. »Jack hat dich geliebt, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel. Er hat dich so geliebt, dass er dich zur Frau nehmen wollte. Er hat dich so geliebt, dass er vor Eifersucht tobte, als er herausfand, dass wir etwas miteinander hatten.
Aber«, setzte er mit Nachdruck hinzu, »wenn er dich so geliebt hätte, wie du es verdient hast, selbstlos und bedingungslos, dann wäre ihm nie in den Sinn gekommen, dich mit in den Tod zu nehmen. So qualvoll seine letzten Jahre auch waren, ich habe ihm nie vergeben, dass er versucht hat, dich umzubringen.«
Als er das sagte, liebte sie ihn umso mehr. Sie liebte ihn wirklich. Von dem Moment an, als sie sich das erste Mal begegnet waren, war ihr sonnenklar gewesen, dass sie Dean Malloy eines Tages lieben würde. Aber dieser Liebe nachzugeben war damals ausgeschlossen gewesen, genauso ausgeschlossen wie jetzt.
Weitere Kostenlose Bücher