Rage Zorn
es wäre gut, wenn du auch mit deiner Mutter über dieses Thema sprechen würdest. Es ist doch verständlich, dass sie dir nichts davon erzählt hat. Sie wollte nicht, dass du schlecht über sie denkst. Ich möchte das auch nicht. Sie war keine Partymaus, die mit jedem Kerl auf dem Campus ins Bett gehüpft ist. Diese Feier war unsere letzte Studentenparty, weil wir kurz vor dem Abschluss standen. Wir haben es richtig krachen lassen, und so ⦠ist es eben passiert.
Deine Mutter hat groÃe Opfer auf sich genommen, um dich allein groÃzuziehen. Ich weiÃ, du bist sauer auf sie, weil sie wieder geheiratet hat, aber daran wirst du nichts ändern. Pat ist nicht nur deine Mutter, sondern auch eine Frau. Und wenn du kindischerweise befürchtest, dass ihr Ehemann deinen Platz in ihrem Leben einnehmen könnte, dann irrst du dich. Glaub mir, das kann er nicht. Niemand könnte das.«
»Das glaube ich ja gar nicht«, sagte Gavin in seinen Schoà hinein. »Ich bin kein Idiot. Ich weiÃ, dass sie Liebe braucht und so.«
»Dann solltest du vielleicht aufhören zu schmollen und ihr sagen, dass du sie verstehst.«
Er zuckte nichtssagend mit den Achseln. »Ich wünschte nur, du hättest mir das schon früher gesagt. Ich habe es sowieso gewusst.«
»Also, wenn du es sowieso gewusst hast und wenn es dein Leben nicht wirklich beeinflusst, wieso benutzt du es dann als Ausrede?«
Sein Kopf zuckte hoch. »Als Ausrede?«
»Eine lange Ehe ist nicht unbedingt mit einem glücklichen Zuhause gleichzusetzen, Gavin. Viele Kinder, die bei ihren beiden Eltern leben, haben eine viel schlimmere Kindheit als du, glaube mir, ich weià das.
Du nimmst die Tatsache, dass du ungewollt gezeugt wurdest, als Ausrede, um dich unmöglich aufzuführen. Das ist Drückebergerei. Deine Mutter und ich sind auch nur Menschen. Wir waren jung und gedankenlos, und wir haben einen Fehler gemacht. Aber ist es nicht langsam an der Zeit, dass du aufhörst, uns unseren Fehler vorzuhalten, und anfängst, die Verantwortung für deine eigenen Fehler zu übernehmen?«
Aufwallender Zorn verfärbte Gavins Gesicht. Er atmete schwer durch die Nase. Aber schon wieder hatten sich in seinen Augen Tränen gesammelt.
»Ich liebe dich, Gavin. Mehr als alles auf der Welt. Ich danke Gott dafür, dass deine Mutter und ich in jener Nacht einen Fehler gemacht haben. Ich würde liebend gern mein Leben für dich geben. Aber ich werde nicht zulassen, dass die Umstände deiner Geburt mich von dem ablenken, was wesentlich dringender und im Moment eindeutig bedrohlicher ist.«
Er schob seinen Stuhl näher an Gavins heran und drückte mit einer Hand seine Schulter. »Ich habe ganz offen und von Mann zu Mann mit dir gesprochen. Jetzt möchte ich, dass du ebenfalls wie ein Mann handelst und mir erzählst, was du mit dir herumträgst.«
»Nichts.«
»ScheiÃe. Du verschweigst mir etwas.«
»Tu ich nicht.«
»Du lügst.«
»Lass mich in Frieden, Dad!«
»Erst, wenn du es mir erzählt hast.«
Seine Miene spiegelte den inneren Aufruhr, der von seinem Ringen mit seiner Angst und möglicherweise von seinem schlechten Gewissen herrührte. SchlieÃlich platzte es aus ihm heraus. »Okay, du willst es also wirklich wissen? Ich war an dem Abend in Janeys Auto.«
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Paris warf einen Blick auf die Uhr. Seit über einer Stunde wartete sie jetzt schon vor dem CIB. Deans Anwalt, den sie vom Vortag wiedererkannt hatte, war bereits eingetroffen. Er war durch die Tür geeilt und in der Zentrale verschwunden. Abgesehen davon hatte sie keine Ahnung, was drinnen vorging. Sie wusste nicht, ob Gavins Test mit dem Lügendetektor bereits begonnen hatte oder nicht.
Allmählich machte sich der Schlafmangel bemerkbar. Sie lehnte ihren Kopf gegen die Mauer hinter der Bank und schloss die Augen, aber Ruhe fand sie nicht. Beklemmende Gedanken verfolgten sie. Janey Kemp war tot. Sie war von einem kranken Perversen umgebracht worden, und doch fühlte sich Paris für ihren Tod verantwortlich.
Wie ihr Stan so taktlos bewusst gemacht hatte, hatte der Rat, den sie Janey gegeben hatte, Valentino zu seiner Tat getrieben. Hätte sie Janeys Anruf damals nicht ausgestrahlt, dann hätte Valentino ihre Antwort nicht gehört.
Unglückseligerweise hatte er es. Was hätte sie, Paris, anders machen können, nachdem er die Drohung
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