Ragnarök
ungeschickt verhalten hat.«
»Vielleicht«, sagte Kes leise.
Der Arzt legte den Hautversiegler zur Seite und machte sich daran, das Blut mit einem Tupfer abzuwischen. »Muß ich mit weiteren Verletzten rechnen?«
»Ich weiß nicht«, antwortete Kes. »Wahrscheinlich schon.«
»Die Schlacht geht also noch weiter?«
»O ja. Mr. Tuvok sagt, sie würde noch weitere dreißig Jahre andauern.«
Das Hologramm hielt abrupt inne und ließ den Tupfer sinken.
Es warf einen Blick auf den Patienten und sah dann zu Kes hinüber.
»Das scheint kaum der geeignete Zeitpunkt für dumme Witze zu sein«, meinte der Arzt tadelnd.
»Ich mache keine Witze«, widersprach die Ocampa.
»Irgend jemand aber doch«, erklärte der Arzt, »und ich kann mir kaum vorstellen, daß es sich dabei um Tuvok handelt! Er ist Vulkanier, um Himmels willen – Vulkanier reißen keine Witze.«
»Niemand reißt hier Witze«, sagte Kes ruhig.
»Unfug«, beharrte das Hologramm. »Raumschlachten dauern keine dreißig Jahre! Meine Programmierung weist mich an, absurde Feststellungen von Personen, die nicht eindeutig delirieren, als humorvoll gemeint einzustufen, und ich würde sagen, Ihre Aussage ist mit Sicherheit absurd zu nennen.«
Er hielt inne und sah Kes an, als wäre ihm gerade ein neuer Gedanke gekommen. »Oder delirieren Sie etwa? Haben Sie sich auch den Kopf angeschlagen?«
Kes schüttelte den Kopf. »Nein, mir geht es gut, Doktor.«
»Dann erzählen Sie gefälligst keinen Unfug über dreißig Jahre dauernde Schlachten!«
»Aber das ist die Wahrheit«, beharrte die Ocampa. »Fragen Sie den Captain, wenn Sie mir nicht glauben.«
Der Arzt starrte sie einen Moment lang an und sagte dann:
»Genau das werde ich auch tun.« Er hob den Kopf.
»Krankenstation an Brücke.«
»Janeway hier. Wir sind im Moment ziemlich beschäftigt, Doktor. Was gibt es?«
»Diese Ocampa ist hier bei mir und erzählt irgendwelchen Unfug über eine dreißig Jahre dauernde Schlacht…«
»Wir befinden uns im Moment in einer Schlacht, Doktor, und es stimmt, sie könnte durchaus noch dreißig Jahre dauern – aber wir werden nicht so lange durchhalten, wenn wir nicht schleunigst hier verschwinden. Brücke Ende.«
Der Arzt sah noch einen Augenblick zur Decke hoch, dann drehte er sich wieder zu Kes um.
»Sie haben das ernst gemeint«, stellte er fest.
Die Ocampa nickte.
»Und der Captain hat es ebenfalls ernst gemeint?«
Kes nickte wieder.
»Wir könnten also vernichtet werden?«
»Es wäre möglich«, sagte Kes. »Obwohl ich natürlich hoffe, daß das nicht geschieht. Sie versuchen, uns hier herauszubringen.«
»In dem Fall müssen wir wohl mit weiteren Verletzten rechnen, nicht wahr? Bevor wir vernichtet werden, meine ich.«
»Ich nehme es an«, nickte Kes.
»Nun, warum stehen Sie dann noch hier herum?« rief der Arzt.
»Dieser Mann ist außer Gefahr. Bereiten Sie schon das nächste Bett vor! Bringen Sie mir einen medizinischen Tricorder und stellen Sie sicher, daß uns genügend interne Transporterkapazität zur Verfügung steht, um die Verletzten herzuschaffen…«
Das Hologramm machte sich daran, den Bestand an
medizinischen Hilfsmitteln anhand der vom Computer erstellten Listen zu überprüfen.
»Ich nehme an, Sie stehen zur Verfügung, um mir zu helfen.
Was ist mit…« Der Arzt unterbrach sich und schien kurz zu erzittern. Kes nahm an, daß es sich bei dieser Erscheinung um die Folge einer Energiefluktuation des Bildprojektionssystems handelte. »Was ist mit Lieutenant Paris? Nicht daß er eine besonders große Hilfe gewesen wäre.«
»Der steuert das Schiff. Ich glaube nicht, daß er seinen Posten verlassen kann.«
Der Arzt nickte, und Kes kam es fast so vor, als wäre er erleichtert. »Ich verstehe«, meinte er. »Der Rest der Besatzung befindet sich vermutlich ebenfalls auf Kampfstation, und zusätzliches Personal, daß wir zu unserer Unterstützung rekrutieren könnten, gibt es wohl nicht?«
»Ich weiß nicht genau«, sagte Kes. »Ich nehme an, Neelix könnte… Der Captain hat ihn von der Brücke geschickt und ihn angewiesen, sich um die Küche zu kümmern.«
»Neelix? Der Talaxianer?«
Kes nickte.
Das Hologramm schien gründlich über diese Möglichkeit
nachzudenken; Kes war wieder einmal verblüfft, wie lebensecht diese Simulation eines menschlichen Wesens wirkte.
»Ich glaube nicht, daß irgend jemand während einer Schlacht daran interessiert ist, etwas zu essen – zumindest nicht innerhalb der ersten Stunden«, meinte das
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