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Rain Song

Rain Song

Titel: Rain Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Gab es keinen idyllischeren Platz, um sich zu lieben, als das windige Cape Flattery kurz vor Mitternacht? Mit dem Ärmel seiner Jacke fuhr er sich über die Stirn, auf der kalte Schweißperlen standen. Die beiden Gestalten waren inzwischen aus seinem Blickfeld verschwunden, aber Hunter hörte sie in der Dunkelheit.
    Fast hätte er laut aufgestöhnt. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Er hielt Spanner für krank. Ich bin zu alt für diesen Beruf.
    Plötzlich merkte er, dass er sich geirrt hatte. Der Strahl einer Taschenlampe streifte erneut sein Versteck und nun vernahm er ein ganz anderes Geräusch. Es war das präzise Hin und Her einer Säge, deren Stahlzähne sich in Holzfasern gruben und sie zerrissen. Großer Gott, dachte Hunter und musste sich zwingen, ruhig sitzen zu bleiben. Was ging da unten vor? Er lauschte noch einmal, ob er sich auch nicht getäuscht hatte. Nein, ganz sicher, jemand machte sich am Geländer zu schaffen.
    Mit seiner Rechten tastete er nach seiner Waffe. Die andere Hand umklammerte den Schaft der Taschenlampe. Er musste versuchen, noch ein Stück näher an die beiden heranzukommen, bevor er sie auf frischer Tat ertappte.
    So lautlos wie möglich arbeitete er sich aus seinem Versteck und tatsächlich gelang es ihm, den Strauch unbemerkt zu verlassen. Aber dann trat er auf einen vom Laub verdeckten Ast. Es knackte und die Säge verstummte abrupt. Werkzeug wurde eilig zusammengerafft. Hunter knipste seine Taschenlampe an und richtete den Strahl auf die beiden Gestalten. Sie ließen alles liegen und flohen über das Geländer in Richtung Wald.
    Chief Hunter war so verwirrt von dem, was er im grellen Strahl der Taschenlampe gesehen hatte, dass es ein paar Sekunden dauerte, bis er seine Stimme wiederfand. »Halt, stehen bleiben! Polizei!«
    Plötzlich hörte er einen markerschütternden Schrei und gleich darauf das Aufschlagen eines Körpers auf dem steinigen Ufer unter ihm. Er lief zum Kap und leuchtete die Klippen ab. Dort unten lag sie, die Frau mit den bloßen Brüsten und dem Bastrock. Die Flut hatte nicht ausgereicht, um den Aufprall abzufangen. So grotesk, wie die Glieder von ihrem Körper abstanden, war die Frau mit Sicherheit tot.
    Hunter stöhnte auf. Seine Vision hatte sich erfüllt. Noch ehe er sich darüber klar werden konnte, was das für ihn bedeutete, ertönte vom Rand des Felsens das wilde Aufheulen eines Mannes. Wie ein verwundetes Tier brüllte er seinen Schmerz von den Klippen. Es war ein Heulen voll untröstlichen Schmerzes, das abrupt endete, als der Mann im Dickicht des Waldes verschwand.
    Hunter stand wie gelähmt am Geländer und starrte hinunter auf die Frau, deren Arme und Beine vom heranfließenden Wasser bewegt wurden. Er konnte nicht erkennen, wer sie war. Ihr Gesicht war von einer Wolke dichten schwarzen Haares verdeckt worden, als er sie mit seiner Taschenlampe angeleuchtet hatte. Auch das Gesicht des Mannes war nicht zu erkennen gewesen und doch wusste Hunter, wen er vor sich gehabt hatte.
    Erschüttert schüttelte er den Kopf. »Das habe ich nicht gewollt«, flüsterte er immer wieder. »Das habe ich nicht gewollt.«
    Der Chief ließ das Werkzeug, wo es war, und machte sich mit seiner Taschenlampe auf den Weg zu seinem Wagen, um über Funk Verstärkung zu rufen. Jemand musste die Frau dort wegholen und die Beweise sichern. Um den Flüchtenden würde er sich später persönlich kümmern.

21. Kapitel
    Kurz vor Mitternacht erreichten Hanna und Greg das Haus am Sooes Beach. Von Port Angeles aus war Hanna Gregs Pick-up hinterhergefahren und nun parkten sie nebeneinander hinter dem Haus. Von Matthews schwarzem Jeep keine Spur.
    Auf der Fahrt nach Victoria und auch während der Überfahrt nach Port Angeles hatte Greg kaum etwas gesagt und Hanna hatte nicht gewagt, sein düsteres Schweigen zu brechen. Sie ahnte, dass er einen quälenden Gedanken mit sich herumtrug, etwas, das er noch nicht mit ihr teilen konnte.
    Jetzt lief Greg mit großen Schritten zur Tür. Er schloss auf und stürmte ins Haus. Das Licht ging an, Hanna hörte ihn nach seinem Vater rufen.
    Er ist nicht da, dachte sie und Greg betrat ebenfalls das Haus.
    Greg rüttelte an der Tür zu Matthew Ahousats Zimmer, doch sie war verschlossen. Vor Hannas entgeisterten Blicken warf er sich mit seinem Körpergewicht dagegen. Das Schloss gab nach. Greg schaltete das Licht an und begann, das Zimmer zu durchsuchen. Er zog Bücher aus dem Regal und klappte sie auf. Er hob die Matratze an und er öffnete sämtliche

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