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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Über den Tisch schob er ihr ein Stück Papier hin. »Kannst du schreiben? Kannst du das unterzeichnen?«
    Sie würdigte die Frage keiner Antwort, sondern nahm die Feder und schrieb fein säuberlich ihren Namen. Dann richtete sie sich auf. »Und das ist alles? Seid Ihr fertig mit mir?«
    »Das sind wir allerdings«, sagte einer der Männer mit leiser Stimme, und ein anderer machte ein Geräusch, das sich nach einem unterdrückten Kichern anhörte. Sie tat, als habe sie es nicht bemerkt, neigte den Kopf und trat vor, um die gesiegelte Vertragskopie entgegenzunehmen. Mit Erstaunen stellte sie fest, dass ihre Hand zitterte. Sie benötigte einen Moment, um den schweren Knauf der großen Holztür zu drehen. Dann stieß sie die Tür so kräftig auf, dass sie fast ins Vorzimmer gefallen wäre. Gerade noch fing sie sich auf und rundete ihre demütigende Vorstellung ab, indem sie die Tür so schwungvoll schloss, dass es knallte. Die anderen Bewerber, die warteten, bis sie an der Reihe waren, blickten Thymara leicht verwundert und ein wenig tadelnd an.
    »Viel Glück«, murmelte sie, wich ihren Blicken aber aus und hastete hinaus. Die Türen nach draußen waren noch größer und schwerer, aber dieses Mal war sie darauf vorbereitet. So schaffte sie es nach draußen an die frische Luft. Dennoch wollte sich die erhoffte Erleichterung nicht einstellen. So weit stammabwärts in der Nähe des Flusses und des Waldbodens schien die Luft schwerer und voller Gerüche. Auch war es dämmriger, und sie meinte, die Augen nicht weit genug aufreißen zu können, um klar zu sehen. Am Rand des riesigen hölzernen Platzes vor der Halle entdeckte sie ihren Vater, der auf sie wartete. Mit dem Vertrag in der Hand eilte sie auf ihn zu. Neben ihm stand Tats. Auch er wartete auf sie, aber nicht mit ihrem Vater, sondern in einigem Abstand zu ihm.
    Thymara sprach so laut, dass beide sie hören konnten. »Ich habe den Vertrag. Mit Stempel. Ich werde an der Expedition zur Umsiedelung der Drachen teilnehmen.«
    Tats grinste sie an, und als sich ihre Blicke trafen, winkte er ihr mit seinem eigenen, zusammengerollten Vertrag zu. Thymaras Vater stand mit dem Rücken gegen das altmodische Geländer gelehnt, das die Terrasse umlief. Jetzt richtete er sich lächelnd auf. Doch sein Tonfall war ernst. »Gratuliere. Ich weiß, dass du dir das gewünscht hast, und ich hoffe, dass es so wird, wie du es dir vorstellst.«
    »So wird es bestimmt!«, platzte es aus Tats heraus, worauf ihr Vater ihm einen skeptischen Blick zuwarf. Jerup hatte sich wenig begeistert gezeigt, den Jungen hier anzutreffen. Und obwohl er ihn höflich gegrüßt hatte, so war doch nichts von der sonst üblichen Wärme zu spüren. Thymara vermutete, dass ihre Mutter mit ihm über Tats’ Besuch gesprochen und dabei Details hinzuerfunden hatte. Um die Kluft zwischen den beiden zu überbrücken, lehnte Thymara sich zwischen ihnen an das Geländer, sodass sie eine Dreiergruppe bildeten. Mit dem Rücken zur Halle der Händler sah sie auf den Fluss und den angrenzenden Sumpf hinab. Es war sonderbar, so nah am Boden zu sein. Hinter sich hörte sie, wie sich die Hallentür öffnete und wieder schloss. Dann rief ein Junge aus: »Sie haben mich genommen!« Die Gremiumsmitglieder brauchten nicht lange, um die Verträge zu besiegeln, und Thymara fragte sich, ob sie überhaupt jemanden ablehnten. Sie bezweifelte es.
    »Natürlich lässt sich schwer sagen, was da auf uns zukommt, Vater. Aber das eine weiß ich: Ich ziehe aus und werde auf eigenen Beinen stehen. Ich werde mein eigenes Leben beginnen. Und das ist gut, ganz gleich, wie schwer es wird.«
    »Und ich kann es kaum erwarten, die Drachen zu sehen! Mir haben sie gesagt, dass wir zu ihnen hinuntergehen, sobald die Gruppe angeheuert ist!«
    Erschrocken fuhr Thymara herum, um den Fremden zu sehen, der gerade gesprochen hatte. Er hatte sich neben Tats gegen das Geländer gelehnt. Er war ihr vorhin schon aufgefallen, als sie auf das Bewerbungsgespräch gewartet hatte. Er stammte eindeutig aus der Regenwildnis und war beinahe so stark gezeichnet wie sie selbst. Dennoch besaß er eine eigentümliche und wilde Schönheit. Noch nie hatte sie einen Mann mit solchen blassblauen Augen gesehen, und sein schwarzer Haarschopf war voll und glänzte. Ungeduldig und nervös trommelte er mit den Zehen auf den Holzdielen, sodass seine dicken, schwarzen Nägel klackerten. »Das wird großartig!«, versicherte er Tats breit grinsend. Dann streckte er ihm die Hand entgegen.

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