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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Herbeieilen.
    »Parasiten«, belehrte ihn Rapskal. »Die fressen ihn von innen auf, sodass es ihm gar nichts bringt, wenn er etwas frisst.«
    Thymara war überrascht von dieser sachlichen Auskunft. Als Rapskal ihren Blick bemerkte, stellte er sich neben sie. »Was machen wir jetzt?«, fragte er sie, als wäre es ihre Entscheidung.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie zaghaft. »Was können wir denn überhaupt tun?«
    »Ich glaube, wir sollten das Beste daraus machen und weiterziehen«, sagte Greft. Obwohl seine Stimme nicht laut war, war sie von jedem gut zu hören. Thymara sah ihn finster an. Die Sache mit dem Elch hatte sie ihm noch nicht verziehen. Zwar hatte sie es in der Öffentlichkeit nicht angesprochen, aber sie hatte es auch vermieden, mit Greft, Kase oder Boxter zu sprechen. Sie beobachtete die drei, sah zu, wie Greft die Rolle des Anführers für sich beanspruchte und dazu neigte, andere Hüter herumzukommandieren, doch sie trat ihm nicht öffentlich entgegen. Jetzt aber reckte sie den Kopf und spannte die Schultern, bereit, sich ihm zu stellen.
    Unvermittelt drehte Sylve sich zu der Gruppe um. Auf ihrer Wange waren die Spuren der Tränen noch sichtbar, aber es flossen keine neuen mehr. »Das Beste daraus?«, sagte sie mit schwerer Stimme. »Was soll das heißen? Was ist denn ›das Beste daraus‹?«
    Über die Versammlung breitete sich Schweigen wie eine dicke Decke. Mit hochgezogenen Schultern und geballten Fäusten wartete Sylve auf eine Antwort. Alle waren gespannt darauf, was Greft erwidern würde. Zum ersten Mal erlebte Thymara, dass er zögerte. Prüfend ließ er den Blick über die Zuhörer schweifen. Als er die fleischfarbene Menschenzunge herausstreckte, um sich über die schmalen geschuppten Lippen zu fahren, bot dies einen befremdlichen Anblick. Thymara fragte sich, wonach er Ausschau hielt. Danach, ob er als Anführer angenommen wurde? Nach der Bereitschaft, ihm zu folgen, während er »neue« Gesetze für sie aufstellte?
    »Er stirbt«, sagte er gelassen. Thymara konnte an Sylves Gesicht ablesen, dass sie das Bedürfnis hatte, loszuschreien. Aber sie beherrschte sich.
    »Und wenn er stirbt, sollte sein Kadaver nicht verderben.«
    »Natürlich nicht«, brach Rapskal das Schweigen, die unausgesprochene Zustimmung der anderen. Im Gegensatz zu Grefts geordneter und reifer Rede klang sein nüchterner, jungenhafter Tonfall dümmlich, auch wenn er aussprach, was alle dachten. »Die Drachen werden ihn fressen, um seine Erinnerungen zu erhalten. Das weiß doch jeder.« Mit einem Lächeln sah sich Rapskal im Kreis der Hüter um. Langsam schwand das Lächeln aus seinem Gesicht. Die Wortlosigkeit der anderen schien ihm Rätsel aufzugeben. Thymara richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Greft, der verärgert dreinblickte, als müsse das, was Rapskal eben geäußert hatte, allen anderen ganz offensichtlich als Unsinn erscheinen. Aber als er das Wort ergriff, war in seinem Ton etwas Zauderndes. Offenbar hatte er gehofft, dass es jemand anders aussprechen würde.
    »Mit seinem Kadaver kann man auch noch etwas Besseres anfangen«, sagte er und wartete ab. Thymara hielt den Atem an. Was wollte er damit sagen? Er sah sich in der Runde um und fasste sich ein Herz, es auszusprechen. »Es gehen Gerüchte über Angebote …«
    »Drachenfleisch gehört den Drachen.« Die Stimme war nicht menschlich. Trotz seiner enormen Größe vermochte sich der Golddrache lautlos zu bewegen. Sein Kopf ragte hoch über ihnen auf, und sein Blick war auf Greft gerichtet. Die Hüter traten zur Seite, um ihm Platz zu machen, als wären sie Schilfhalme, die vor den Wellen des Flusses wichen. Mercor schritt majestätisch an ihnen vorbei. In Thymaras Augen war er prachtvoll anzusehen – seit dem Beginn ihrer Reise hatte er Gewicht zugelegt und kräftigere Muskeln bekommen. Allmählich sah er ein wenig so aus, wie Drachen auszusehen hatten. Und mit den besser entwickelten Muskeln wirkten seine Beine auch nicht mehr so unverhältnismäßig. Auch sein Schwanz schien gewachsen zu sein. Nur seine Flügel waren noch immer ein reines Knochengerüst, zu klein und schmächtig, um ihn auch nur ansatzweise in die Lüfte zu tragen.
    Er beugte den langen Hals, um an dem Kupferdrachen zu schnüffeln. Dann fuhr sein Kopf zu Greft herum. »Sie ist nicht tot«, sagte er mit kalter Stimme. »Es ist noch ein bisschen zu früh, um darüber nachzudenken, ihr Fleisch zu verscherbeln.«
    »Sie?«, fragte Tats bestürzt.
    »Ihr Fleisch verscherbeln?« Rapskal klang

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