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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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selbst fangen, wenn die Schwärme dicht genug sind. Deshalb brauchen wir Menschen, die für uns jagen und die denen von uns helfen, die geistig oder körperlich zu schwach sind.«
    »Wieso lassen wir die Schwächlinge nicht einfach zurück?«, fragte Kalo.
    Mercor schnaubte angeekelt. »Damit sie von den Menschen geschlachtet und stückchenweise verkauft werden? Damit sie entdecken, dass Drachenleber tatsächlich wunderliche Heilkräfte hat, wenn man sie trocknet und Menschen verabreicht? Damit sie das Elixier in unserem Blut entdecken? Oder welch scharfe Waffen sie aus unseren Klauen schaffen können? Dass all diese Mythen tatsächlich auf der Wirklichkeit beruhen? Dann würde es nicht lange dauern, und sie würden uns hinterherkommen. Nein, Kalo. Kein Drache, ganz gleich, wie schwach er ist, ist eines Menschen Beute. Und wir sind zu wenige, um leichtfertig einen von uns abzuschreiben. Zudem können wir es uns nicht leisten, auf das Fleisch und die Erinnerungen zu verzichten. In diesem Punkt müssen wir einig sein. Wenn wir gehen, müssen wir jeden Drachen mitnehmen. Und wir müssen verlangen, dass Menschen uns begleiten, die uns mit Fleisch versorgen, bis wir einen Ort erreicht haben, wo wir uns selbst ernähren können.«
    »Und wo soll das sein?«, fragte Sestican giftig.
    »Kelsingra. Im besten Fall. Einen Ort, der für Drachen besser geeignet ist und bessere Jagdmöglichkeiten bietet, im schlimmsten Fall.«
    »Wir kennen den Weg nicht.«
    »Immerhin wissen wir, dass es nicht hier ist«, antwortete Mercor ruhig. »Wir wissen, dass Kelsingra am Fluss und von Cassarick aus stromaufwärts lag. Also gehen wir zunächst einmal flussaufwärts.«
    »Der Fluss hat seinen Lauf häufig verändert. Wo er einst schmal und schnell durch wildreiche Ebenen floss, ist er heute breit und schlängelt sich durch Sumpfland mit Bäumen und Dickicht. So leicht die Menschen auch sind, können sie sich dennoch nicht mühelos darin bewegen. Und wer weiß, was aus dem Land zwischen hier und den Bergen geworden ist? Früher flossen zwei Dutzend Flüsse und Bäche in diesen Strom. Gibt es die noch? Oder haben sie ebenfalls ihren Lauf verändert? Es ist hoffnungslos. In all der Zeit, während der die Menschen hier schon leben, haben sie die Gebiete am Oberlauf niemals erforscht. Und trockenes, offenes Gelände würden sie genauso gerne finden wie wir. Wenn die Menschen dorthin reisen könnten, wären sie schon längst weiter flussaufwärts gezogen. Und wenn Kelsingra noch existieren würde, hätten sie es längst entdeckt. Du willst, dass wir das bisschen Sicherheit und Futter aufgeben und durch den Sumpf kriechen in der Hoffnung, am Ende festes Land und Kelsingra zu finden. Das ist ein törichter Traum, Mercor. Auf der Suche nach dieser Fata Morgana werden wir alle sterben.«
    »Dann würdest du lieber hier sterben, Kalo?«
    »Warum nicht?«, forderte ihn der große Drache höhnisch heraus.
    »Weil ich für meinen Teil lieber als ein freies Wesen sterbe als wie ein Stück Vieh. Ich möchte die Möglichkeit haben, noch einmal zu jagen, den heißen Sand auf meinen Schuppen zu spüren. Ich möchte einen tiefen Schluck vom Silberbrunnen Kelsingras nehmen. Wenn ich sterben muss, dann will ich als Drache sterben und nicht als die armselige Kreatur, die wir geworden sind.«
    »Und ich will schlafen!«, blaffte ihn Kalo an.
    »Dann schlafe«, entgegnete Mercor ungerührt. »Das ist die beste Vorbereitung auf den Tod.«
    Mit seinen letzten Worten schien die Unterhaltung beendet. Die Drachen rutschten hin und her, lagen einige Momente ruhig da und wälzten sich erneut herum. Sintara kam es vor, als suchten sie nach einem angenehmen Ruheplatz, den es nicht mehr gab. Nicht nur, dass die kalte, feuchte Erde unbequem war. Mercors Worte hatten dafür gesorgt, dass die Drachen sich nicht mehr wie bisher mit ihrer misslichen Lage abfinden wollten. Sintaras Wut und ihr stures Beharren erschienen ihr plötzlich wie Feigheit und Resignation.
    Von dem Augenblick an, als Sintara aus ihrer Hülle geschlüpft war, hatte sie gewusst, dass ihr Leben falsch verlief. Mercors Vorschlag ließ in ihren Gedanken ungeahnte Möglichkeiten aufblitzen. Vorsichtig, weil sie die anderen nicht wecken wollte, breitete sie die kümmerlichen Flügel aus und reckte den Hals, um sie genau zu betrachten. Waren sie überhaupt gewachsen? Jede Nacht wartete sie auf die Dunkelheit, um dieses sinnlose Ritual durchzuführen. Nacht für Nacht redete sie sich ein, dass sie gewachsen wären

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