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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Eltern gegenüber gehorsam ist, sowie lesen und schreiben kann. Obgleich er etwas jung für eine solche Bindung ist, bin ich bereit, einer Verlobung meines Lehrlings zuzustimmen, solange er mir verspricht, erst zu heiraten, wenn er den Gesellenstand erreicht hat. Ich freue mich, ein solches Zeugnis über Karlins Wesen abgeben zu können, und bin der ehrlichen Überzeugung, dass sie eine ebenso gute Frau abgeben wird wie ein Mädchen, das einer der Händlerfamilien entstammt. Gewiss ist dies keine leichtfertig zu treffende Entscheidung, doch möchte ich anmerken, dass das Mädchen aus einer Familie mit fünf gesunden Kindern stammt und dass ihre beiden Schwestern bereits verheiratet sind und ebenfalls gesunde Kinder hervorgebracht haben. In diesen Zeiten kann ein junger Mann es weitaus schlechter treffen als mit Karlin.
    Erek

6 · Thymaras Entscheidung
    6
    Thymaras Entscheidung
    A ls Thymara und ihr Vater von der täglichen Arbeit des Sammelns heimkehrten, wurden sie von der Mutter mit einem Lächeln begrüßt – und das war alles andere als normal. Noch ungewöhnlicher war, dass die Mutter es vor Begeisterung kaum erwarten konnte, mit ihnen zu sprechen. Sie waren mit ihren Körben kaum zur Tür herein, als es schon aus ihr hervorsprudelte. Ihre Augen strahlten voller Hoffnung. »Jemand hat ein Angebot für Thymara gemacht.«
    Vor Schreck erstarrten die junge Frau und ihr Vater einige Sekunden lang. Für Thymara ergaben die Worte keinen Sinn. Ein Angebot? Für sie? Mit ihren sechzehn Jahren war sie längst über das Alter hinaus, in dem die meisten Regenwildmädchen einem Mann versprochen wurden. Sie wusste, dass sie in manchen Gegenden der Welt fast noch als Kind gelten würde. In anderen wiederum wäre sie im besten Alter für die Ehe. In der Regenwildnis wurden die Menschen jedoch nicht so alt wie anderswo. Hier konnte man das Fortleben der Familie nur sicherstellen, indem man den Nachwuchs schon im Kindesalter verlobte, gleich bei der Geschlechtsreife verheiratete und ein Jahr darauf einen Enkel begrüßte. Selbst Mädchen aus armen Familien wurden bereits mit zehn versprochen, wenn sie einigermaßen passabel aussahen. Sogar die hässlicheren mussten höchstens warten, bis sie zwölf waren.
    Es sei denn, sie waren wie Thymara, die das Säuglingsalter eigentlich hätte gar nicht überleben dürfen, ganz zu schweigen von einer Ehe oder eigenen Kindern. Die für die meisten Luft war, allenfalls geduldet wurde. Und doch stand ihre Mutter mit leuchtenden Augen da und verkündete, dass jemand ein Angebot für sie gemacht hatte. Das war gar zu seltsam. Wieso einen Antrag annehmen, wenn sie gar keine Kinder bekommen durfte? Das ergab keinen Sinn. Wer würde ein Angebot für sie machen, und wieso sollte ihre Mutter der Bitte stattgeben?
    »Jemand möchte Thymara heiraten? Wer?« In ihres Vaters Stimme war die Ungläubigkeit deutlich zu hören. Düstere Vorahnungen stiegen in Thymara auf, als sie die Züge ihrer Mutter betrachtete. Sie hatte ein schmales Lächeln im Gesicht und blickte weder ihrer Tochter noch ihrem Mann in die Augen, während sie vor den Körben kauerte und die Zutaten für das Abendessen daraus zusammenstellte. Es war, als spräche sie zu dem Essen, das die beiden gesammelt hatten. »Ich sagte, dass jemand ein Angebot für Thymara gemacht, Jerup. Ich habe nicht von einem Verlobungsangebot gesprochen.«
    »Was denn dann für ein Angebot? Und vom wem?«, drängte ihr Vater, und seine Worte waren von einer Sturmwolke des Zorns überschattet.
    Ihre Mutter blieb gelassen und schaute nicht von ihrer Arbeit auf. »Man bietet ihr an, eine nützliche Arbeit zu tun, durch die sie selbstständig und unabhängig von ihren Eltern leben könnte, wenn wir unsere besten Tage hinter uns haben. Und von wem? Vom Konzil der Regenwildnis höchstpersönlich. Also nichts, worüber man die Nase rümpfen müsste, Jerup. Das ist eine ganz wunderbare Gelegenheit für unsere Thymara.«
    Der Blick ihres Vaters wanderte zu Thymara. Er wartete darauf, dass sie etwas sagte. In ihrer kleinen Familie war es kein Geheimnis, dass ihre Mutter sich andauernd um die Zeit sorgte, wenn sie »ihre besten Tage hinter sich haben« würden. Doch im Grunde ging es nur darum, dass sie mehr für ihre alten Tage zurücklegen konnten, wenn sie die Verantwortung für Thymara abschüttelten. Thymara war sich aber nicht sicher, ob diese Rechnung aufgehen würde. Denn sie schuftete jeden Tag an der Seite ihres Vaters, und ein großer Teil dessen, was sie

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