Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
haben, so scherte er sich nicht darum. Der große Mann packte ihn an den Schultern und setzte ihn sanft, aber bestimmt aufs schmutzige Deck. Sedric wollte sich gar nicht ausmalen, was die rauen Planken mit seiner Hose anrichten würden. Immerhin schwankte die Welt nicht mehr ganz so sehr. Er lehnte den Kopf gegen die Wand und schloss die Augen.
»Ihr seht aus, als hätte man Euch vergiftet. Oder eine Droge gegeben. Ihr seid so bleich wie das weiße Flusswasser. Ich bin gleich wieder zurück. Ich besorge Euch etwas zu trinken.«
»Tut das«, hauchte Sedric. Der Jäger war ein tiefer Schatten in einer dunklen Welt. Seine Schritte entfernten sich auf dem Deck, und selbst von diesen leichten Erschütterungen wurde Sedric übel. Dann war Carson verschwunden, und Sedric spürte ein anderes Beben. Schwächer und nicht so regelmäßig wie die Fußtritte. Es war noch nicht einmal ein Beben, dachte er. Aber es war etwas. Etwas Böses, das auf ihn gerichtet war. Etwas hatte erfahren, was er dem braunen Drachen angetan hatte, und jetzt war es hasserfüllt. Etwas Altes, Mächtiges und Finsteres saß über ihn zu Gericht. Sedric kniff die Augen fester zu, doch dadurch schien ihm das Böse nur näher zu kommen.
Die Schritte kehrten zurück und wurden immer lauter. Er spürte, dass sich der Jäger neben ihm hinkauerte. »Hier. Trinkt das. Das wird Euch wieder auf die Beine bringen.«
Sedric nahm den heißen Becher entgegen, aus dem scheußlicher Kaffeegeruch stieg. Er führte ihn an die Lippen und nippte. Da bemerkte er den beißenden Geschmack des Rums, der in den Kaffee gemischt war. Um nicht auf die eigenen Kleider zu spucken, schluckte er das Zeug würgend hinunter. Dann musste er husten. Keuchend schnappte er nach Luft und schlug die tränennassen Augen auf.
»Ist es jetzt besser?«, fragte ihn der gehässige Mistkerl.
»Besser?«, erwiderte Sedric aufgebracht. Nun klang seine Stimme kräftiger. Mit einem Blinzeln vertrieb er die Tränen, worauf er Carson neben sich erkennen konnte. Der Mann hatte einen rotblonden Bart, lichter als sein wild zerzaustes Haupthaar. Seine Augen waren nicht braun, sondern schwarz, was viel seltener war. Mit zur Seite geneigtem Kopf lächelte er Sedric an. Wie ein Cockerspaniel, war Sedrics bösartiger Gedanke. Beim vergeblichen Versuch aufzustehen schabten seine Stiefel über den Boden.
»Dann bringen wir Euch erst einmal in die Küche, was?« Er nahm Sedric den Becher aus der Hand, fasste ihn am Oberarm und zog ihn mit erstaunlicher Leichtigkeit auf die Beine.
Sedric schwamm der Kopf. »Was ist los mit mir?«
»Woher soll ich das wissen?«, fragte der Jäger ihn leutselig. »Habt Ihr letzte Nacht zu viel getrunken? Vielleicht habt Ihr in Trehaug schlechten Fusel gekauft. Und wenn das Zeug aus Cassarick stammt, dann ist es auf jeden Fall Fusel. Die machen dort aus allem Alkohol, aus Wurzeln und Obstschalen. Stützt Euch bei mir auf – jetzt wehrt Euch doch nicht so! Ich weiß von einem Kerl, der Fischhäute destillieren wollte. Nicht einmal den ganzen Fisch, nur die Haut. Er war überzeugt, dass es klappen würde. Hier, passt auf Euren Kopf auf. Setzt Euch an den Tisch. Wenn Ihr was esst, wird Euch das sicher guttun, da werdet Ihr wieder nüchterner.«
Sedric fiel auf, dass Carson einen Kopf größer war als er selbst. Und um einiges kräftiger. Wie eine Mutter, die ein bockiges Kind an seinen Platz führt, lotste der Jäger ihn übers Deck, in das Deckshaus und an den Küchentisch. Der Mann hatte eine tiefe, rumpelnde Stimme, die etwas Beruhigendes hatte, wenn man nicht auf seine ungehobelte Ausdrucksweise achtete. Sedric setzte die Ellbogen auf der klebrigen Tischplatte auf und stützte das Gesicht in die Hände. Es roch nach Fett, Rauch und altem Essen, was einen weiteren Schwall Übelkeit bei ihm verursachte.
Carson machte sich in der Küche zu schaffen, tat etwas in eine Schale und goss heißes Wasser aus einem Kessel darüber. Dann blieb er eine Weile daneben stehen und rührte mit einem Löffel darin herum, bevor er die Schale an den Tisch brachte. Sedric hob den Kopf. Als er die Pampe sah, stieß es ihm plötzlich auf. Mit einem Mal hatte er wieder den schweren, roten Geschmack des Drachenbluts in Mund und Nase. Wieder fürchtete er, das Bewusstsein zu verlieren.
»Danach werdet Ihr Euch besser fühlen«, sagte Carson verständnisvoll. »Hier. Esst etwas davon. Das wird Euren Magen wieder einrenken.«
»Was ist das?«
»In heißem Wasser aufgeweichter Zwieback. Ist im Bauch
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