Raine der Wagemutige
Oberarm fallen, dieses Mal war sein Griff nicht länger nur fest, sondern schmerzhaft. „Ich weiß nicht, welches Spiel Ihr jetzt treibt, aber ich werde die Wahrheit erfahren, so wahr ich hier stehe.“
Sie schrak zurück. Er biss die Zähne aufeinander. „Die Wahrheit, bevor ich . . . die Wahrheit!“
„Aber es ist doch die Wahrheit, das schwöre ich! “ schrie sie auf. „Mein Bruder ist Thomas Donne. Ihm gehört das Herrenhaus, fünf Meilen landeinwärts von hier nahe der Straße nach Norden. Ihr könnt jeden hier fragen und werdet stets die gleiche Antwort erhalten. Ich bin Favor Donne. “
Er betrachtete sie spöttisch. „Und was hat die Schwester eines vornehmen Mannes in Frankreich zu suchen, wo sie sich auch noch als liederliches Frauenzimmer ausgibt?“ Sie zögerte einen Augenblick lang, während sie nach einer glaubhaften Erklärung suchte. Er schüttelte sie. „Los. Heraus damit!“
„Mein Bruder ... Er ist auch La Bete, der Schmuggler“, flüsterte sie. „Er war es, den die Behörden in Dieppe gesucht haben. Er war es, den ich beschützt habe, indem ich Euch an seiner Stelle den Soldaten überlassen habe. “
Er brachte sein Gesicht dicht vor ihres. Seine Augen wirkten nicht länger kalt, sondern glühend heiß. Er sah älter aus als in Frankreich - und auch härter. Ganz bestimmt gefährlicher. Im Stillen betete sie, dass er ihr glauben würde.
„Ich schwöre es“, erklärte sie heiser.
Langsam lockerte sich sein Griff und verlor seine strafende Härte.
„Verdammt“, fluchte er schließlich, aber es schien eher die Antwort auf einen innerlich geführten Kampf zu sein als auf etwas, das sie gesagt oder getan hatte. „Ihr habt meine Frage noch nicht beantwortet. Was habt Ihr in Dieppe getan, kleiner Falke? Und warum habt Ihr Euch ein neues Federkleid zugelegt?“
„Was?“ erkundigte sie sich verwirrt.
„Eure ungestümen Augenbrauen sind verschwunden, und Ihr habt Euch Euer Haar gefärbt. Warum?“
„Weil . . .“, sie suchte nach einer glaubwürdigen Ant-wort, „weil die englischen Gentlemen schwarzes Haar bevorzugen.“
„Davon höre ich das erste Mal.“
„Und wo wollt Ihr irgendetwas über die gängige Mode gehört haben?“ fragte sie und betete gleichzeitig, er würde sie für ihre Unverschämtheit nicht strafen. „Wurde Euch etwa Gentleman's Quarterly in die Zelle geliefert?“
Er bedachte sie mit einem anerkennenden Blick. „Touche!“
„Und was tut Ihr hier?“ fragte sie von oben herab, ihren augenblicklichen Vorteil weiterverfolgend. Hatte er herausgefunden, wer sie war, und war ihr dann hierher gefolgt, um sich irgendwie an ihr zu rächen? Die Vorstellung sandte einen Schauer durch ihren Körper. Hoffentlich wird mir das eine Lehre sein, dachte sie, dass ich nie wieder meinem lästigen Gewissen gehorche. Es wäre besser gewesen, sie hätte ihn nicht durch ihren Ruf gewarnt.
„Oh, nein, mein hübscher kleiner Falke.“ Er schüttelte den Kopf. „Ein netter Versuch, mich abzulenken, aber ich bin kein dummer Junge mehr und werde mich von hochnäsigen Forderungen aus einem üppig geschwungenen Mund nicht von dem einmal eingeschlagenen Weg abbringen lassen. Wir sprachen gerade über Euch. Warum wart Ihr in Dieppe? War es Eure Aufgabe, das Steuer des Schmugglerschiffes zu halten?“ erkundigte er sich sarkastisch.
„Natürlich nicht!“ beeilte sie sich entrüstet zu antworten, während sie blitzschnell im Geiste mögliche Ausreden erwog und wieder verwarf. „Ich war bei Verwandten, unter deren Obhut ich die letzten Jahre verbracht habe. Es war für mich sicherer in Frankreich als hier. Wegen Thomas. “ Sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu, um seine Reaktion zu beobachten. Es war unmöglich zu sagen. „Ihr wisst natürlich über Thomas Bescheid.“
„Ja?“ Er ließ sie ohne Vorwarnung los und machte einen Schritt zurück; die Arme vor der breiten Brust verschränkt, musterte er sie. Sie wich ebenfalls zurück und rieb sich die Arme, in deren Fleisch sein Griff dunkle Flecken hinterlassen hatte. Sein Blick glitt gleichgültig über die misshandelten Stellen.
„Thomas hat kurz nach der Schlacht bei Culloden das. Land verlassen. Wegen des Geldes, das die restlichen Lairds auf seinen Kopf ausgesetzt hatten.“
„Warum?“
Sie senkte die Augenlider und biss sich in gespielter Scham auf die Lippen. „Er war bei Culloden dabei, aber er war fast noch ein Junge. Er sah, wie sehr die Schotten zahlen- und auch waffenmäßig unterlegen waren. Thomas . .
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