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Rainer und die Puppenmutter

Titel: Rainer und die Puppenmutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Günter Krack
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Bällchen ganz entsetzt und riß ihre gutmütigen Augen auf.
    „Das ist egal“, antwortete Rübchen fest und warf ihre langen Zöpfe auf den Rücken. „Er ist daran schuld...“
    Nun redeten die Kinder wieder alle auf einmal. Einige sagten, Rübchen hätte recht. Andere wieder behaupteten, mit Absicht wäre es sicherlich nicht geschehen. Auch Fräulein Jüngling meinte, es sei ja nicht schön von Rainer gewesen, daß er Dita so schlecht behandelt habe, statt ihr zu helfen, doch daß sie nach dem Überfall so krank werden könnte — daran hätte er gewiß nicht gedacht.
    „Nein, bestimmt nicht!“ rief Bällchen. „Gestern morgen hat er uns geholfen. Das mußt du doch zugeben, Rübchen.“
    „Na ja“, murmelte Rübchen nur und zupfte sich nachdenklich an ihrer spitzen Nase.
    Heinz sagte bedauernd: „Nun hat es so schön angefangen mit dem Rainer — und jetzt passiert das. Werden wir ihn denn nun mit in die Ausstellung nehmen?“
    Einige Kinder schrien: „Natürlich!“ und „na klar!“ Andere riefen: „Nein!“ und „seinetwegen ist Dita krank!“ und „er ist eben unverbesserlich!“
    Wieder gebot Fräulein Jüngling Schweigen. „Selbstverständlich werden wir Rainer mit in die Ausstellung nehmen. Und ich denke auch, daß du mit ihm über die Laubsägearbeiten sprechen wirst, Heinz. Es sind nämlich Laubsägearbeiten mit ausgestellt. Ich habe mich erkundigt.“
    „Au, fein“, sagte Heinz, aber er verzog sein rundes Vollmondgesicht sehr bedenklich, weil er nicht wußte, ob er sich nun an Bällchen oder an Rübchen halten sollte.

Rübchen wird böse
    Die dritte und die vierte Klasse hatten zur gleichen Zeit Schulschluß. Draußen schien die Sonne, und der Schnee glitzerte und leuchtete auf der Straße, daß man die Augen zusammenkneifen mußte.
    Rübchen, Bällchen und noch ein paar Kinder gingen zusammen nach Hause. Auf einmal schob sich Rainer an Bällchens Seite und fragte: „Mittwoch gehen wir also in die Ausstellung, wie?“
    „Ja“, sagte Bällchen und warf Rübchen einen bittenden Blick zu. „Es sind auch Laubsägearbeiten ausgestellt.“
    „Hab’ ich schon auf dem Plakat gelesen“, gab Rainer zurück. Er bückte sich schnell zu einem Schneehaufen nieder und 

    knetete einen Schneeball. Währenddessen fragte er: „Wie geht’s denn Dita?“
    „Sie kann niemanden erkennen. Sie hat Fieber“, antwortete Bällchen.
    „Ja, so war das damals bei mir auch!“ Rainer nickte ernsthaft mit dem Kopfe. „Als mir das passierte, wohnten wir noch in Erfurt. Wir hatten im Bad ein Wettrennen gemacht. Ich hab’ vielleicht geschwitzt! Und danach bin ich gleich ins kalte Wasser gesprungen. Da hatte ich sie weg, die Erkältung...“
    „Ja, und Dita hat sie auch weg!“ rief Rübchen. „Weil du sie mit Schnee eingerieben hast, und sie hatte geschwitzt, jawohl!“
    „Aber, aber“, stammelte Bällchen.
    Rainer blieb mit einem Ruck stehen und stierte Rübchen an. Er drückte den Schneeball in seinen Händen so fest zusammen, daß er hart wurde wie ein Eisklumpen.
    „Was hab’ ich?“ fragte er leise, und seine Augen funkelten zornig. Eine braune Locke hing ihm unter dem Mützenschirm hervor in die Stirn.
    „Hast es ja gehört“, sagte Rübchen fest, obwohl sie schreckliche Angst vor dem großen Jungen hatte. „Ich hab’ gesehen, daß du sie mit Schnee ...“
    Da holte Rainer aus. Rübchen duckte sich schnell. Der Eisball flog über ihren Kopf hinweg und traf einen Hund. Dieser verrichtete an einem Baum auf der anderen Straßenseite sein Hundegeschäft. Vor Schreck und Schmerz vergaß er, sein Bein wieder auf den Boden zu setzen. Jaulend tanzte er im Kreise herum. Rainer rannte schnell davon.
    „Tierquäler“, schrie ihm Rübchen mit schriller Stimme nach.

Man stirbt schon viel früher
    Rainer jagte wie wild durch die lange Fischbachstraße. Er hatte eine gehörige Wut.
    Wie konnte Rübchen sagen, er sei daran schuld, daß Dita krank geworden ist? Das bißchen Schnee!
    Er stieß die Haustür auf und vergaß, sie zu schließen. Im zweiten Stock blieb er einen Augenblick lauschend vor Holbergs Wohnungstür stehen. Es war aber nichts zu hören.
    Sicher ging es Dita schon wieder besser, und Bällchen hatte übertrieben, als sie das von den fünfzig Grad Fieber sagte.
    Rainers Vater hatte im vierten Stock eine kleine Wohnung gemietet. Die Großmutter hantierte schon in der Küche. Sie kam jeden Mittag und bereitete Rainer das Mittagessen, räumte in der Wohnung auf und sorgte dafür, daß Rainer

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