Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rajin (Drachenfluch Erstes Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)

Rajin (Drachenfluch Erstes Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)

Titel: Rajin (Drachenfluch Erstes Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
Stellen und begannen zu graben. Ihr Speichel ließ Eis und Schnee schmelzen und erleichterte es ihnen, an die Sonnensucher heranzukommen – blaugrüne Gewächse, von denen man sagte, Njordir selbst hätte sie einst gepflanzt, denn mit ihrer schlangengleichen Form ähnelten sie manchen Wasserpflanzen, die vom Grund des Meeres bis zur Oberfläche wuchsen. Fjendur jedoch hatte versucht, die Sonnensucher auszurotten, indem er sie mit Eis und Schnee bedeckte. Da aber hatte Njordirskint, der Gott des Meermondes, seinen Vater Njordir beschworen, seine Geschöpfe nicht zugrunde gehen zu lassen. Und so war ihnen die Kraft verliehen worden, das Eis zu durchdringen und der Kälte zu trotzen. Ihre Wurzeln steckten im Boden unter dem Eis, und der Legende nach reichten sie bis in das heiße Herz der Welt, wo selbst Eisen und Gestein schmolzen. Von dort bezogen sie die Kraft, die sie immer wieder gegen die Kälte triumphieren und so weit emporsteigen ließ, dass sie vom Licht der Sonne beschienen wurden.
    Fjendur wurde jedoch nicht müde, sie mit frischen Schichten aus Eis und Schnee zu bedecken, in der ewigen Hoffnung, ihnen damit ein kaltes Grab zu bereiten. So wurden die Sonnensucher ein Teil des Kampfes, der zwischen den Göttern tobte – und Njordirskint, der vom Meermond auf sie herabsah, ermunterte sie jede Nacht, ihr Wachstum nicht aufzugeben. Außerdem bat der Sohn des Meeresgottes die inneren Erdgeister, die während seiner Jugend seine Spielgefährten gewesen waren, um Hilfe, sodass es die Sonnensucher auch während des schlimmsten Winters stets schafften, Eis und Schnee zu widerstehen.
    Bratlor griff in eine Tasche, die er unter der Schulter trug, und warf Rajin ein Stück Stockseemammut zu. Rajin fing es auf. „Iss was! Wir haben noch einen langen Weg vor uns.“
    „Wenn die Tiere nicht irgendwelche Schwierigkeiten machen, können wir morgen Nacht das Heiligtum erreichen“, entgegnete Rajin.
    „Das ist ziemlich ehrgeizig! Beim letzten Mal haben wir fast drei Tage bis zum Schwarzen Felsen gebraucht.“
    „Ich weiß. Aber da gab es auch keinen besonderen Grund zur Eile“, sagte Rajin, „und einigen Männern aus dem Gefolge meines Vaters schien es fast genauso wichtig zu sein, ein Wechselhörnchen zu erlegen und mit dessen Fell in Winterborg anzugeben, als die Schwerter und Äxte mit dem Zauber Fjendurs zu versehen, um gegen die Wassermenschen gewappnet zu sein.“
    Bratlor hatte sich selbst auch ein Stück Stockseemammut genommen, führte es zum Mund nahm einen Bissen. „Ja, soweit ist es schon gekommen“, murmelte er kauend, während er den Riesenschneeratten zusah, wie sie nach den Sonnensuchern gruben. „Selbst die Seemannen von Winterland sind schon eitel wie die Großpfauen geworden, deren Federn ich einst auf dem Markt von Etana sah.“
    Auch Rajin nahm ein paar Bissen, obwohl er eigentlich gar keinen Hunger hatte. Aber es war ungewiss, wann sie das nächste Mal rasten würden. Wenn die Riesenschneeratten genügend Sonnensucher fanden, fraßen sie so viel davon, dass sie für die nächsten zwei Tage keine Nahrung mehr benötigten.
    Nachdem sich Bratlor gesättigt hatte, holte er unter seiner Kleidung einen kleinen Behälter hervor, der aus dem Elfenbein eines Seemammutstoßzahns bestand. Er war handgroß, und seine Form ähnelte der einer Muschel. Die Oberseite war mit winzigen Runen beschriftet, die ein wahrer Künstler mit äußerst feinem Werkzeug in das Material geschnitzt und anschließend koloriert hatte.
    Bratlor öffnete die Muschel. Das Innere war ebenfalls mit Runen versehen. Fünf von ihnen waren besonders hervorgehoben. Sie standen für die fünf Himmelsrichtungen Süden, Westen, Osten, Nordwesten und Nordosten. Dazwischen befand sich eine zitternde Metallnadel.
    Ein Kompass!
    Rajin sah interessiert zu. Er wusste, dass die Sternenseher mit Hilfe der Kompassnadel die Himmelsrichtung bestimmen konnten, da die Nadel normalerweise immer nach Süden zeigte. Eine Ausnahme bildete dabei nur die „Zeit der Irrungen“, in der die Nadel wild herumtanzte, ohne eine klare Richtung anzuzeigen. Dieses Phänomen trat vollkommen unvorhersehbar auf.
    Bratlor sah angestrengt auf die Nadel, und seine Stirn zog sich dabei in Falten. Für einen kurzen Moment gelang es ihm, den Kompass auszurichten, dann zuckte die Nadel herum und drehte sich mehrfach, ehe sie schließlich wieder ihre Spitze gen Süden richtete.
    „Uns steht wahrscheinlich wieder eine Zeit der Irrungen bevor“, murmelte der Sternenseher.

Weitere Kostenlose Bücher