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Raketenmänner (German Edition)

Raketenmänner (German Edition)

Titel: Raketenmänner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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Einkäufen bei ihr klingelte, hörte er schon durch die Tür den Fernseher.
    »Ach, der Herr Krupke, das ist ja schön!« Heute erkannte sie ihn, sie hatte also einen ihrer besseren Tage. »Ich habe zwar schon Besuch, aber kommen Sie doch herein.«
    Der Besuch hatte etwa achtzig Zentimeter Bildschirmdiagonale und war eigentlich immer da. Es lief irgendein Privatsender, auf dem gerade ein Mann auf einer Leiter stand, um eine Glühbirne zu wechseln, während er seiner Frau, die mit vor dem Oberkörper verschränkten Armen zu ihm aufsah, mitteilte, sie müsse ihm mehr zeigen, dass sie ihn liebe, sonst gebe er ihrer Ehe keine Chance mehr. Die Frau sah das ein. Der Mann kletterte von der Leiter, und die Frau schaltete das Licht an.
    Krupke räumte die Einkäufe ein. Er schnitt eine Scheibe von dem frischen Stuten herunter, bestrich sie mit Butter und Marmelade und stellte sie der alten Beierle auf den Couchtisch, direkt neben die Fernbedienung. Er kochte ihr einen Hagebuttentee, setzte sich aufs Sofa und fragte seine Gastgeberin, wie es ihr gehe. Sie antwortete nur »Ja, ja« und griff nach der Scheibe Stuten. Im Fernseher saß das Ehepaar mittlerweile bei einem Anwalt. Das erkannte man daran, dass dicke rote Gesetzbücher auf seinem Schreibtisch standen. Eine Stimme sagte, es werde ernst. Kurz darauf sah man die Frau vor einer Schrankwand im Interview. Sie sagte, es gehe hier schließlich um eine Straftat, der Carsten müsse vielleicht sogar ins Gefängnis, und das habe sie doch sehr geschockt. Dann sah man den Mann in der Küche sitzen und beteuern, er habe nie gedacht, dass es so weit kommen würde.
    Krupke wartete, bis die alte Beierle aufgegessen und den Tee wenigstens zur Hälfte ausgetrunken hatte.
    »Die jungen Leute, die machen Sachen, was, Herr Krupke?«
    »Das können Sie laut sagen, Frau Beierle!«
    Die alte Beierle holte Luft und sagte, so laut sie konnte: »Die jungen Leute machen Sachen, was, Herr Krupke?«
    Mittags machte Krupke sich Ravioli. Nach Essen und Abwasch sah er die Werbung durch, die der Briefträger am Morgen gebracht hatte. Bei einem Lebensmitteldiscounter gab es in dieser Woche sehr günstige Winterjacken. Krupke konnte eine brauchen. Andererseits wollte er erst mal abwarten, was der Tag brachte. Vielleicht war das rausgeschmissenes Geld.
    Er döste gerade so vor sich hin, immer auf dem schmalen Grat zwischen Schlaf und Wachzustand, als es wieder an der Tür klopfte. Mit einem Schrei, der ihm gleich darauf peinlich war, fuhr Krupke hoch.
    Er atmete durch.
    Hätte er es sich aussuchen können, hätte er es vorgezogen, von einem eleganten Killer in Trenchcoat mit Hut und Sonnenbrille umgelegt zu werden. Von einem, der aussah, als hätte er mehr als einen Alain-Delon-Film gesehen. Aber wenn er so auf sein Leben zurückblickte, würde er wahrscheinlich von zwei drogensüchtigen Albanern in Trainingsanzügen totgeprügelt.
    Vor der Tür stand aber weder ein Trenchcoat noch ein Trainingsanzug, sondern eine von Bentes Sprechstundenhilfen.
    »Guten Tag Herr Krupke. Herr Doktor Bente schickt mich. Sie hatten heute einen Termin bei uns.«
    Stimmt, den Termin hatte er verschwitzt.
    »Wir haben versucht, Sie anzurufen.«
    Krupke blickte zum Stecker des Telefonkabels, der noch immer auf dem Boden lag.
    »Wenn Sie direkt mitkommen, können wir Sie noch dazwischenschieben.«
    »Geht nicht«, sagte Krupke. »Ich muss auf den Platz.«
    »Das hat Herr Doktor Bente schon vermutet. Wie wäre es morgen früh um zehn?«
    »Gut.« Krupke nickte. »Wenn es dann noch nicht zu spät ist.« Die Frau runzelte die Stirn. »Vielen Dank für Ihre Mühe«, sagte Krupke. »Grüßen Sie Bente.«
    Krupke sah auf die Uhr. Es war Zeit, sich umzuziehen. Er ging ins Schlafzimmer und zog den alten Trainingsanzug an. Das war immer wieder ein gutes Gefühl.
    Es war nicht weit bis zum Platz. Bente hatte mal gesagt, er habe einen ganz anderen Gang, sobald er den Trainingsanzug trage. Viel aufrechter. Seit der Quacksalber das angesprochen hatte, musste Krupke immer wieder daran denken.
    Der Platz lag neben einer Schule und wurde vormittags für den Sportunterricht genutzt. Zum Glück hatten die Lehrer heute nach dem Unterricht das Tor abgeschlossen. Krupke hatte sich schon ein paar Mal beschweren müssen und war von denen behandelt worden wie der letzte Idiot. Er regte sich nicht gerne auf, aber manchmal musste es sein.
    Er schloss die Kabinen und die Toiletten auf und anschließend sein kleines Kabuff hinter dem Ballraum. Sie hatten

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