Rambo
sich wieder im Sessel zurücklehnte und nachdenklich zu kauen begann. »Ohnehin muß ich bei der Bestimmung des Strafmaßes dein Verhalten in Betracht ziehen. Zum Beispiel deinen Widerstand bei der Festnahme.«
»Nicht schuldig.«
»Danach habe ich dich noch nicht gefragt. Warte bis du gefragt wirst. Will, wie war das mit dem Widerstand bei der Festnahme?«
»Ich hatte ihn aufgelesen, weil er versuchte, per Anhalter weiterzukommen, und ihm noch den Gefallen getan, ihn bis vor die Stadt zu bringen. Ich dachte, es sei das Beste, wenn er gleich weiterfährt.« Teasle lehnte sich mit der Hüfte gegen die altersschwache Barriere, die das Büro vom Wartezimmer abteilte. »Aber dann kam er zurück.«
»Ich hatte das Recht dazu.«
»Also fuhr ich ihn wieder aus der Stadt raus, und er kam wieder zurück, und als ich ihn aufforderte, in den Streifenwagen zu steigen, weigerte er sich. Ich mußte ihm mit Gewaltanwendung drohen, bevor er gehorchte.«
»Glauben Sie etwa, ich bin eingestiegen, weil ich Angst vor Ihnen hatte?«
»Er weigert sich, mir seinen Namen zu nennen.«
»Warum sollte ich?«
»Behauptet, er hätte keine Ausweispapiere.«
»Wozu, zum Teufel, brauche ich denn welche?«
»Hört mal zu«, sagte Dobzyn, »ich kann hier nicht die ganze Nacht herumsitzen, während ihr euch zankt. Meine Frau ist krank, und ich hätte schon um fünf zu Hause sein sollen, um den Kindern das Essen zu richten. Ich habe mich ohnehin schon verspätet. Also dreißig Tage Haft oder zweihundert Dollar. Was ist dir lieber, Junge?«
»Zweihundert! Verdammt noch mal, ich habe Ihnen doch eben gesagt, daß ich nicht mehr als zehn habe.«
»Dann also einunddreißig Tage Haft«, erwiderte Dobzyn. Er erhob sich und knöpfte seine Strickjacke auf. »Ich hätte dir die fünf Tage für Landstreicherei erlassen, aber dein Benehmen ist einfach unerhört. Jetzt muß ich gehen. Ich bin sowieso schon zu spät dran.«
Die Klimaanlage knatterte, und Rambo hätte nicht sagen können, ob es nur die Kälte war, die ihn zittern machte.
»He, Dobzyn«, sagte er, ihn im Vorbeigehen aufhaltend. » Ich warte noch immer darauf, daß Sie mich fragen, ob ich mich schuldig erkläre, mich der Festnahme widersetzt zu haben.«
14
Die Türen auf beiden Seiten des Korridors waren jetzt geschlossen. Rambo ging an dem Malergerüst am Ende der Halle vorbei und auf Teasles Büro zu.
»Nein, diesmal geht’s hier lang«, sagte Teasle. Er zeigte auf die letzte Tür rechts, die oben ein Gitterfenster hatte, und machte Anstalten, sie aufzuschließen, als er sah, daß sie ein paar Zentimeter offenstand. Mit ärgerlichem Kopf schütteln stieß er die Tür ganz auf und winkte Rambo in ein Treppenhaus, in dem Betonstufen mit einem Eisengeländer nach unten führten und das mit Neonlampen hell beleuchtet war. Sobald Rambo durch die Tür getreten war, kam Teasle hinter ihm her und schloß ab. Dann gingen beide die Treppe hinunter. Ihre Tritte auf den Betonstufen hallten in dem kahlen Treppenhaus wider.
Rambo hörte das Wasser spritzen, noch bevor er unten ankam. Der Betonfußboden war naß und spiegelte den Schein der Neonlampen wider. Am Ende des Ganges stand ein hagerer Polizist und spritzte mit einem Schlauch den Boden einer leeren Zelle ab. Das Wasser lief durch die Gitterstäbe in den Abfluß. Als er Teasle und Rambo sah, drehte er den Hahn ab. Der Wasserstrahl schoß in weitem Bogen nach oben und versiegte dann abrupt.
Teasles Stimme hallte von den Wänden wider: »Galt! Warum war die obere Tür wieder nicht abgeschlossen?«
»Habe ich.? Wir haben zur Zeit keine Häftlinge. Der Letzte ist vorhin aufgewacht, und ich hab’ ihn rausgelassen.«
»Es spielt überhaupt keine Rolle, ob wir Häftlinge haben oder nicht. Wenn Sie sich erst mal angewöhnen, die Tür offenzulassen, wenn wir niemanden dahaben, könnten Sie auch vergessen abzuschließen, wenn die Zellen belegt sind. Also verlange ich, daß die Tür stets abgeschlossen wird. Es tut mir leid, es sagen zu müssen – es fällt Ihnen vielleicht schwer, sich an einen neuen Job und eine neue Dienstordnung zu gewöhnen, aber wenn Sie sich nicht in acht nehmen, muß ich mich nach jemand anderem umsehen.«
Rambo fror hier ebenso wie in Dobzyns Büro; er zitterte vor Kälte. Obgleich die Deckenbeleuchtung viel zu nahe an seinen Kopf herankam, schien es hier unten stockfinster zu sein. Eisen und Beton. Großer Gott, er hätte sich nicht herbringen lassen dürfen. Auf dem Weg vom Gericht hätte er Teasle niederschlagen
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