Rambo
Stelle kam, die er mit dem Rücken durchstoßen mußte. Er war noch immer schweißüberströmt von der Anstrengung, den Felsblock an den Spalt in der Klippe zu schieben. Der Schweiß stach ihm salzig in die Augen. Und jetzt schwitzte er noch mehr, als er sich durch eine dichte Wand von Nesseln vorarbeitete und sich dabei die Handknöchel blutig riß.
Schließlich hatte er es geschafft. Er brach aus dem dunklen Unterholz hervor und befand sich auf einem sonnenbeschienenen Abhang aus Felsen und Schiefer, wo er stehenblieb, um Atem zu schöpfen, und sich dann vorsichtig an die Kante heranschob. Er kam an eine Klippe, und weit unten lag ein dichter Wald, dessen Blätter in leuchtendem Rot, Orange und Braun leuchteten. Der Felsen war viel zu steil, um herunterzukommen.
Jetzt hatte er also einen Felsen vor sich und einen hinter sich, und das bedeutete, daß ihm nur noch zwei Richtungen blieben, die er einschlagen konnte. Wenn er nach Osten ging, kam er an den Ausgang der Schlucht. Aber wahrscheinlich hatte Teasle dort Leute postiert, die die Hänge absuchten für den Fall, daß er sich wieder dorthin zurückziehen würde. Ihm blieb also nur ein Ausweg: nach Westen, in die Richtung, die der Hubschrauber genommen hatte. Dorthin rannte er, kam wieder an einen steilen Abhang und saß in der Falle.
Mein Gott! Die Hunde bellten immer lauter, und er packte sein Gewehr mit beiden Händen. Er war wütend, daß er eine der einfachsten Grundregeln, die ihm beigebracht worden waren, mißachtet hatte: Wähle stets eine Route, auf der du nicht in eine Falle geraten kannst. Schneide dir niemals selbst den Weg ab. Herrgott! War sein Hirn im Krankenhausbett ebenso schlapp geworden wie sein Körper? Er hätte niemals diese Klippe hinaufklettern dürfen. Er verdiente es, gefangen zu werden. Er verdiente alles, was dieser Scheißkerl Teasle mit ihm anstellen würde. Wenn er sich erwischen ließ.
Das Bellen der Hunde kam immer näher. Der Schweiß brannte ihm auf dem Gesicht. Er berührte es mit der Hand, fühlte die harten Bartstoppeln und sah, daß die Hand blutig war, wo die Büsche und Nesseln sie zerkratzt und geschnitten hatten. Der Anblick des Blutes machte ihn noch wütender über sich selbst. Er hatte gedacht, daß es verhältnismäßig einfach sein würde, Teasle zu entkommen, und daß er nach dem, was er im Krieg durchgemacht hatte – mit allem fertig werden könnte. Jetzt bedauerte er seine Selbstüberschätzung. Das Zittern, das ihn beim Angriff des Hubschraubers überkommen hatte, hätte ihm eine Warnung sein sollen. Aber er hatte so sehr darauf vertraut, daß er Teasle einfach abhängen könnte, daß er sich selbst eine Falle gestellt hatte und jetzt froh sein konnte, wenn er überhaupt davonkam, ohne noch mehr Blut lassen zu müssen. Es gab nur eines, was er jetzt noch tun konnte. Er lief am Rand der Klippe entlang, maß mit den Augen die Höhe ab und stoppte an der niedrigsten Stelle. Sechzig Meter.
Also los, sagte er sich. Es war dein verdammter Fehler. Jetzt zahl dafür.
Wir wollen doch mal sehen, ob du immer noch die Arschbacken zusammenkneifen kannst.
Er schob sich das Gewehr unter den Gürtel und in die Hose und zog daran, bis es ihm an der Seite hing, der Kolben unter der Achsel, der Lauf am Knie. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß es nicht herausrutschen und unten auf den Felsen zerbrechen würde, legte er sich flach auf den Bauch, ließ sich über den Klippenrand gleiten und hing an den Händen. Seine Beine baumelten in der Luft. Einen Halt für die Füße gab es nicht.
Die Hunde kläfften hysterisch, als sie die verbarrikadierte Felsspalte erreichten.
7
Teasle mußte den Hubschrauber über Funk herbeigerufen haben, um ihn dazu zu verwenden, den Felsblock aus dem Wege zu räumen, und ihn die Felsenkette absuchen zu lassen, falls sich Rambo aus irgendeinem Grunde noch dort aufhielt. Rambo war schon zehn Körperlängen an der Felswand hinuntergeklettert, als er wieder das Dröhnen hörte, das immer näher kam. Seiner Schätzung nach hatte jede Körperlänge fast eine Minute beansprucht. Die wenigen Risse und winzigen Vorsprünge im Felsen, an denen er sich festhalten konnte, waren schwer zu finden, jeder Halt für die Füße mußte vorsichtig ausprobiert werden, ob er sein Gewicht tragen würde – und immer ein erleichtertes Aufatmen, wenn er hielt. Oft blieb er an den Händen hängen, so wie zu Anfang, während seine Füße gegen die Felswand trommelten und ins Leere traten. Die wenigen Vorsprünge
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