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Rambo

Rambo

Titel: Rambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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blickte er sich um, um zu sehen, ob jemand in der Nähe war. Als er niemanden bemerkte, lehnte er sich auf immer noch wackeligen Beinen gegen den Felsblock und entfernte die Kiefernnadeln vom Abzug seiner Waffe. Was immer auch geschah, sein Gewehr mußte er sauberhalten. Der Geruch des Petroleums, mit dem er seine Kleider durchtränkt hatte, hatte sich verflüchtigt, und statt dessen haftete ihm ein leichter Geruch nach Terpentin an, den das Kiefernharz zurückgelassen hatte. Der Geruch vermischte sich mit dem bitteren Geschmack, den er im Mund hatte, und fast hätte er sich wieder erbrochen.
    Zuerst glaubte er, nicht recht gehört zu haben. Ein Windstoß verwehte den Klang. Dann legte sich der Wind, und er hörte es ganz deutlich: das entfernte Hundegebell hinter ihm am breiteren Ende der Schlucht. Seine Beine begannen erneut zu zittern. Er wandte sich nach rechts, wo die Grasfläche zu einem steinigen, mit einzelnen Bäumen bestandenen Hügel anstieg. Dahinter lag eine hohe Klippe. Er nahm all seine Kraft zusammen und rannte los.
    5
    Der Junge konnte keinen großen Vorsprung haben, rechnete sich Teasle aus, als er und seine Leute hinter den Hunden her durch den Wald und durchs Unterholz hetzten. Der Junge war um sechs Uhr dreißig aus dem Gefängnis ausgebrochen. Um acht war es dunkel, und da konnte er hier in diesen Bergen nicht weit gekommen sein. Im Ganzen war er vielleicht noch eine Stunde gelaufen, höchstens zwei. Wahrscheinlich war er, genau wie seine Verfolger, im ersten Morgenlicht aufgebrochen, konnte also allenfalls einen Vorsprung von vier Stunden haben. Aber bei genauerer Überlegung kam er zu dem Schluß, daß es sich höchstens um zwei Stunden handeln könnte, vielleicht auch weniger. Zunächst war der Junge nackt, und das würde ihn am Vorwärtskommen hindern. Dann kannte er das Gelände nicht und würde zuweilen in Schluchten und Täler hineinlaufen, die keinen Ausgang hatten, und das bedeutete einen weiteren Zeitverlust für ihn. Außerdem hatte er nichts zu essen, was ihn ermüden, sein Vorwärtskommen erschweren und den Abstand verringern würde.
    »Er hat ganz sicher weniger als zwei Stunden Vorsprung«, rief Orval vor ihm. »Keinesfalls mehr. Schau mal die Hunde an. Die Spur ist noch so frisch, daß sie nicht einmal am Boden schnüffeln müssen.«
    Orval rannte mit seinen Hunden vor Teasle und den anderen her, seinen Arm straff nach vorn gestreckt wie eine Verlängerung der Hauptleine, die er in der Hand hielt. Teasle trottete hinter ihm drein, sich den Weg durch Gesträuch und Gestrüpp bahnend, und hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Eigentlich war es komisch, daß ein zweiundsiebzigjähriger Mann das Tempo angab und ihnen allen davonlief. Aber Orval joggte jeden Morgen acht Kilometer, rauchte nur vier Zigaretten pro Tag und trank keinen Alkohol, während er, Teasle, täglich anderthalb Päckchen Zigaretten rauchte, literweise Bier trank und sich seit Jahren nicht mehr sportlich betätigte. Es war schon eine Leistung, mit Orval Schritt halten zu können. Teasle mußte so tief und so schnell atmen, daß seine Lungen brannten. Er hatte sich auch die Schienbeine aufgerissen, aber wenigstens rannte er nicht so unbeholfen wie zu Anfang. Bei der Marineinfanterie hatte er geboxt, und man hatte ihm beigebracht, wie man läuft, um zu trainieren. Aber sein Körper war längst nicht mehr trainiert, und so mußte er auf die Schnelle wieder umlernen und sich im leichten, bequemen Laufschritt fortbewegen, den Oberkörper nach vorne geneigt, so daß sein Gewicht die Beine dazu zwang, ihn vorwärts zu treiben, wenn er nicht fallen wollte. Allmählich bekam er es wieder in den Griff und rannte schneller und leichter. Der Schmerz in der Brust ließ nach, und die Anstrengung begann ihm Spaß zu machen.
    So hatte er sich zum letzten Mal vor fünf Jahren gefühlt, als er aus Louisville heimkehrte als Madisons neuer Polizeichef. Die Stadt hatte sich nicht sehr verändert, aber trotzdem sah sie anders aus. Das alte Backsteinhaus, in dem er aufgewachsen war, der Baum im Hintergarten, an dem sein Vater eine Schaukel angebracht hatte, die Grabsteine seiner Eltern, deren Andenken im Laufe der Jahre undeutlich und farblos geworden war, wie auf alten Schwarzweißfotos. Die Grabsteine waren aus hellrotem Marmor. Teasle hätte nicht geglaubt, daß ihn seine Rückkehr so deprimieren würde. Das neugeborene Mädchen – in Wirklichkeit nicht mehr als ein Fötus, das in eine Plastiktüte verpackt zu Füßen seiner Mutter

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