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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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»wie erlangt man wirkliche Macht?«
    »Durch den Umgang mit den Hieroglyphen«, antwortete
Ameni, ohne zu zögern. »Unsere Sprache ist die der Götter, die Weisen nutzten
sie, um uns deren Gebote zu übermitteln. ‹Ahme deine Ahnen nach›, steht
geschrieben, ‹denn sie kannten das Leben vor dir. Macht wird durch Wissen
verliehen, nur die Schrift macht unsterblich.›«
    »Gelehrtengefasel«, warf Setaou ein. Ameni ereiferte
sich.
    »Willst du etwa leugnen, daß der Schreiber die wahre
Macht innehat? Anstand, Höflichkeit, Lebensart, Geradlinigkeit, Einhaltung von
Versprechungen, Ablehnung von Unehrlichkeit und Neid, Selbstbeherrschung,
Schweigsamkeit zugunsten des geschriebenen Wortes, all das sind Tugenden, die
ich entwickeln will.«
    »Das genügt nicht«, befand Acha, »höchste Macht
verleiht die Diplomatie. Daher werde ich bald in fremde Länder reisen und die
Sprachen unserer Verbündeten wie auch die unserer Gegner erlernen, um zu
begreifen, wie die Handelsbeziehungen geknüpft sind und welche Absichten die
anderen Herrscher in Wirklichkeit verfolgen. Wenn ich das alles weiß, habe ich
sie in der Hand.«
    »Aus dir spricht der Ehrgeiz eines Städters, der jeden
Kontakt zur Natur verloren hat«, beklagte Setaou. »Die Stadt ist die
eigentliche Bedrohung!«
    »Du sagst uns nicht, wie du Macht zu erlangen gedenkst«,
warf Acha spitz ein.
    »Es gibt nur einen Weg, wo Leben und Tod, Schönheit
und Abscheu, Arznei und Gift ständig ineinander verschlungen sind: auf dem Pfad
der Schlangen.«
    »Du machst wohl Witze?«
    »Wo leben denn die Schlangen? In der Wüste, auf den Feldern,
in den Sümpfen, an den Ufern des Nils und der Kanäle, auf den Dreschplätzen, in
den Unterständen der Hirten, in den Viehpferchen, ja sogar in den dunklen und
kühlen Schlupfwinkeln der Häuser! Die Schlangen sind überall, sie wissen um das
Geheimnis der Schöpfung. Ihnen das zu entlocken wird Ziel meines Lebens sein.«
    Niemand wagte etwas einzuwenden, denn Setaou schien
seine Entscheidung wohl durchdacht zu haben.
    »Und du, Moses?« fragte Ramses.
    Der junge Hüne zögerte.
    »Ich beneide euch, meine Freunde, denn ich vermag
keine Antwort zu geben. Seltsame Gedanken treiben mich um, mein Geist ist
ruhelos, aber mein Schicksal bleibt im dunkeln. Man wird mir wohl einen
wichtigen Posten in einem großen Harim anvertrauen, ich bin auch bereit, ihn
anzunehmen, allerdings in Erwartung einer beglückenderen Aufgabe.«
    Die Blicke der vier jungen Männer richteten sich auf
Ramses.
    »Es gibt nur eine wahre Macht«, erklärte er, »die des
Pharaos.«
     
    VIER
     
     
    »DU erstaunst
uns in keiner Weise«, klagte Acha. »Mein Vater hat mich dem wilden Stier
gegenübergestellt«, verriet Ramses. »Warum wohl, wenn nicht, um mich
vorzubereiten, eines Tages Pharao zu werden?«
    Diese Antwort machte die vier Mitschüler des Prinzen
sprachlos ; Acha war der erste, der seine Sprache wiederfand.
    »Hat Sethos nicht deinen älteren Bruder als Nachfolger
benannt?«
    »Wenn das so wäre, warum hat er ihn dann nicht
gezwungen, demUngeheuer die Stirn zu bieten?«
    Ameni strahlte.
    »Das ist ja wunderbar, Ramses! Freund des künftigen
Pharaos zu sein, wie wundervoll!«
    »Berausch dich nicht«, riet Moses, »Sethos hat seine
Wahl vielleicht noch nicht getroffen.«
    »Werdet ihr für oder gegen mich sein?« fragte Ramses.
    »An deiner Seite bis in den Tod«, antwortete Ameni.
    Moses nickte zustimmend.
    »Die Frage muß überdacht werden«, meinte Acha. »Sobald
ich erkenne, daß deine Chancen steigen, werde ich von meinem Glauben an deinen
älteren Bruder allmählich ablassen. Wenn dem nicht soist, werde ich
doch keinen Unterlegenen unterstützen.«
    Ameni ballte die Fäuste. »Man sollte dich…«
    »Vielleicht bin ich nur der Ehrlichste von uns allen«,
fiel ihm der künftige Gesandte ins Wort.
    »Das würde mich wundern«, erwiderte Setaou, »die
einzig realistische Einstellung ist die meine.«
    »Würdest du sie uns verraten?«
    »Schöne Worte sagen mir nichts. Taten allein zählen.
Ein zukünftiger König muß fähig sein, den Schlangen die Stirn zu bieten. In der
nächsten Vollmondnacht, wenn sie alle aus ihren Schlupfwinkeln hervorkommen,
werde ich Ramses mitnehmen. Dann werden wir sehen, ob er seinen Ansprüchen gewachsen
ist.«
    »Weigere dich«, flehte Ameni.
    »Einverstanden«, sagte Ramses.
    Der Skandal erschütterte das Kap, diese hochangesehene
Anstalt. Seit ihrer Gründung hatten selbst die Jahrgangsbesten sich nicht
erfrecht, die

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