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Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Titel: Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Jedes Gemälde war ein Meisterwerk, und Nefertari las Spalte um Spalte das «Buch des verborgenen Gemachs», das die schrittweise Verwandlung der sterbenden Sonne in die zu neuem Leben erwachte Sonne offenbarte, das Urbild der Wiedergeburt des Pharaos.
    Gerührt erkundete Nefertari das Haus für die Ewigkeit Ramses’ des Großen. In kleinen Töpfen rührten die Maler die Farben aus fein zerstoßenen Mineralien an, ehe sie die Wände mit symbolischen Figuren bedeckten, die das Weiterleben des Herrschers sichern sollten. Mit Wasser und Akazienharz vermischt, ließen sich die Farberden außerordentlich genau auftragen.
    Der König rief den Baumeister herbei.
    «Haue wie in den Gräbern mancher meiner Vorfahren einen Stollen aus dem Fels und lasse seine Wände unbearbeitet. Er wird die Erinnerung an das letzte Geheimnis heraufbeschwören, das keines Menschen Geist je ergründet.»
    Nefertari und Ramses hatten das Gefühl, ein entscheidendes Stück ihres Weges zurückgelegt zu haben. Zu ihrer Liebe gesellte sich fortan die Überzeugung, daß ihr Tod ein Erwachen und kein endgültiges Sterben sein würde.

    FÜNFUNDDREISSIG

    SERRAMANNA MUSSTE SICH in Geduld fassen. Meba hatte vor mehr als einer Stunde sein Haus verlassen, um an einem Festmahl teilzunehmen, das Tuja gab, denn die Mutter des Königs war darauf bedacht, während der Abwesenheit des Pharaos und seiner Gemahlin die Gepflogenheiten des Hofes beizubehalten. Sethos’ Witwe, dank regelmäßiger Sendschreiben mit Ramses in ständiger Verbindung, war mit der gewissenhaften Arbeit Amenis ebenso zufrieden wie mit der Strenge Serramannas, der gleichmütig die Ordnung aufrechterhielt. Bei den Hebräern schien sich die Neigung zum Aufruhr gelegt zu haben.
    Der ehemalige Seeräuber, der allein seinem eigenen Gespür traute, war indes überzeugt, daß dies der Ruhe vor dem Sturm gleichkam. Gewiß, Moses beschränkte sich darauf, nur mit ranghohen Männern seines Volkes Gespräche zu führen, aber er war der unbestrittene Anführer der Hebräer geworden.
    Obendrein hielten es viele ägyptische Würdenträger, die Ramses’ Freundestreue kannten, für angebracht, behutsam mit ihm umzugehen. Früher oder später, so dachten sie, würde Moses wieder ein hohes Amt bekleiden und seinen verschwommenen Vorstellungen entsagen.
    Die größten Sorgen bereitete dem Sarden jedoch Meba.
    Serramanna war sich sicher, daß der Gesandte Khas Binse gestohlen hatte, aber wozu? Der ehemalige Seeräuber verabscheute die wortgewandten Unterhändler im allgemeinen und Meba im besonderen. Er erschien ihm zu gesellig, zu elegant, zu willfährig. Ein Bursche wie der besaß eine angeborene Begabung zum Lügen.

    Und wenn er Khas Binse in seinem Haus versteckt hatte?
    Dann würde Serramanna ihn des Diebstahls anklagen, und der adlige Herr wäre gezwungen, die Gründe für seine unrühmliche Tat vor einem Gericht darzulegen.
    Mebas Gärtner ging zu Bett, auch die übrigen Bediensteten zogen sich in ihre Schlafstätten zurück. Da kletterte der Sarde an der Rückseite des Hauses auf das Dach. Er bewegte sich so leichtfüßig wie eine Katze und hob eine Klappe an, durch die er in einen Speicher gelangte. Von dort stieg er mühelos in die Wohngemächer hinunter.
    Er hatte den Großteil der Nacht zur Verfügung, um sich gründlich umzusehen.

    «Ich habe nichts gefunden», erklärte der Sarde mißmutig.
    «Diese Durchsuchung des Hauses war wider das Gesetz», belehrte ihn Ameni.
    «Wäre sie erfolgreich verlaufen, könnte dieser Meba keinen Schaden mehr anrichten.»
    «Weshalb verfolgst du ihn so hartnäckig?»
    «Weil er gefährlich ist.»
    «Gefährlich? Meba? Der kümmert sich doch nur um seine Laufbahn, und diese stetige Sorge verwehrt ihm jeden Fehltritt.»
    Der Sarde biß herzhaft in einen gedörrten Fisch, den er zuvor in eine würzige Soße getunkt hatte.
    «Du magst ja recht haben», sagte er mit vollem Mund, «aber meine innere Stimme warnt mich, daß er ein hinterhältiger Heuchler ist. Ich würde ihn am liebsten ständig überwachen lassen. Irgendwann wird ihm ein Fehler unterlaufen.»
    «Tu, was dir beliebt… Aber hüte dich vor einer Unbesonnenheit!»
    «Auch Moses sollte überwacht werden.»

    «Er war schon in der Schule der Schreiber mein Freund», rief Ameni dem Sarden ins Gedächtnis, «wie auch Ramses’
    Freund.»
    «Diesem Hebräer ist nicht zu trauen, er ist ein Aufwiegler.
    Du bist der Diener des Pharaos, aber Moses wird sich gegen ihn erheben.»
    «So weit wird er nicht

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