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Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Titel: Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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zwar noch nicht entschlossen, sich mit dem Magier zu verbünden, aber konnte er leugnen, wie zutreffend seine Worte waren?
    Der Vorsteher der thebanischen Ordnungskräfte beteuerte, seine Männer hätten keine Mühen gescheut, um Chenar und seine Helfershelfer ausfindig zu machen. Ramses hatte ihnen eine genaue Beschreibung des Angreifers gegeben, der auf dem Nil versucht hatte, ihn mit einem Pfeil zu durchbohren, doch ihre Nachforschungen erwiesen sich als fruchtlos.
    «Er hat Theben gewiß schon verlassen», sagte Nefertari.
    «Du glaubst doch auch, wie ich, daß Chenar noch lebt.»
    «Ich fühle eine Gefahr, eine finstere Macht… Aber ich weiß nicht, ob es Chenar ist oder der Magier oder einer ihrer Gefolgsleute.»

    «Es ist bestimmt mein Bruder», befand Ramses, «denn er wollte für immer das Band zerreißen, das mich mit Sethos eint, um mich seines Schutzes zu berauben.»
    «Das böse Auge kann kein Unheil mehr anrichten, es wurde vom Feuer verzehrt. Und das im Schatzhaus des Seth-Tempels von Pi-Ramses gestohlene gute Auge haben wir mit Hilfe eines Harzes wieder zusammengefügt.»
    «Auch die Tiere der Wüste, aus deren Haaren das böse Auge bestand, sind Geschöpfe des Gottes Seth… Chenar wollte sich seine gefährliche Kraft zunutze machen.»
    «Dabei hat er unterschätzt, wie nahe du Seth stehst.»
    «Eine Eintracht, die es jeden Tag aufs neue zu schaffen gilt…
    Beim geringsten Versäumnis verschlingt Seths Feuer den, der vermeint, sich über ihn erheben zu können.»
    «Wann setzen wir die Reise in den tiefen Süden fort?»
    «Sobald wir unserem Tod begegnet sind.»
    Das Herrscherpaar machte sich auf den Weg in die kleine, im äußersten Süden der thebanischen Berge gelegene Senke, die
    «Stätte der Wiedergeburt» und «Stätte der Lotosblüten» hieß.
    In diesem Tal der Königinnen sollten dereinst Tuja, die Mutter des Pharaos, und Nefertari, die Große königliche Gemahlin, ruhen. Ihre Häuser für die Ewigkeit waren im Schutze eines Höhenrückens, dem Wohnsitz der Göttin des Schweigens, aus dem Fels gehauen worden. Über dieses von der Sonne ausgeglühte Wüstengebiet herrschte Hathor, die lächelnde Göttin des Himmels, die den Sternen ihren Glanz verlieh und die Herzen ihrer Getreuen frohlocken ließ.
    Ihr Bildnis entdeckte Nefertari überall an den Wänden ihrer Grabstätte. Auf einem Gemälde spendete sie als göttliche Mutter einer für immer jungen, mit einer goldenen Geierhaube geschmückten Großen Königsgemahlin ewiges Leben. Den Malern war es gelungen, die Schönheit der «Anmutigen, die süß in der Liebe ist» mit unglaublicher Vollendung auf die Wände zu übertragen.
    «Gefällt es dir hier, Nefertari?»
    «Soviel Pracht… ihrer bin ich nicht würdig.»
    «Noch nie hat es ein Haus für die Ewigkeit wie dieses gegeben, und es wird nie wieder ein solches geben. Du, deren Liebe der Odem des Lebens ist, du wirst für immer in den Herzen der Götter und der Menschen herrschen.»
    Osiris mit grünem Antlitz und in einen weißen Mantel gehüllt; Re, der Leuchtende, mit einer riesigen Sonne gekrönt; Chepre, der Urquell der Verwandlungen, mit dem Kopf eines Skarabäus; Maat, die Verkörperung der Weltordnung, als schöne, junge Frau dargestellt, die eine Straußenfeder, so leicht wie die Wahrheit, auf ihrem Haupt trägt: sie alle hatten sich versammelt, um Nefertari im Diesseits wie im Jenseits mit neuer Kraft zu erfüllen. In die noch kahlen Säulen sollte schon bald ein Schreiber aus dem Haus des Lebens die «Sprüche für das Herausgehen am Tage» und das «Buch der Pforten»
    meißeln, die der Königin die Möglichkeit verschaffen würden, auf den schönen Pfaden des Westens zu wandeln und dabei ihren Gefahren auszuweichen.
    Hier lauerte nicht mehr der Tod, sondern hier lächelte das Geheimnis.
    Mehrere Tage lang betrachtete Nefertari eingehend die Darstellungen der Götter, die in diesem Haus für die Ewigkeit wohnten, dessen bevorzugter Gast sie im Augenblick der großen Überfahrt werden würde. Sie machte sich mit dem Weiterleben in der anderen Welt vertraut und lauschte dem Schweigen, in dem im Inneren der Erde der Himmel anklang.
    Als sie sich dazu entschließen konnte, die «Stätte der Lotosblüten» zu verlassen, führte Ramses sie ins Tal der Könige, zu der «großen Weide», wo seit dem Beginn der achtzehnten Dynastie die Pharaonen ruhten. Das Herrscherpaar verweilte mehrere Stunden im Grab jenes Königs, der als erster den Namen Ramses trug, sowie in dem von Sethos.

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