Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Titel: Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
Vom Netzwerk:
Mörser und Stößel, Rasiermesser aus Bronze, Beutel mit Bleioxyd und Kupferspänen, roter Ocker, Heilerde, Säcke mit Zwiebeln, Leinenbinden, Honig, kleine Flaschen… es fehlte beinahe nichts.
    Lotos sang ein altes nubisches Lied, während sie Schurze und Kleider zusammenfaltete und in hölzerne Truhen legte. Wegen der Hitze war sie nackt, und ihre katzenhaften Bewegungen entzückten Setaou.
    «Diese Kähne scheinen ganz robust zu sein», sagte er und schlang die Arme um ihre Lenden.
    «Hast du sie auch gründlich überprüft?»
    «Bin ich nicht ein gewissenhafter Mann?»
    «Sieh dir die Masten genauer an. Ich habe noch nicht fertig eingeräumt.»
    «Das ist nicht so dringend.»
    «Ich dulde aber keine Unordnung.»
    Setaous Schurz sank auf den Boden der Kajüte.
    «Bist du wirklich so grausam, einen liebenden Mann in diesem Zustand abzuweisen?»
    Setaous Zärtlichkeiten wurden zu deutlich, als daß Lotos mit ihrer sorgfältigen Arbeit hätte fortfahren können.
    «Du nutzt es aus, daß ich schwach werde, weil ich Nubien gleich wiedersehe.»
    «Gibt es Schöneres, diesen wundervollen Augenblick zu feiern, als einander zu lieben?»
    Die lange Reihe der gen Süden auslaufenden Schiffe wurde von unzähligen Menschen bejubelt. Furchtlose Jungen folgten ihnen auf Binsenflößen bis zur Einfahrt in den Kanal. Wer erinnerte sich nicht daran, daß Ramses und Nefertari der Bevölkerung ein Festmahl unter freiem Himmel geboten hatten, bei dem das Bier in Strömen geflossen war?
    Gleich schwimmenden Häusern waren die für Reisen nach Nubien gebauten Boote robust und zugleich behaglich. Sie hatten einen mittschiffs aufgestellten Mast und waren mit einem sehr großen, von vielen Tauen gehaltenen Segel sowie mit je einem Steuerruder zu beiden Seiten des Hecks ausgestattet. Die geschickt angeordneten Fenster und Türen der geräumigen und gut eingerichteten Kajüten sorgten für ihre ausreichende Durchlüftung.
    Als der erste Katarakt überwunden war, begannen die Schiffe wieder wie gewohnt zu kreuzen.
    Nefertari wollte Setaou und Lotos einladen, mit ihr gemeinsam Karobensaft zu trinken, doch die lustvollen Seufzer, die aus der Kajüte des Paares drangen, hielten sie davon ab, an die Tür zu klopfen. Vergnügt lächelnd ging sie in den Bug und stellte sich neben Schlächter, der mit bebenden Nüstern die Luft Nubiens einsog.
    Die Große königliche Gemahlin dankte den Göttern dafür, daß sie ihr soviel Glück bescherten, ein Glück, das sie über ihrem Volk erstrahlen lassen mußte. Sie, die einst so schlichte und zurückhaltende Lautenspielerin, die sich für eine bescheidene, aber friedvolle Laufbahn entschieden hatte, führte an der Seite von Ramses ein herrliches Leben.
    Jeden Morgen entdeckte sie dies aufs neue, und ihre Liebe wuchs, erhaben gleich dem magischen Band, das nichts und niemand je würde zerreißen können. Wäre Ramses Bauer oder verfertigte er aus hartem Stein Vasen, Nefertari würde ihn mit der gleichen Leidenschaft lieben. Doch die Rolle, die das Schicksal dem Königspaar zugewiesen hatte, verwehrte ihnen, eigennützig ihre Freude zu genießen. Es war ihre Pflicht, ohne Unterlaß auf das Vermächtnis bedacht zu sein, das ihre Vorgänger ihnen hinterlassen hatten und das sie an ihre Nachfolger weitergeben mußten.
    Wurde das Ägypten der Pharaonen nicht davon geprägt, daß Herrscher einander folgten, die ihr Leben der Liebe, dem Glauben und der Pflicht verschrieben und die Mittelmäßigkeit, Niedertracht und Hoffart ablehnten, um eine Kette aus menschlichen Lichtern im Dienste des göttlichen Lichts zu bilden?
    Als Ramses seine Gemahlin mit jener Kraft an sich zog, der ein Hauch von Sanftmut innewohnte und in die Nefertari sich bei ihrer ersten Begegnung verliebt hatte, meinte sie, in einem kurzen Augenblick noch einmal die gemeinsam verbrachten Jahre zu erleben, die Freuden und auch die ihnen auferlegten Prüfungen, die sie dank der Gewißheit, stets eins zu sein, bewältigt hatten.
    Und allein durch die Berührung seines Körpers wußte sie, daß das gleiche Feuer auch sein Herz entfachte und sie beide auf unsichtbaren Pfaden davontrug, in jene Gefilde, in denen die Göttin der Liebe ihre Musik der Sterne spielte.

    SIEBENUNDDREISSIG

    BALD SCHNELLTE ER geradeaus, stolz und reißend, bald wand er sich träge in verführerischen Windungen und scheute sich nicht, ein von Kinderlachen erfülltes Dorf zu liebkosen: so entfaltete der Nil im tiefen Süden seine Pracht, ohne jemals die Majestät des

Weitere Kostenlose Bücher