Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel
die Paläste in Gold und Türkis erstrahlen, wo der Wind voller Sanftmut weht und Vögel über die Weiher flattern.» Ein Lied, das sogar die hebräischen Ziegelmacher anstimmten.
Ihr Plan, Ägypten zu verlassen, war anscheinend in Vergessenheit geraten. Dennoch befürchtete Ameni, dieser schöne Frieden könnte aufs neue gestört werden, als er Moses in seine Amtsstube treten sah.
«Ruhst du dich niemals aus, Ameni?»
«Ein Bündel von Schriftstücken jagt das andere. Während der Abwesenheit des Königs ist es noch schlimmer. Ramses vermag im Nu eine Entscheidung zu treffen, ich plage mich hingegen mit Einzelheiten herum.»
«Denkst du nicht daran zu heiraten?»
«Sprich nicht vom Unglück! Eine Frau würde mir vorwerfen, daß ich zuviel arbeite, meine Sachen in Unordnung bringen und mich daran hindern, dem Pharao so zu dienen, wie es ihm gebührt.»
«Der Pharao, unser Freund…»
«Ist er wirklich auch noch dein Freund, Moses?»
«Zweifelst du daran, Ameni?»
«So wie du dich zuweilen gebärdest, könnten einem schon Bedenken kommen.»
«Das Anliegen der Hebräer ist begründet.»
«Ein Auszug aus Ägypten, welche Torheit!»
«Wenn dein Volk sich in Gefangenschaft befände, würdest du es dann nicht befreien wollen?»
«Welche Gefangenschaft, Moses? In Ägypten ist jeder frei, du ebenso wie alle anderen.»
«Unsere wahre Freiheit besteht darin, unseren Glauben an Jahwe zu verkünden, an den wahren Gott, den alleinigen Gott.»
«Ich kümmere mich um die Verwaltung und nicht um Fragen des Glaubens.»
«Bist du bereit, mir zu sagen, wann Ramses zurückkehrt?»
«Das weiß ich selbst nicht.»
«Würdest du es mir sagen, wenn du es wüßtest?»
Ameni trommelte mit den Fingern auf eine Schreibtafel.
«Ich heiße deine Pläne nicht gut, Moses. Aber weil ich dein Freund bin, muß ich dir gestehen, daß Serramanna dich für einen gefährlichen Mann hält. Stifte keine Unruhe, sonst stellt er mit aller Entschlossenheit die Ordnung wieder her, und du könntest darunter zu leiden haben.»
«Dank Jahwes habe ich vor niemandem Angst.»
«Nimm dich dennoch vor Serramanna in acht. Wenn du die öffentliche Ordnung störst, wird er zuschlagen.»
«Würdest du mir dann nicht zu Hilfe kommen, Ameni?»
«Meine Religion ist Ägypten. Wenn du dein Land verrätst, begibst du dich in die Gefilde der Finsternis.»
«Ich fürchte, daß uns beide nichts mehr miteinander verbindet.»
«Und wer ist daran schuld, Moses?»
Als der Hebräer Amenis Amtsstube verließ, befielen ihn düstere Gedanken. Ofir hatte recht. Er mußte Ramses’
Rückkehr abwarten und versuchen, ihn zu überzeugen.
Inzwischen konnte er nur hoffen, daß das Wort als Waffe ausreichen würde.
In einem Haus des Hebräerviertels untergebracht, vollendete Ofir die Einrichtung seiner magischen Wirkstätte. Er hatte bereits die ersten Versuche mit der Binse von Kha, Ramses’
erstgeborenem Sohn, unternommen, allerdings ohne jeden Erfolg. Der Gegenstand bewegte sich nicht, bebte nicht einmal, als habe ihn nie eines Menschen Hand berührt.
Der magische Schutz, unter dem Kha stand, war so wirksam, daß er den Libyer zu beunruhigen begann. Verfügte er über ausreichende Mittel, um dieses Hindernis zu überwinden? Nur einer konnte ihm helfen: der Gesandte Meba.
Doch der Würdenträger, der ihn aufsuchte, war keineswegs eine strahlende, selbstsichere Erscheinung. Vor Angst schlotternd, in einen Mantel gehüllt, dessen Kapuze sein Gesicht verbarg, glich Meba eher einem Mann auf der Flucht.
«Es ist bereits dunkel», bemerkte Ofir.
«Aber man könnte mich dennoch erkennen… Für mich ist es sehr gefährlich, hierherzukommen. Hätten wir diese Art der Zusammenkunft nicht besser vermieden?»
«Sie war unerläßlich.»
Meba bedauerte sein Bündnis mit dem hethitischen Spion, wußte aber nicht, wie er die Maschen des Netzes zerreißen sollte.
«Was hast du mir zu sagen, Ofir?»
«Im hethitischen Königreich bahnen sich tiefgreifende Veränderungen an.»
«In welcher Richtung?»
«In einer für uns günstigen Richtung. Und welche Neuigkeiten bringst du mir?»
« Acha ist ein vorsichtiger Mann. Seine Botschaften sind alle verschlüsselt. Nur Ameni kennt ihren Inhalt und leitet das Wesentliche an Ramses weiter. Ich kann sie nicht lesen. Wenn ich zu neugierige Fragen stelle, mache ich mich verdächtig.»
«Ich möchte erfahren, was in diesen Botschaften steht.»
«Die Wagnisse…»
Ofirs eisiger Blick hielt Meba davon ab, nach weiteren
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