Ranch des Schicksals (3-teilige Serie)
anzuhören.“
„Es dauert doch nur eine Minute, dir …“
„Geh mir aus dem Weg“, unterbrach er sie schroff. „Ich mache mir selbst etwas zu essen. Konntest du mit dem Großeinkauf nicht bis Mittwoch warten? Ich habe dir doch gesagt, dass ich dann nach Rapid City fahre.“ Als er den Hals reckte und Mary über Audreys Kopf hinweg einen vorwurfsvollen Blick zuwarf, sah er aus wie ein böser alter Truthahn. „Der Jeep deiner Freundin steht übrigens da draußen im Weg.“
„Ich habe nur kurz vor der Tür geparkt, um die Einkäufe reinzubringen.“
„Das ändert nichts daran, dass das Eigentum der Drexlers den Zugang zu meinem Besitz versperrt.“
„Wovon um alles in der Welt redest du überhaupt?“, fragte Mary genervt, während sie die leeren Einkaufstüten zusammenlegte und im Besenschrank verstaute. Die Zeiten, als sie nach der Pfeife dieses Mannes getanzt hatte, waren längst vorbei.
„Der Anblick dieses Wagens verschlägt mir einfach den Appetit!“ Dan stieß ein Päckchen Hüttenkäse aus dem Weg. „Hast du überhaupt irgendetwas Essbares eingekauft?“, fragte er Audrey. „Wo ist die Fleischwurst?“
„Ich habe Putenaufschnitt, Schinken und zwei Sorten Brot besorgt und wollte uns gerade etwas …“
„Nun geh schon zur Seite“, unterbrach Dan sie wieder, nahm eine Leberwurst und sah seine Tochter scharf an. „Deine Mutter darf nicht überall in der Gegend herumlaufen. Ich will nicht, dass sie wieder krank wird!“ Er knallte die Leberwurst auf ein Holzbrett und zog ein Messer aus dem Messerblock. „Schließlich habe ich auch so schon genug Sorgen.“ Wütend schlitzte er das Ende der Wurst auf. „Ich verlange nicht mehr von ihr, als dass sie für mich kocht.“
„Und dann soll sie hinter dir herräumen, sich um deine Wäsche kümmern und deine …“
„Nicht, wenn sie krank ist. Gibt es hier denn nirgendwo rote Zwiebeln?“
Mary hätte ihre Mutter am liebsten daran gehindert, zur Speisekammer zu gehen, wollte die Situation jedoch nicht weiter eskalieren lassen. Schon gar nicht in der Küche, die Audreys einziges Refugium war.
„Ich dachte, du bist gekommen, um dich um deine Mutter zu kümmern!“, herrschte Dan sie wütend an und nahm Audrey die Zwiebel aus der Hand, die sie ihm hinhielt. Immer lauter werdend sagte er: „Ich bin derjenige, der die Farm hier am Laufen hält, Tochter! Ich habe sie gekauft, etwas daraus gemacht und sie fast ohne Hilfe betrieben. Da kann man doch wenigstens geregelte Mahlzeiten erwarten! Und die Loyalität seiner Kinder!
Er richtete die Messerspitze auf Mary. „Wenn du dir schon einen Indianerfreund nehmen musst, dann pass gefälligst auf, auf wessen Seite er steht!“, brüllte er.
„Dan“, ermahnte Audrey ihn sanft. „Bitte nicht.“
„Was denn? Ich werde doch wohl noch in meinem eigenen Haus laut werden dürfen!“ Er warf eine Zwiebelscheibe auf ein Stück Brot, fügte ein dickes Stück Leberwurst hinzu, klatschte noch mehr Brot darauf und verließ türenknallend die Küche.
Stille breitete sich im Raum aus.
„Er ist wütend wegen des Pachtlandes“, flüsterte Audrey, so als könne Dan sie vom Hof aus hören. „Sein Anwalt hat ihm nämlich gesagt, dass eine Klage aussichtslos ist.“ Sie lächelte schwach. „Seitdem ist er nicht mehr er selbst.“
„Wie bitte? Er ist absolut er selbst!“, widersprach Mary. Sie kannte ihn gar nicht anders als laut und jähzornig. Wie hielt ihre Mutter das nur aus? „Ich würde so gern mehr Zeit mit dir allein verbringen“, fügte sie hinzu. „Mit dir reden und etwas mit dir unternehmen. Dir muss doch mal nach etwas anderem zumute sein als immer nur …“
„Es bedeutet mir sehr viel, dass du gekommen bist“, sagte Audrey und warf einen verstohlenen Blick zur Hintertür. „Schon allein, weil ich genau weiß, wie schwer dir der Aufenthalt hier fallen muss.“
„Ach, Mom!“ Mary musste lachen. „Du hast mich schon immer durchschaut. Früher hat mich das genervt, aber inzwischen empfinde ich es irgendwie als beruhigend. Wenigstens gibt es einen Menschen auf der Welt, der mich versteht. Ich wünschte nur, ich verstünde dich besser. Ich begreife einfach nicht, was dich hier noch hält.“
„Wo soll ich denn hin?“ Audrey senkte den Kopf und ließ die rechte Hand über die Arbeitsfläche gleiten. „Das hier ist mein Haus. Alles andere gehört ihm, aber nicht dieses Haus, ganz egal, was er sagt.“
Wow, dachte Mary anerkennend. Das klang ja fast stolz.
Audreys Gesicht hellte sich
Weitere Kostenlose Bücher