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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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zwischen ihr und Anira gab es zu viele, als daß es Zufall sein konnte, besonders nachdem Ram sie entführt hatte. Hatte er sich anfangs von ihr angezogen gefühlt, weil sie bestimmte Wesenszüge mit Anira teilte? Versuchte er jetzt, das >Weiße< in ihr zu zerstören? Oder was ihm >schwarz< erschien: ihre Impulsivität, ihr Temperament und ihre Feindseligkeit gegenüber ihrer eigenen Welt? Wahrscheinlich würde sie es nie erfahren. Entweder mußte sie Khandahoor verlassen oder zulassen, daß Ram ihr Herz und ihren Verstand in Stücke riß. Und es gab nur einen Weg hinaus. Durch Kalisha, die sie so sehr haßte, daß sie ihren Tod wollte. Wo Anira versagt hatte, würde der Dschungel wahrscheinlich Erfolg haben.
    »Ha!« Kalisha lachte kurz. Ihr bleiches Gesicht war mit Trauerschleiern verhüllt, als sie steif im Lieblingssessel der toten Rani saß. »Du bist nicht ganz so dumm wie ich dachte. Ich fragte mich, wie lange du brauchen würdest, um die Wahrheit zu entdecken. Oder ist er deiner schon müde?«
    »Vielleicht bin ich gelangweilt, Kalisha. Ich bin nicht daran gewöhnt, im Purdah zu leben.« Lysistrata schlenderte durch die prächtigen Räume der einstigen Rani. Die kostbaren Teppiche rochen leicht nach Exkrementen. Die vergoldeten Wände und herrlichen Gobelins waren zerfetzt und zerkratzt, als ob eine Affenhorde darin gefangen gewesen sei. Kein Spiegel war unversehrt geblieben. Scheinbar achtlos zuckte Lysistrata die Schultern. »Die Wahrheit über Ram scheint sehr vielfältig zu sein. Wie ist deine Version?«
    Die Frau lachte bösartig. »Also weißt du nichts, denn wenn du wüßtest, wärest du nicht so vergnügt. Meine Herrin ist deinetwegen tot. Soll ich dich glücklich vom Dschungel nehmen lassen, oder zerstören lassen von dem Wissen, daß dein Mischlingsliebhaber dich und alle deiner Art so haßt, wie er seinen Vater haßte? Anira und ich haben dafür gesorgt. Und was wir ihn nicht lehrten, tat die englische Schule mit Verunglimpfungen und Grausamkeit. Er litt, als die Engländer seine Mutter in Bombay nach seiner Geburt leiden ließen. Keine Frau wird ihn je vergessen lassen können, daß er ein Feringhi Bastard ist. Er hat dich genommen, wie sein Vater Anira nahm, um ihre Ehre zu rächen und die Ehre, die er nie gekannt hat. Dir fliehen helfen? Warum nicht? Du bist jetzt weniger als Abfall.«
    Als brenne sie darauf, Lysistratas Geruch loszuwerden, färbte Kalisha ihren Körper mit Kaffee und brachte sie zu einer Gruppe von Küchendienern, die in einer knappen Stunde in ihr nahes Dorf aufbrechen wollten. Lysistrata kam zu ihnen, und sie warfen verstohlene Blicke auf ihre einheimische Kleidung und das Haar, das unter einem Schal versteckt war, auf ihre grünen Augen, die in ihrem gefärbten Gesicht erschreckend hell waren, sogar unter dem Reisstrohhut. Aus Angst vor Kalisha wandten sie ihre Blicke ab, als diese sie aufforderte, sich um Lysistrata zu drängen, und dann auf das Tor der Festung deutete. Gebückt, um ihre Größe zu verbergen, schwang Lysistrata einen Korb auf eine Schulter. Sie schlurfte inmitten der Diener voran und zog den Kopf ein, als sie sich dem Tor mit den Kriegern näherten. Ihr Herz begann in den Ohren zu dröhnen, als der Chinese an der Zugbrücke sich hinhockte, um sie anzusehen. Gott, überlegte sie, zählte er sie? Er stand auf und nickte einer anderen Wache zu, die Brücke zu senken. Kaum war die knarrend zum Stillstand gekommen, wollten die nervösen Diener über sie rennen. Aus Angst, sie würden Verdacht wecken, ging Lysistrata langsam und zwang sie, sich zu beherrschen. Zudem waren sie für gewöhnlich fröhliche Einheimische zu stumm. Sie murmelte auf Birmanisch einen Witz und lachte dann. Zum Glück war eine der Frauen klug genug, den Hinweis zu verstehen. Sie kicherte laut und stieß ihren Nachbarn an, damit er einfiel, reichte dann Betel herum und begann eine Unterhaltung, die besser war als nichts.
    Der Oberwächter, der auf sie herabgestarrt hatte, schrie
    plötzlich etwas. Lysistrata verschluckte sich fast an der Betelnuß, die sie in den Mund gesteckt hatte. Ein Mann knuffte sie. »Er sagt, Beeilung, ihr Schildkrötenmist!« Daraufhin grinsten alle und zogen sie mit sich, bis sie außer Sicht der Armbrustschützen waren.
    Als sie den Dschungelpfad zu ihrem Dorf erreicht hatten, war die Gruppe wieder ernüchtert. Sie warnten, daß es Wahnsinn sei, wenn Lysistrata allein in die Wildnis der Shan ginge, aber keiner war so verwegen, ihr zu raten, nach Khandahoor

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