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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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in ihrem Handgelenk. Erschreckt blickte sie in die Fänge einer gelbgeringelten Schlange, die sich zum zweiten Schlag krümmte. Mit ersticktem Schrei fiel sie rücklings auf den schlammigen Boden. Für einen Moment lag sie vor Entsetzen gelähmt da. Bis auf wenige Ausnahmen waren die Schlangen Indochinas giftig.
    Ihre Panik unterdrückend kroch sie ins Unterholz. Nachdem sie die Bißwunde mit dem Messer geöffnet hatte, damit sie blutete, lag sie reglos auf der Seite, um ihren Herzschlag zu verlangsamen. Die meisten Bisse waren schnell tödlich, manche schrecklich. Sie saugte am Handgelenk. Dann hörte sie ein feines Schmatzgeräusch im Schlamm. Sie umfaßte das Messer fester. Als sich eine Hand schwer auf ihre Schulter legte, wollte sie in ihr Herz stechen. Die Hand versetzte ihr einen betäubenden Schlag. Sie blickte in Rams ungläubiges, wildes Gesicht.
    Sein Blick wanderte zu den aufgeschlitzten Bißspuren. Er riß rasch einen weiteren Fetzen aus ihrem Longyi und band ihren Oberarm ab. »Was war es?« schnappte er, während er sich bückte, um heftig an der Wunde zu saugen.
    »Ein hübsches... Band. Nur, daß es Zähne hatte.«
    Ihr seltsamer Humor brachte ihr einen düsteren Blick ein.
    »Wie sah es aus, du blasiertes Weib?«
    »Ein bißchen so... wie du jetzt um die Augen - du tust mir weh!«
    »Am liebsten würde ich dir den Hals umdrehen!« Er spuckte aus und bemerkte Friedlander. »Schau nach einer Schlange!«
    Ein paar Minuten später fiel ein von einem Dah geköpftes Reptil aus dem Feigenbaum. »Giftig«, kommentierte der heruntersteigende Kundschafter kurz.
    Mit schwachem Lächeln schloß Lysistrata die Augen, und Ram saugte grimmig weiter. Friedlander musterte ihre Hautfarbe,
    bückte sich und befühlte ihre Stirn. »Die hat mehr Probleme als nur den Schlangenbiß, Boß.«
    »Wenn sie daran stirbt, brauchen wir uns darüber wohl keine Gedanken machen«, knurrte Ram.
    »Ich denke nicht.«
    Nach einiger Zeit zog Friedlander eines ihrer Augenlider zurück. »Sie ist ohnmächtig, aber nicht tot.«
    Ram hob sie auf. »Verschwinden wir aus dem Schlammloch und schlagen ein Lager auf.«
    Auf dem langen, beschwerlichen Rückmarsch nach Khandahoor erlangte Lysistrata kein einziges Mal ihr Bewußtsein wieder. Von Malariafieber und dem Schmerz aus der weiter schwellenden Hand geschüttelt, warf sie sich im Delirium auf einer provisorischen Bahre herum.
    Selbst als sie wieder im Phoenix-Bungalow war, war sie durch die Strapazen zu geschwächt, um zu genesen. Nur für kurze Augenblicke erlangte sie das Bewußtsein wieder und nahm Rams angespanntes Gesicht und seinen Ärger wahr, wenn sie die Schleimsuppe, die er ihr reichte, von ihren Lippen rinnen ließ. »Hinter deinem kühlen Äußeren... verbirgt sich doch Gemüt, was?« murmelte sie einmal. »Du bist wie ein verzogenes Kind, das um... eine Puppe jammert, um die es sich vorher nicht gekümmert hat.«
    »Vielleicht muß ich der Puppe den Arm abnehmen«, sa'gte er kurz. »Du bist nicht stark genug, um das zu überleben. Wenn du nicht ißt, werde ich dir eine Röhre in den Hals stek-ken.«
    »Besorg dir einfach eine neue Puppe«, sagte sie benommen. »Diesmal eine britische... wie du's immer wolltest. Warum entführst du nicht Evelyn? Ich wette, sie hat Platz... für viele Nadeln. Du kannst sie rausziehen, dann wieder reinstecken... bis sie keine Haut mehr hat. Wie ich. Ich bestehe nur noch aus Löchern... du kannst sogar hindurchsehen. Ins Nada.«
    »Genießt du es, dich selbst zu bemitleiden?« fragte er kurz. »Das hast du immer. So hast du das Gefühl, daß du an keinem der unerfreulichen Dinge, die dir widerfahren, schuld bist. Ich hab' dich in Rangun davor gewarnt, Probleme zu verursachen. Ich habe dir gesagt, du solltest mir fernbleiben. Warum hast du das nicht getan, verdammt?«
    Von Drogen benommen lachte sich schwach. »Du irrst dich. Ich bedaure von all dem nichts, nicht einmal dich... besonders. .. dich nicht. In Boston durfte ich nicht leben, also hab' ich's mir in Rangun genommen. Jetzt kann ich mit meinem Leben tun... was ich will.«
    Er hielt mit der Röhre Wort. Etwas später spürte sie, daß er sie schnitt, und hörte einen fernen, vom Opium benommenen Schrei, der von größerem Schmerz überlagerte wurde, da die Wunde wiederholt freigelegt und mit einem heißen Brei bedeckt wurde. Langsam begann sie zu genesen.
    »Du solltest dich rasieren«, verspottete sie Ram eines Nachts matt, als sie sein hageres Gesicht wieder deutlich sehen konnte. »Du

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