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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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hörte, hatte sie das Gefühl eines Pyrhussieges. Er hatte sie erobert und sich doch zugleich selbst besiegt. In völliger Ergebung wußte sie für jetzt und immer, daß ihr gleich war, wie er zu ihr kam, solange er kam. Und er würde kommen, wie ein Jagdhund einer Hündin folgen würde, von der er nie genug bekommen konnte. Wie Frank hatte er begonnen, sie wie eine verachtenswerte Nutte zu behandeln. Vielleicht hatten sie beide recht. Ram lag neben ihr. Als er ihren Mund berührte, war eine feine Blutspur an seinen Fingern. »In Rangun nimmt man derzeit zehn Kyat«, murmelte sie. »Leg's auf die Kommode.«
    »Tut mir leid«, sagte er weich. »Ich habe kein Geld dabei. Ich werde wohl abwaschen müssen.«
    Sich auf die Seite drehend, begann sie müde: »Ram, ich ...« Dann keuchte sie vor Entsetzen, als ein wahnsinniges Gesicht über seiner Schulter auftauchte. Durch ihren Blick gewarnt, rollte er sich über sie und zog sie mit sich vom Bett. Als er über ihr kauerte, s,ah er das Messer im Mondlicht blitzen. Ein Gecko am Spiegel zerplatzte scharlachrot. Die verrückte Kreatur rührte neugierig in dem Blut und beschmierte mit mädchenhaftem Kichern ihr Gesicht. In einer Mischung aus Hindi und Englisch plappernd eilte sie in den Garten hinaus, doch erst, als Lysistrata einen Schatten von Ram in diesem blutigen, obszön verzerrten Gesicht gesehen hatte. »Anira!« flüsterte sie entsetzt.
    Rams Fingerdruck veranlaßte sie zu schweigen. Er glitt zur Tür und spähte in den Garten. Sein Lendentuch umlegend murmelte er: »Verriegle das Fenster und die Tür hinter mir. Ich komme zurück, so schnell ich kann.« Dann war er fort.
    Kam sah Anira wie einen wilden Gibbon, der eine Wäscheleine gestohlen hat, durch den Garten rennen. In weißem, fliegendem Gewand, von schwarzem Haar wie ein Dämon umflattert, schnatterte sie voller Furcht und Wut, als sie auf die Festungsmauer zustürmte. Er sprintete hinter ihr her, aber sie erreichte die Mauer vor ihm. Geschickt schwang sie sich auf einen Baum, erkletterte rasch die Äste, die die Mauer berührten, und schwang sich auf die Brüstung. Mit panischen Schreien legten die Wachen ihre Armbrüste an. Ram schrie lauter als sie: »Nicht schießen!«
    Herumhüpfend schnatterte und kreischte Anira. Als sie sah, daß die Umstehenden sich fürchteten, kicherte sie und sprang mit vorgerecktem Messer auf die Wachen zu. Ihre Hand streifte eine Pfeilspitze. Sie schrie auf, wich zurück und betrachtete ihre Hand. Ram schwang sich auf den Baum und war zwischen ihnen, während Anira die Wachen beschimpfte. Anira, die ihn in den Schatten nicht erkannte, beruhigte sich etwas, weil die Wachen nicht angriffen, und beschäftigte sich mit dem Blut an ihrer Hand und ihrem Gewand. Sich streichelnd hockte sie sich auf die Brüstung. Sie begann mit Messer und Fingern ihr Haar zu kämmen.
    Ram trat leise vorwärts. »Meine königliche Dame«, summte er, »darf ich euer Haar kämmen? Ebenholzfarbene Seide Indiens, schwarze Tränen seines Weinens, der Sorge bleibendes Seufzen...« Sie musterte ihn wachsam. Dann wurde sie von seiner leisen Stimme abgelenkt und neigte den Kopf, während er näherrückte. »Haar der Nacht«, flüsterte er, »sternengekrönt für euer Diadem. Für euch, einen Zauber von Träumen.«
    Schwarze, glitzernde Augen schauten zu, wie er langsam seine Hand ausstreckte. »Gebt mir den Kamm, meine Dame, und der Nil und der Ganges und die Ströme Babylons werden durch euer Herz fließen, um seinen Kummer zu stillen...«
    Vielleicht war seine Stimme zu sehr die eines Liebhabers, vielleicht zauberte das Mondlicht zu viele Erinnerungen in sein Gesicht. Das Messer klirrte zu seinen Füßen. Einen Sekundenbruchteil später waren nur das Messer und schwarze Leere an Aniras Platz, und die Stille wurde von einem Platschen unterbrochen, dann einem Reißen von Weiß im Wasser drunten, dem zappelnden Schäumen der Ungetüme.
    Ram kehrte mit starrem Gesicht in den Phoenix-Bungalow zurück. Er setzte sich schwer auf das Bett, schenkte Wein aus einer Karaffe ein, begann zu schlucken und setzte dann das Glas ab. Er lehnte seinen Kopf an die Wand.
    »Was ist geschehen?« fragte Lysistrata leise. »Hast du sie gefunden?«
    »Ich habe sie gefunden.« Benommen erzählte er, wie Anira gestorben war. »Sie muß geglaubt haben, ich sei Vater oder einer der toten Sepoy.«
    »Ram, nein... oh, Ram, es tut mir so leid.«
    »Die Toten haben ihre Rache schließlich doch noch bekommen.« Er verzog den Mund. »Die

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