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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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brachen zusammen. Die verzierten Fliesen der Dächer lösten sich und fielen klirrend auf den Boden. Der Bibliotheksflügel im Pfauenpalast war ein Inferno, und Lysistrata sah todunglücklich, wie unschätzbare Kunstwerke und Literatur in den Flammen vergingen. Die Gärten schienen in der sengenden Hitze zu verdorren, und als sie sich den Festungsmauern näherten, wankte San durch noch mehr Trümmer. Die hölzernen Laufstege an den Brustwehren brachen zusammen, ihre Stützbalken fielen aus den Wänden. Die Zugbrücke sackte in den Burggraben. San ließ sie am Fallgitter herunter und schaute auf den zischenden Rest der Brücke, der auf das andere Ufer gestürzt war, zu dem eine Menge Krokodile vor den herabfallenden, brennenden Trümmern geflohen war. »Scheiße«, stellte er lakonisch fest.
    Tet winkte aus dem Dschungel, wo der Rest der ungeduldigen Piratenbande wartete und die Ungeheuer furchtsam betrachtete. »Komm! Wir schießen dir einen Weg frei!«
    »Richtig«, murmelte San. Er wandte sich an Lysistrata. »Ich werfe einen Stamm ins Wasser, damit wir rüberkommen. Aber zuerst brauchen wir einen Köder.« Er verschwand und kam mit vergifteten Essensresten aus dem Wachlokal wieder, die er in seinen Turban gefüllt hatte. Er trat einen verkohlten Balken in den Graben, hob sie hoch und sprang darauf.
    Lysistrata sollte sich an die Überquerung des Grabens Im den Rest ihres Lebens in Alpträumen erinnern. Der Rauch reflektierte den Feuerschein auf schwarzem Wasser, das die schwärzeren Gestalten der wartenden Menschenfresser barg. »Falls ich keine weitere Gelegenheit mehr habe«, murmelte sie zu dem Kachin, »danke. Du hast mich zum zweiten Mal leben lassen.«
    Er trat weiter und trieb den Stamm voran. »Ich bin gierig, kein Wahnsinniger. Das war Tets Idee.« Er reckte den Hals, um im Rauch nach dem Ufer zu schauen. » Schießt , ihr Hundesöhne!« brüllte er. »Ich habe jetzt Grund unter den Füßen.«
    Schüsse krachten. Die Masse voraus begann um sich zu schlagen und sich zu winden. Ohne darauf zu warten, daß der Tumult endete, sprang San in das seichte Wasser und warf Lysistrata wieder über seine Schulter. Es war ein Alptraum. Die riesigen Reptile brüllten und schlugen voller Wut und Schmerz um sich. San versuchte zu rennen, doch der zähe Schlamm um seine Knie hemmte ihn. Lysistrata hörte das Knirschen der mächtigen Kiefer. Sie war krank und hörte ihn fluchen, als er auf den schlüpfrigen Kadavern zerfetzter Krokodile rutschte. Dann erreichte er das Ufer und rannte wie der Teufel.
    Plötzlich rutschte er aus, und sie stürzte auf ihn. Starr vor Entsetzen wartete sie auf das erste klaffende Maul. Dann blinzelte sie, als Tet auf sie herabschaute. »Steht lieber auf, sonst verwechseln wir euch noch mit den Krokos!«
    »Pah!« keuchte San ärgerlich. »Du hast dir mit dem Schießen verdammt viel Zeit gelassen!«
    »Ist unnötig, Munition zu vergeuden!« Tet schlug ihm freundlich auf die Schulter. »Aber keine Sorge. Die Frau wird für die Kugeln zigfach zahlen.«
    Lysistrata hob schwach den Kopf. »Ich will ja nicht streiten, aber wie stellst du dir das vor?«
    »Was macht dein Vater?« fragte er kurz.
    »Er ist Arzt«, erwiderte sie leise, »in Rangun. Warum?«
    Tet rieb seine Hände. »Gut, gut. Sehr einfach.« Er hielt einen Finger hoch. »Papa wird zahlen, und Ram Kachwaha wird zahlen, um dich wiederzubekommen.« Seine Augen zwinkerten schelmisch. »Natürlich kann mein Herr, Boh Myin, nicht beide erfreuen, aber das macht nichts«, er hob einen dritten Finger, »denn Kachwaha wird uns auch folgen. Seine Gefangennahme bedeutet ein drittes Lösegeld...« Sein Gesicht erhellte sich, als ihm eine neue Idee kam. »Und sein Kopf.« Er hob einen vierten Finger.

KAPITEL 14
Buddhas Schädel
    Weshalb stürmst du dem Tode entgegen?
    MATTHEW ARNOLD
    »Wir haben Nachricht von Ihrer Tochter, Doktor.« Sir Anthony Bartly drehte sich vor einer Landkarte um, als Dr. Herriott von Harry Armistead in sein Büro geführt wurde. Bartly nickte Harry zu, stellte dann die beiden anderen Offiziere im Raum vor. »Wir schlagen zu ihrer Befreiung sofortige Maßnahmen vor, dieses Mal mit militärischer Unterstützung.« Er deutete auf eine scharfe Biegung im Unterlauf des Sittang. Herriott trat rasch zu ihm. »Sie befindet sich hier, in Buddhas Schädel, der Festung von Boh Myin. Er und seine Piraten haben in den letzten Jahren die Küsten von Sittang und Tennasserim geplündert.« Er blickte Herriott mitleidig an. »Sie lebt, ist

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