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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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erhöhen. Deshalb vermutete Ram, daß ein anderer dies alles geplant hatte. »Folgen Sie den Gewinnen, Harry«, sagte er auf der Barke, »aber seien Sie vorsichtig. Zwei Männer ermittelten für mich. Einer nannte mir den Namen Garotte, bevor er erdolcht wurde. Nach meiner Beseitigung gewann dieser Garotte Kontrolle über das Opiumgeschäft der ganzen Stadt. Der Preis ist so gestiegen, daß medizinische Verwendung unmöglich ist.«
    »Kennen Sie jemand in der Stadt, der von Nutzen sein kann?« fragte Harry.
    »Nur Naswral, meinen früheren Leibdiener. Unglücklicherweise ist Wa Sing wegen seiner Verbindung mit mir in der Yünnan-Affäre nach Kowloon gegangen. Er hatte mit den Händlern mehr Kontakte als ich.«
    Harry bezweifelte das, bezweifelte aber die Fähigkeiten des schmutzig wirkenden Arztes noch mehr, der für die Krankenabteilung des Gefängnisses außerhalb Ranguns verantwortlich war, in das er Ram und die Piraten gebracht hatte. Wie die anderen Gefangenen wurde Ram bis auf ein Lendentuch entkleidet. Da er aber noch nicht verurteilt war, wurde er nicht kahlgeschoren. Zwei zuverlässige Gefangene wurden abkommandiert, ihn zu stützen, bis er in die Schmiede kam, in der Eisen um seine Knöchel geschmiedet wurden und eine Nummer an seinem eisernen Halsband befestigt wurde. Nach dem Abketten wurden die Piraten in einen großen, wellblechgedeckten Käfig gebracht, der von Nordindern bewacht wurde. Rams Ziel war fast ebenso schlimm.
    Das Hospital war ein offener Schuppen, an einer Gefängnismauer errichtet. Außer dem Doktor kümmerte sich nur ein Assistent um die wenigen Patienten, und Medikamente gab es nicht. Sanitäranlagen waren nicht vorhanden, Krankheiten verbreiteter als Verletzungen. Zu essen gab es eine mit halb verschimmeltem Gemüse durchsetzte Reisbrühe. Der einzige Brunnen auf dem Gefängnishof war verseucht.
    »Tut mir leid«, entschuldigte Harry sich bei Ram, der an seine Pritsche gekettet war. »Ich werde bei Bartly für Sie tun, was ich kann, obwohl er mir sicher nicht zuhören wird. Aber ich sorge dafür, daß Sie besseres Essen bekommen.«
    »Machen Sie sich deshalb keine Gedanken, Harry«, erwiderte Ram. »Lassen Sie sich nur befördern und achten Sie darauf, daß Sie niemanden im Rücken haben.«
    »Diesen Rat sollten Sie lieber selbst befolgen.« Harry starrte die finster blickenden Gefangenen der Krankenabteilung an. Einige waren Simulanten, andere Wracks.
    Ram blickte amüsiert drein. »Ein Cousin, der weniger freundlich war als Sie, schenkte mir einen Skorpion zum Spielen, als ich kaum laufen konnte. Da mir sein Anblick mißfiel, zerschmetterte ich ihn mit einer Holzkugel. Meine Reaktion war nur instinktiv, aber die Erfahrung hat sich eingeprägt.« Die Amüsiertheit schwand. »Sie müssen lernen, mit Skorpionen zu spielen. Bartly ist der harmloseste.«
    »Und dieser sogenannte Garotte?«
    »Würde ich ihn kennen, Harry, wäre ich nicht hier.«
    »Nun, Wiedersehen...«, sagte Harry widerwillig. »Viel Glück.«
    »Ja. Ihnen auch.«
    Der Engländer zögerte. »Soll ich mich weiter um Lysistrata kümmern?«
    Ram lächelte ihn seltsam an. »Nein, aber das werden Sie doch ohnehin, oder?«
    Nachdem Harry gegangen war, starrte Ram an die rostige Wellblechdecke. Es schien, als hätte er doch Zeit, Harry hassen zu lernen. Vergeudung. Harry war ein guter Mann. Ein guter Mann, der mit Lysistrata zusammen leben, sie berühren, sie lieben, sie nehmen könnte. Er spürte, wie er erstarrte. Wie eine Leiche. Schon... aber nicht schnell genug. Er konnte mit Willenskraft sein Leben beenden: seine chinesischen Meister hatten ihn das gelehrt. All seine Gedanken von einer Frau abzuwenden sollte ganz einfach sein, aber es war nicht mehr so einfach. Er war verrückt wegen Harry geworden und noch mehr wegen Lysistrata. Solches Sehnen nach einem irdischen Geschöpf würde ihn nie ins Nirwana bringen. Die niemals endende Hölle, wenn sie denn existiert, erwartet dich, du Narr, in der flammenden Gestalt einer Frau.
    Harry fand rasch heraus, daß Ram hinsichtlich Bartly recht hatte. In der Hoffnung, Ram in ein britisches Militärhospital verlegen zu können, berichtete er Sir Anthony im Gouverneurs Palast. Er stellte fest, daß der über den Ausgang der Sittang Expedition in Hochstimmung war. Harry war zur Beförderung vorgeschlagen worden, Neuigkeiten, die er gelassen hinnahm. Bartly bemerkte es nicht. Er war so erregt wie ein Junge, der Schlachten mit seinen Bleisoldaten austrug und schien vergessen zu haben,

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