Rangun
Dah und hob ihn, als ein britisches Schwert ihn zerteilte. Harry trat den Banditen beiseite. Britisches Feuer trieb den Rest der Bande zusammen.
Die überlebenden Kämpfer waren Briten. Harry stieß einen Untergebenen beiseite, der Ram den Todesstoß versetzen wollte. »Zurück!« brüllte er. »Dieser Mann ist mein Gefangener!«
Hinabblickend sah er, wie Ram mit weißen Lippen vergeblich versuchte, den Speer herauszuziehen. »Hör auf damit, verdammt! Willst du den Rest schnitzen? Laß mich...« Er half Ram auf die Seite und betrachtete die aus dem Rücken ragende Speerspitze. »Halt aus, das wird höllisch weh tun.« Ram wurde steif, als Harry den Speer bis zum Schaft durchstieß. Harry brach den Schaft ab, zog die Spitze heraus und half Ram wieder, sich aufzurichten.
Rams Gesicht war schweißgebadet, und seine Augen schwarz vor Schmerz, als er zu dem Engländer aufblickte. »Sie tun mir... keinen Gefallen, Harry. Ich würde lieber... so enden, als an einem Strick.«
»Das ist für Lysistrata«, sagte Harry kalt. »Ich möchte, daß sie Sie hier als der Abschaum liegen sieht, der Sie sind, nicht als irgendein geheimnisvoller, prächtiger Gott. Danach sind wir quitt. Ich schulde Ihnen nur eine Eskorte zum Galgen.« Er zog den Schaft heraus und versuchte Rams kurzen, erstickten Schrei zu überhören, bevor er erschlaffte. Harry fühlte sich seltsam beschämt und riß Rams blutiges Hemd in Streifen, um die blutende Speerwunde zu verbinden. Er blickte auf das reglose Gesicht. »Trotzdem bist du ein Schurke, verdammt!«
Er trug Ram zu der Bahrenreihe, die der Feldarzt und seine Helfer für die verwundeten Briten bereitlegten. »Nicht hier«, sagte der Arzt barsch. »Zu denen.« Er deutete auf den Bambuskäfig mit dem Gefangenen auf einem Karren.
»So erreicht er Rangun nicht«, protestierte Harry. »Trennen Sie ihn wenigstens so lange von ihnen, bis er eine Überlebenschance hat.«
Der Doktor musterte Rams blutbefleckten Verband. »So wie der Blut verliert, ist er bereits tot.«
»Hören Sie«, warf Harry ein, ohne zu wissen warum, »Sir Arthur Bartly will diesen Mann lebend haben, um ihn wegen in Rangun begangener Verbrechen vor Gericht zu stellen. Das ist Richard Harley, der Sklavenhändler und Mörder.« Er senkte seine Stimme. »Er hat Sir Anthony zum Narren gemacht und ihn um viel Geld gebracht.«
»Oh, wenn das so ist, werde ich mich um ihn kümmern, sobald ich mit den kritischen Fällen fertig bin. Aber legt ihm Fesseln an«, der Doktor hob einen Finger, »ich will die Verantwortung für ihn nicht tragen.«
Als die erste Granate der Haubitze in das Fort brüllte, hatte Lysistrata ihr Gesicht in der Pritsche vergraben. Harry, der sich geweigert hatte, sich ihre Verteidigung Rams anzuhören, hatte sie hinter den britischen Linien in ein hastig errichtetes Zelt bringen lassen. Er schien wütender auf sie als auf Ram zu sein, und jetzt verstand sie, warum er meinte, daß Ram von Glück reden könne, wenn Boh Myin ihn gleich tötete. Beim gräßlichen Sausen der zweiten Granate eilte sie zum Zelteingang, sah aber nur, wie Rauch sich über dem Dschungel hob. Das Magazin explodierte und kappte Baumwipfel. Als sie herabstürzten, fiel sie in der schrecklichen Erkenntnis zu Boden, daß Ram sein Schicksal in derselben schrecklichen Einsamkeit vollenden würde, zu der er sein Leben lang verdammt gewesen war. Eine Hand schien ungestüm ihre Brust zu umklammern, ihr Atem und alle Hoffnung zu nehmen. Nach dem Kampf fand ein Fähnrich sie zwanzig Meter vom Zelt. Sie hatte fast den Verstand verloren.
...
KAPITEL 15
Garotte
Sei mir nahe,
wenn mein Glaube verdorrt
ALFRED, LORD TENNYSON
Lysistrata erwachte in Harrys Kabine an Bord der North Star, dem Dampfer, der die britische Expedition zum Unterlauf des Sittang gebracht hatte. Zum Glück war sie beim Transport auf einem der Kanus bewußtlos gewesen, als diese flußabwärts durch die gefährlichen Stromschnellen und Katarakte des Sittang zur North Star gefahren waren. Harry saß lesend in einem Sessel und hatte die Füße gegen die vibrierende Kabinenwand gestützt. »Verdammt«, flüsterte sie. »Verdammt, ihr alle.«
Er blickte stirnrunzelnd auf. »Wäre es Ihnen lieber gewesen, Boh Myin hätte Ihre Kehle durchgeschnitten?«
»Ja«, erwiderte sie heftig. »Gott, ja.«
»Wir waren in vielen Dingen nicht einer Meinung«, schnappte er, »aber bis jetzt habe ich Sie nie für eine Närrin gehalten.«
»Ihr Briten seid Narren, Harry. Sie haben einen unschuldigen
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