Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
Vom Netzwerk:
daß er nur Nadeln in eine Landkarte gesteckt und Material überwacht hatte. Er schritt unter dem Porträt von Lord Dalhousie auf und ab, dem Oberverwalter Indiens. »Heute in einer Woche wird der Prozeß stattfinden, und damit wird diese Sache geregelt. Ich nehme doch an, daß Lysistrata Herriott und ihr Vater Birma sofort verlassen werden?«
    »Ich denke, sie werden den Ausgang des Prozesses abwarten«, sagte Harry langsam.
    Sir Anthony schüttelte den Kopf. »Wenn das Mädchen nur eine Spur von Vernunft hat, wird sie schnellstmöglich aus diesem Chaos verschwinden.«
    »Wahrscheinlich haben Sie recht, Sir, aber die Dinge könnten noch chaotischer werden, wenn Harley nach seinem Aufenthalt im Gefängnishospital von Rangun vor Gericht tritt.« Er beschrieb die Zustände im Krankenhaus.
    Bartly winkte ab. »Der Mann hat seine Seite gewählt. Wenn er es vorzieht, bei den Einheimischen zu sein, lassen Sie ihn.«
    »Ist Ihnen je in den Sinn gekommen, daß Harley, äh, »reingelegt worden sein könnte?«
    »Warum sagen Sie das, Leutnant?« fragte Sir Anthony scharf.
    »Daß das Mädchen auf seinem Bett gefangen wurde, Sir, schien mir ein wenig zu offensichtlich zu sein. Das war die Tat eines Wahnsinnigen. Harley wirkt sehr normal.«
    »Sie vergessen, daß Harley ein Mischling ist, Leutnant«, sagte Sir Anthony kalt. »Diese Sorte ist für Emotionalität und Grausamkeit bekannt. Ich finde es überhaupt nicht seltsam, daß er sich einer unwichtigen Hure entledigt. Er glaubte, sie würde erst gefunden werden, nachdem er sicher untergetaucht war.«
    Bartlys Meinung von Sein war fragwürdig, aber Harry hielt die Frage für wichtiger, wer Sein für unwichtig halten mochte: Ram oder Bartly.
    Innerhalb von zwei Tagen spürte Harry den narbengesichtigen Naswral auf, der sich, wie Ram vermutet hatte, auf einer verlassenen Plantage wenige Kilometer nördlich von Rangun versteckt hielt. Masjid wurde wieder in den Haushalt der Herriotts geholt, als Leibwächter und um die Bürde von Lysistratas Genesung zu erleichtern. Durch Dr. Lighter bekam Harry einen Verteidiger für Ram. Daraufhin wurde er fast selbst entlassen.
    Er änderte sein Äußeres durch Bartstoppeln, eine Augenklappe und abgetragene Seemannskleidung und trieb sich in den Hafenkneipen herum. Wegen seines Akzentes zunächst unsicher, hielt er den Mund, hörte aber genau zu, während er den Trunkenbold spielte. Aber erst als er in ein schäbiges kleines Bordell an der Blackwater Street gelangte, hörte er den Namen Garotte von einer siamesischen Prostituierten, die opiumsüchtig war. Sie war von seinem Äußeren eingenommen, das - so schäbig es wirkte - im Vergleich zu ihren üblichen Kunden brillant war. Zu brillant. Denn als er wiederkam, schenkte ihm die javanische Madame ein falsches Lächeln und behauptete, das Mädchen sei krank. Wahrscheinlich lag sie irgendwo tot im Hafen, dachte Harry. Die winzigen Räume der Prostituierten waren durch Paravents abgetrennt. Er hatte leise zu sprechen versucht, aber das Mädchen war sorglos gewesen. Garotte, hatte sie ihm benommen erzählt, war tatsächlich der neue Opiumkönig. »Gieriges Schwein«, murmelte sie schwerfällig. »Er hat den Preis auf vierzig Kyat erhöht. Das verdiene ich nicht in einer Woche!«
    »Aber du scheinst genug zu haben«, stellte Harry fest, der neben ihr auf der Matte lag. »Du mußt heimliche Liebhaber haben, die Sklaven deiner Schönheit sind«, lockte er.
    Sie feixte ihn an. »Eifersüchtig, Engländer? Bring mir nächstes Mal fünfzig Kyat, und ich nehme dich vor allen anderen.«
    »Erzähl mir, wie man von Garotte Opium kauft, und ich gebe dir jeden Tag hundert Kyat, bis mein Schiff geht, kleine Orchidee. Ich hungere mehr nach Mohn als nach Opium.«
    Lachend umfaßte sie sein Stoppelkinn. »Und was ist mit Frauen, Seemann? Dein Gang wirkt nicht schlaff.« Drogenglänzende Augen spähten in sein klares Auge. »Und du siehst nicht so aus, als ob du Mohn nötig hättest.«
    »Ich war auf See. Als mein Vorrat erschöpft war, habe ich die Hölle durchgemacht.« Er spielte mit ihren Fingern. »Du willst doch nicht, daß ich wieder leide, oder?«
    »Glaubst du, ich sei weichherzig, weil ich eine Hure bin?« sträubte sie sich. »Meinst du, mein Kopf sei weich? Garotte würde mich mit meinem eigenen Haar erwürgen, wenn ich dich zu seinen Händlern schicke.«
    »Vielleicht kannst du's für mich kaufen.« Harrys Stimme klang verzweifelt. Er konnte ihr folgen, falls sie einwilligte.
    »Gut, Seemann.

Weitere Kostenlose Bücher