Rangun
Mann gejagt.« Sie lachte bitter. »Sind Sie nicht wegen Sir Anthonys Geldbeutel hier und aus Eifersucht? Mich heiraten, Gott, wie nobel von Ihnen.« Sie begann zu zittern. »Lieber würde ich eine Viper heiraten!« Ihre Stimme brach. »Er hat Ihnen Ihr Leben geschenkt, und Sie haben ihn ermordet!«
Harry schlug das Buch auf den Tisch. »Er ist der Mörder, Lysistrata. In Rangun war ich mir nicht sicher, aber doch, als ich Sie sah. Sind Sie so vernarrt in ihn, daß Sie ihm sogar verzeihen können, daß er Sie an Myin verkauft hat?«
»Er hatte mit den Morden in Rangun nichts zu tun«, ent-gegnete sie. »Er hat mich nicht entführt und auch nicht an Myin verkauft. Wäre Ram nicht gewesen, wäre ich Eigentum von Sir Anthonys Liebling, von Gopal Prasad.«
Harrys Augen verengten sich. »Prasad hat Sie entführt?« »Nein, aber er hatte keine Skrupel, mich zu kaufen.« Sie erzählte ihm kurz von der Entführung und der Auktion in Bangkok. »Ram brachte mich nur nach Khandahoor, weil er glaubte, ich hätte Sir Anthony auf ihn angesetzt.«
»Und warum hätten Sie das tun sollen?«
»Weil ich die Törin bin, für die Sie mich halten. Ich war wütend und drohte ihm, als er nichts mit mir zu tun haben wollte.«
»Und ich nehme an, daß er in all den Monaten in Khandahoor auch nichts mit Ihnen zu tun haben wollte?«
»Er hat mich nicht angerührt.«
»Sie lügen.«
»Was Sie glauben, ist jetzt unwichtig«, erwiderte sie müde.
»Für Ram ist es wichtig, falls er den Prozeß noch erlebt.«
Augenblicklich brach ihre abwehrende Haltung. »Er lebt?« Sie versuchte ihren Kopf vom Kissen zu heben.
»Er ist mit den Verwundeten auf der Barke hinter uns.« Als er Erleichterung in ihren Augen sah, fügte er hinzu: »Er bekam einen Speer in die Brust. Er wird's wahrscheinlich nicht bis Rangun schaffen.«
»Können Sie... wollen Sie ihm überhaupt helfen?« Ihre Augen bettelten jetzt.
»Ich sorge dafür, daß er nicht mißhandelt wird, bis er das Gefängnis erreicht.«
»Harry, er ist nicht, wofür Sie ihn halten. Sie müssen mir glauben.«
»Können Sie etwas beweisen, Lysistrata? Sie wissen nur, was er Ihnen erzählt hat... und er ist ein perfekter Lügner.«
»Harry, er hatte mehr Grund mich zu töten, als jeder andere, aber er tat es nicht. Und warum sollte er ein kleines Vermögen für mich bezahlen, wenn er mich zuvor entführt hätte? Prasad kann die Sklavenauktion bezeugen, wenn Sie ihn dazu bringen zuzugeben, daß er dort war. Ram wollte mich zur Mission in Lashio bringen, als Myins Männer Khandahoor niederbrannten und mich raubten.«
»Und was ist mit den britischen Offizieren, die er im Shan tötete?«
»Das ist sein Land, Harry, nicht das Ihre, und Sie stehlen es. Wollen Sie ihn hängen, weil er seine Heimat verteidigt?«
»Ich vielleicht nicht, aber Sir Anthony ist weniger sentimental. Warum war Ram bei Boh Myin?«
»Er bot ihm die Rani an, wenn er mich laufen ließe.« Sie starrte auf das Schott. »Warum, weiß ich nicht. Ich weiß, daß Boh Myin seinen Tod wollte. Er beging Selbstmord, als er sich Myin auslieferte. Niemand rechnete damit, daß ihr Briten mit dem Lösegeld kommen würdet. Boh Myin wollte mich töten. Was immer Rams Motive waren - er versuchte mein Leben zu retten, indem er das seine riskierte.«
Als Harry nichts sagte, bedeckte sie müde ihre Augen. »Warum rede ich überhaupt? Ihr Briten werdet Ram benutzen, wie ihr es immer getan habt, nur diesmal als Sündenbock. Ich wette, niemand hat gefragt, wer sonst von seinem Ruin profitieren könnte, ebensowenig wie jemand nachgeforscht hat, wer mich verschwinden lassen wollte.« Sie blickte ihn scharf an. »Nun? Wie weit kam Papa mit seinen Ermittlungen, bis Ram so überzeugend der Öffentlichkeit als Bösewicht dargestellt wurde?«
Harry schilderte freimütig, wie Sein und die anderen Frauen gefunden worden waren.
Lysistrata lachte kurz. »Von all diesen Leuten sollten Sie Ram doch besser kennen. Sein half, sein Leben vor der Cholera zu retten. Wie Sie wissen, dankt er Leuten, die ihm Gefallen erweisen, und ein so gefühlloser Mörder ist er nicht. Ich habe ihn töten sehen.«
Ungewollt lauschte Harry ihrer Stimme, da ihm die Gegenargumente ausgingen. Ihre erste Frage hallte nagend in seinem Hirn. »Warum wollen Sie seinen Tod? Ist es Eifersucht?« Er konnte sich nicht vorstellen, daß irgendein Mann das ablehnen würde, was Lysistrata Ram geboten hatte, wie sie zugab. Gleichgültigkeit hatte Ram nicht dazu gebracht, sie so lange auf
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