Rangun
allein getroffen?«
»Niemals.«
»Sind Sie sicher?«
»Meine Tochter hätte das erwähnt. Sie wußte, daß ich seine Besuche schätzte.«
»Und sie... schätzte seine Besuche?«
»Nein. Sie ging potentiellen Freiern damals aus dem Wege.«
»Für kurze Zeit war sie aber in der Gesellschaft sehr beliebt und hatte viele Verehrer.«
»Mr. Harley war nicht darunter.«
»Waren sie je allein zusammen?«
Dr. Herriott sah ihn kalt an. »Meines Wissens nur einmal und mit meiner Erlaubnis.«
»Würden Sie die Umstände schildern, Doktor?«
Herriott beschrieb den Ausflug zur Insel kurz.
Triton lächelte skeptisch. »Sie sind sehr vertrauensvoll, Sir. Vertrauten Sie Harley auch noch nach dem Verschwinden Ihrer Tochter?«
»Nein«, erwiderte Herriott langsam. Er blickte zu Ram, doch dessen Gesicht war nur mitleiderweckend.
»Warum nicht?«
»Ich war bereit, nach jeder Spur ihres Aufenthaltsortes zu greifen. Alles wies auf Harley hin, aber...«
»Warum halten Sie ihn jetzt für unschuldig?«
»Meine Tochter erklärte...«
»Sie erklärte... und das Gericht weiß, daß Sie ein wahrheitsliebender Vater sind.«
Leacock tat, was er konnte, aber Lysistrata wußte, daß Triton sich jetzt auf sie stürzen würde. Sie hatte recht. Triton rief sie in den Zeugenstand. Er begann: »Miß Herriott, als Sie in Harleys Gewahrsam waren, hat er sie da eingesperrt?«
Lysistrata wirkte beleidigt. »Ich hätte Khandahoor jederzeit verlassen können.«
»Durch Kilometer fast undurchdringlichen Dschungels?«
»Mr. Harley bot mir an, mich zu begleiten.«
»Er und einige seiner Söldner.«
»Das nehme ich an.«
»Wie viele Männer hatte er?«
»Bedenkt man die Größe Khandahoors, sehr wenige«, erwiderte sie ausweichend, da sie ahnte, worauf er hinaus wollte.
»Wie viele genau?«
»Ich habe sie nie gezählt.«
»Würden Sie sagen, mehr als zehn?«
»Das nehme ich an«, sagte sie langsam.
»Zwanzig?«
»Vielleicht.«
Verärgert machte er weiter. »War Khandahoor befestigt?«
»Es gab Posten. Die Shan-Stämme waren eine ständige Gefahr.«
»Und die Briten? Waren sie keine Gefahr für Mr. Harley?«
Sie lächelte milde. »In den Shan gibt es keine Briten, Sir Oliver. Jeder weiß das.«
Ärgerlich sagte er scharf: »Wenn Sie nach Hause gehen konnten, warum sind Sie so viele Monate in Khandahoor geblieben, ohne Ihren Vater zu informieren?«
»Es war gefährlich, nach Rangun zurückzukehren. Diejenigen, die mir Böses wollten, hätten eine Nachricht an meinen Vater abgefangen.«
»Die Ihnen Böses wollten?« Er lächelte tolerant, als sei sie ein törichtes Kind. »Und wer sollte das sein?«
»Wenn Sie's hören wollen, Sir Oliver«, sagte sie kühl, »die Liste umfaßt mehrere Ihrer prominentesten Klienten.«
Verwirrt machte er einen Rückzieher. »Ohne Beweis ist das unwichtig. Ich nehme an, Sie haben keinen?«
»Im Augenblick nicht«, räumte sie ein.
Er musterte sie lange, bevor er fragte: »Wie würden Sie das Leben auf Khandahoor beschreiben, Miß Herriott?«
»Als eher langweilig, wenn man nicht meditierte.«
»Und aus Langeweile hatten Sie eine Affäre mit Harley?«
»Einspruch!«
»Ich muß der Glaubwürdigkeit dieser Zeugin sicher sein, Euer Ehren. Wenn sie aus lüsterner Zuneigung zu Harley lügt, ist ihre ganze Aussage anzuzweifeln.«
»Beantworten Sie die Frage, Miß Herriott.«
»Meine Jungfräulichkeit ist so unversehrt, wie sie es war, als Mr. Harley und ich uns auf dem Ball im letzten Februar kennenlernten. Wie viele der Damen und Herren, die den Ball besuchten, zustimmen werden, trat ich nicht als Femme fatale auf.«
»Es geht nicht um Ihr Auftreten. Waren Sie noch Jungfrau, als Sie Mr. Harley kennenlernten?«
»Einspruch!«
»Abgelehnt«, sagte Richter Parke-Allis widerwillig. »Sir Oliver, kommen Sie zur Sache.« Mit weicher Stimme sagte er: »Miß Herriott, Sie müssen die Frage beantworten.«
Ram saß weiß wie ein Stein da.
Lysistrata hatte lügen wollen. Eine Lüge wäre so leicht. Für ein Prinzip wollte sie Ram nicht opfern. Doch wenn sie log, wurden sie und Ram Teil der größeren Lüge von Bigotterie. »Ich war keine Jungfrau«, antwortete sie.
Leacock seufzte innerlich.
»Hatten Sie eine Affäre mit Harley?«
»Er hat mich nicht verführt. Er wollte nichts. Er mied mich.«
»Er mied Sie?«
»Ja.« Sie hörte das Krächzen wie aus großer Ferne. Was bevorstand, war Rams Ende. Sie haßten ihn, weil er von einer ihrer Frauen begehrt worden war, einer, die sie einst verehrt
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