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Rasant und Unwiderstehlich

Rasant und Unwiderstehlich

Titel: Rasant und Unwiderstehlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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war nicht Julian, sondern jemand, der viel, viel kleiner war.
     
    Für das feierliche Abendessen zu Ehren der jungen Waverly-Interessenten hatte sich der Speisesaal offenbar von einer nüchternen Kantine in ein Fünf-Sterne-Restaurant verwandelt. Die untergehende Sonne schimmerte durch die farbigen Glasfenster und warf bunte Muster auf die weißen Leinentischtücher. Obwohl sich Tinsley durch die Anwesenheit der ganzen albernen Anwärter gestört fühlte – Chloe einmal ausgenommen -, war sie doch beeindruckt, dass sich Marymount ihnen zu Ehren so verschwenderisch zeigte. Sie blieb in der Tür stehen, zum einen, um die wundersam verwandelte Kantine zu bewundern, zum anderen aber auch, um allen Anwesenden die Gelegenheit zu geben, sie so ruhig und gelassen wie immer zu sehen, trotz Marymounts Droh-Mail.
    Verschwunden waren die Pizzatheke und die Salatbehälter – sogar die Getränkespender waren zurückgeschoben und zur Wand gedreht worden. An ihrer Stelle stand nun ein schwindelerregendes Aufgebot an Servierpersonal bereit, in gestärkten weißen Hemden, schwarzen Hosen und weißen Handschuhen. Fast hätte Tinsley einen der Kellner umgerannt, der ein Tablett mit Canapés trug. Hoppla! Hatte Marymount sich sogar zu Hors d’oeuvres hinreißen lassen? Wenn es darum ging, Waverlys finanzielle Zukunft zu sichern, war der Dekan offensichtlich nur zu bereit, tief in die Kasse zu greifen. Jemand hatte sich sogar die Mühe gemacht, ein Schild am Eingang aufzuhängen, auf dem in Schönschrift MOBILTELEFONE STRENGSTENS UNTERSAGT zu lesen war
    Tinsley erschien als eine der Letzten im Speisesaal, aber das war ganz ihre Absicht. Sie spürte die Blicke aller auf sich, als sie in ihrem schwarzen Babydollkleid von Chanel und den schwarz gemusterten Strümpfen aufreizend durch den Saal schritt, und keinem etwas anderes übrig blieb, als an den Körper unter dem Stoff zu denken.
    Eine der langen Tafeln bei dem riesigen gemauerten Kamin – in dem ironischerweise ein großer Stapel Holz angezündet worden war, wie Tinsley bemerkte – war von Sage, Benny und Konsorten in Beschlag genommen worden. »Schickes Kleid, T.«, flüsterte Benny, als Tinsley an ihr vorbeiging.
    »Danke«, sagte Tinsley in normaler Lautstärke. Erst da bemerkte sie, wie leise es in dem riesigen Saal war. An jedem Tisch wurden die Köpfe zusammengesteckt, und leises Gemurmel lag in der Luft, als fürchtete jeder, dass zu lautes Sprechen irgendwie einem Schuldeingeständnis gleichkam. Am anderen Ende des Tisches entdeckte sie Callie, die ihren rötlich blonden Schopf Easy zugeneigt hatte, der ihr praktisch auf dem Schoß saß. Nehmt euch doch gleich ein Zimmer , dachte Tinsley und kicherte stumm in sich hinein. Callie hob eine ihrer blonden Augenbrauen, klopfte mit der Hand auf den Stuhl neben sich und bat Tinsley mit dieser Geste herüber.
    Tinsley zwängte sich an den anderen Eulen vorbei zu Callies Tischende, wo Heath gerade eine der Kellnerinnen zu überreden versuchte, ihr Tablett mit Hors d’oeuvres vor ihm abzustellen. Hinter Tinsley erhob sich Geflüster und sie lächelte stumm vor sich hin. Es machte ihr nichts aus, dass man sie als Verdächtige im Miller-Brand bezeichnete – jeder, der einmal Agatha Christie gelesen hatte, wusste, dass der Schuldige am Ende immer die am wenigsten verdächtige Person war. Jemand wie die kleine Jenny Humphrey zum Beispiel. Keiner konnte sich vorstellen, dass diese putzigen Ein-Meter-Fünfzig eine Scheune anzünden könnten. Wenn sie am Ende jedoch wegen Brandstiftung von der Schule flog, würden sich alle fragen, warum sie eigentlich nicht schon früher auf sie als Täterin gekommen waren.
    »Gelungener Auftritt«, zischte ihr Callie kaum hörbar zu. »In ungefähr zwei Minuten fängt Marymount mit seiner Rede an.«
    Tinsley glitt auf den unbequemen Eichenstuhl, den Callie ihr reserviert hatte. »Ohne mich würde er schon nicht anfangen«, flüsterte sie grinsend zurück.
    Weiter unten an der Tafel hatte Brandon Buchanan eine Nachricht auf eine Serviette gekritzelt und versuchte nun, sie jemandem an Tinsleys Tischende zuzuschmuggeln. Instinktiv riss Tinsley die Serviette an sich und behielt sie. Brandon, schick herausgeputzt in einem vorbildlich gebügelten Armani-Hemd samt Krawatte, grinste ihr höhnisch zu, als wolle er sie herausfordern, die Nachricht zu lesen. Sie faltete die Serviette auseinander. Glaubst du, sie war’s? , stand da in Brandons überraschend krakeliger Handschrift. Tinsley streckte ihm die Zunge

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