Rasende Leidenschaft
sein Handy zurück. „Gibt es noch einen anderen Weg? Könnten wir nicht diesen Highway verlassen und eine andere Strecke nehmen?“
„Die könnte noch voller sein“, meinte Vladimir. „Sie müssen zu Vorsprechtermin, richtig?“
„Ja.“
Er drehte sich um und sah sie an. „Sie geben mir Namen und Nummer von Produzenten, ich bringe Sie rechtzeitig hin.“
War das nicht in gewisser Hinsicht Erpressung? Angehende Schauspieler mussten hier offenbar zu verzweifelten Maßnahmen greifen. „Einverstanden“, sagte sie. „Aber ich schreibe sie Ihnen auf und lasse sie auf dem Sitz liegen, wenn ich aussteige. Falls jemand fragt, erwähnen Sie nicht meinen Namen. Abgemacht?“
„Ich kenne Ihren Namen nicht“, erinnerte er sie.
„Na fein, dann sollten wir beide von der Sache profitieren.“
Vladimir schaffte es tatsächlich, sie in knapp einer halben Stunde zum Studio zu bringen, indem er die nächste Ausfahrt nahm und sich durch das Labyrinth der viel befahrenen Straßen schlängelte. Hayley bezahlte ihn mit dem Geld, das sie von ihrem Agenten bekommen hatte, dann lief sie mit ihrem Gepäck eilig durch die Doppeltür des schlichten zweistöckigen Gebäudes auf dem Studiogelände.
Die Rezeptionistin deutete auf ein langes Sofa, und Hayley setzte sich. Das Büro war mit Fotos der Sendungen geschmückt, die das Studio produziert hatte. Genau wie bei ihrer Sendung in Australien handelte es sich hier um eine Serie, von der jede Woche eine Episode gezeigt wurde. Sie spielte in einem amerikanischen Krankenhaus und hatte für drei der Hauptdarsteller schon zu einer Kinokarriere geführt.
War das wirklich das, was sie wollte? Sie erinnerte sich an den herrlich einsam am Strand gelegenen Bungalow auf der Insel, in dem sie mit Teague gewohnt hatte. Das alles kam ihr jetzt in dieser riesigen, lauten Stadt voller Smog wie ein Traum vor.
Sie schloss die Augen und stellte sich Teague im Bett vor, nackt zwischen den Laken, mit zerzaustem Haar. Das war es, was sie wollte: Teague, nackt und erregt, seine Lippen auf ihren, während er mit seinen starken Händen ihren Körper erforschte und das Feuer der Lust in ihr entfachte. Sie wollte abends ins Bett gehen in der Gewissheit, dass er am nächsten Morgen da sein würde. Sie wollte über die kleinen Dinge des Alltags mit ihm reden, und sie wollte von ihm hören, dass er sie immer liebte, komme, was da wolle.
War das nicht genau das, wovor sie in ihrem bisherigen Leben stets davongelaufen war? Hatte er ihr nicht genau das angeboten? Warum erkannte sie das nun, da sie Meilen von ihm entfernt war, plötzlich mit so deutlicher Klarheit? Sie legte unwillkürlich eine Hand auf ihre Brust, denn sie verspürte eine beängstigende Leere im Herzen. Obwohl sie sich etwas anderes einzureden versucht hatte, war sie nicht mehr dieselbe.
Die Vorstellung, Teague zu lieben und ihn vielleicht irgendwann doch zu verlieren, machte ihr keine Angst mehr, denn alles Wichtige im Leben war niemals ohne Risiko zu haben. Angst hatte sie vielmehr davor, keinem Menschen mehr zu begegnen, der sie so verstand wie Teague. Hatte sie ihre wahren Gefühle nur deshalb ignoriert, weil sie aus ihrer Teenagerzeit herrührten?
Eine Schwärmerei unter Teenagern hätte wahrscheinlich nicht bis ins Erwachsenenalter gehalten, doch was sie füreinander empfanden, hatte die Zeit überdauert. Sie liebten sich immer noch.
„Närrin“, flüsterte Hayley.
Sie stellte fest, dass die Rezeptionistin sie argwöhnisch beobachtete. „Geht es Ihnen gut?“
„Nein“, antwortete Hayley und stöhnte.
„Sind Sie krank?“
Sie schüttelte den Kopf und stand auf. „Ich glaube nicht. Können Sie mir bitte ein Taxi rufen? Ich muss los.“
„Aber Sie haben noch gar nicht mit Mr. Wells gesprochen.“
„Ich weiß, und ich möchte es auch nicht mehr. Richten Sie ihm meinen Dank für die Chance aus. Ich bin am amerikanischen Fernsehen nicht interessiert, denn ich will nicht in Amerika leben. Es ist einfach zu weit weg.“
„Sind Sie sicher?“
Hayley lächelte. „Ja, das bin ich. Nie zuvor in meinem Leben war ich mir einer Sache so sicher. Ist das nicht verrückt? Erst vor wenigen Tagen habe ich ihn verlassen, und jetzt kann ich an nichts anderes denken, als zu ihm nach Hause zu kommen.“
Die Rezeptionistin lächelte ebenfalls. „Oh, ich verstehe. Es ist Liebe, nicht wahr?“
„Ja! Ich will nicht hier leben, während er dort lebt. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich in Sydney wohnen will, schließlich trennen uns
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