Rashminder Tage 01 (German Edition)
heißer Suppe und körperlichem Einsatz zum Zwecke gegenseitiger Wärmung und Befriedigung zwischenmenschlicher Bedürfnisse beschäftigt gehalten hat, sodass es wirklich schon sehr spät war, als ich die Möglichkeit gehabt hätte, mich mit Freude und Pflichtbewusstsein dem Dach zu widmen.
Ich stimme meinem Partner zu – erwähnte ich meine tief empfundene, ja glühende, alles verzehrende Wertschätzung? – dass ich gut daran getan hätte, eben dies zu tun. Nämlich das Dach mit den bekanntermaßen altersschwachen Schindeln von seiner allzu schweren Last zu befreien, statt mich mit einem Viertelstündchen geistiger Übungen zur Erweiterung meiner mangelnden Bildung und Linderung des Problems meines lückenhaften Wissens in viel zu vielen Bereichen der noblen Wissenschaften aufzuhalten und anschließend zu schlafen.
Möglicherweise wären die langen Stunden der Nacht dazu angetan gewesen – angetan im Sinne von geeignet sein, nicht von Entzücken – so drei bis fünf von ihnen dem gefährlichen Unterfangen zu weihen, auf besagtes Dach zu klettern. Und das, obwohl bereits neuer Schnee fiel, und zwar in hohen Mengen. Wie schon seit vierzehn Tagen, möchte ich an dieser Stelle anmerken, falls das genehm sein sollte.
Vierzehn Tage, die ich zu einem Gutteil damit verbracht habe, meinen schwächlichen Körper mit der Umschichtung von weißen, unschuldig glitzernden, aber doch so tödlich kalten und unglaublich schweren Bergen geballter Schneeflockenmassen zu stählen.
Vielleicht hat mein Partner, dem ich die Tiefe und Grenzenlosigkeit meiner an Verehrung grenzender Wertschätzung gar nicht häufig genug versichern kann, die überaus große Güte anzuerkennen, dass meine für solch harte Arbeit wenig geeigneten Muskeln von Kopf bis zum Fuße schmerzen, die Kälte bereits dauerhaft im Mark meiner Knochen angesiedelt ist und meine Finger, die sich besser zum Blättern von Buchseiten als zum Umklammern einer Holzschaufel eignen, nicht nur von Frostbeulen, sondern auch akuter Bildung wassergefüllter Blasen bedroht sind. Etwas, was beim Blättern von Buchseiten ebenso hinderlich sein kann wie beim Beseitigen von eben jenen allzu lästigen nassklebrigen Himmelsdaunen, die uns dieses Jahr anstelle von Sommerhitze, Bienchen und Blumen so übereifrig beehren.“
Kaiden war Schritt für Schritt zurückgewichen, als er sich in seinem eigenen Geplappere verlor, während Eryk Schritt für Schritt auf ihn zugekommen war. Das Gesicht seines Liebsten war eine einzige finstere Drohung: Die blaugrauen Augen, die ihn zornig fixierten, wirkten beinahe schwarz, der Mund war ein schmaler Strich der Missbilligung, die Kiefer hart zusammengepresst. Er wusste, dass Eryk ihn niemals absichtlich verletzen würde, und dennoch packte ihn jedes Mal aufs Neue Panik, sobald der ihn auf diese Weise anstarrte. Tief in seiner Kindheit verwurzelte Ängste, Erinnerungen an Schmerz und Einsamkeit regten sich. Angst, verstoßen zu werden von jenen, die er liebte und dafür mit Schlägen, Hunger und Kälte gequält zu werden. Er hatte nie die gewaltsame Trennung von seiner Familie überwunden, auch wenn er Meister Torgen mittlerweile vergeben konnte. Eryk drängte ihn an die Wand, die Hände rechts und links neben seinem Kopf. Kaiden wollte weiterplappern, aber er zitterte mittlerweile zu stark. Schon oft hatte sein Geliebter ihn in diese Position gebracht, Eryk mochte es, ihn zu dominieren. Dieser verfluchte Krieger wusste zu genau, wie er ihn niederringen konnte, ohne ein Wort zu sagen. Das war unfair! Krampfhaft versuchte Kaiden, sich unter Kontrolle zu bringen. Seine Angst nicht zu zeigen und das, was diese spezielle Angst vor genau diesem Mann bei ihm auslöste.
Eryk genoss den Anblick von weit aufgerissenen moosgrünen Augen und das Gefühl des warmen, bebenden Körpers, den er gefangen hielt. Kaiden hatte dankenswerterweise endlich aufgehört, Unsinn zu reden, trotzdem fixierte er ihn weiterhin starr. Dieser Kobold von einem Magier sollte sich nicht einbilden, er könnte ihn mit endlosem, hochgeschraubtem Geschwätz beeindrucken! Er wusste, dass Kaiden sich in den letzten Tagen verausgabt hatte, aber Eryk hatte keineswegs in dieser Zeit in der Stube vor dem Feuer gesessen und Däumchen gedreht. Der Hauptgrund, warum die Magiergilde nicht einfach mit ihren unheiligen Kräften in das Wettergeschehen eingriffen oder auf andere Weise fähig waren, dem Schnee Herr zu werden, war ein merkwürdiges Phänomen, das Eryk nicht so ganz verstand. Wie es
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