Rashminder Tage 01 (German Edition)
Wange, Hals und Schultern, wie bloß er es konnte. Es beruhigte ihn, genauso wie Eryks langsamer Herzschlag unter seinem Ohr. Erstaunlich, wie beherrscht sein Liebster in dieser Lage sein konnte. Nach all dem, was sie in den letzten Tagen durchgemacht hatten, grenzte es sogar an ein Wunder. Kaiden schloss die Augen und ließ seine Gedanken zurückwandern. Vielleicht konnte er es begreifen, wenn er es in Ruhe überdachte …
~~*~~
Einige Tage zuvor…
„Du warst dran!“
„Vergiss es. Wir haben Neumond, das heißt, diese und nächste Woche bist du zuständig. Danach bin ich wieder dran.“
„Es hätte bereits gestern erledigt werden müssen, und da warst eindeutig du an der Reihe!“
Eryk verschränkte die Arme vor der Brust und musterte ihn streng. Kaiden wusste, er sollte jetzt besser eine Entschuldigung murmeln, alle Schuld auf sich nehmen und dann weitermachen, um den Schaden zu beheben. Denn ja, er hätte durchaus gestern schon die unliebsame Aufgabe übernehmen sollen, den Schnee vom Dach zu fegen. Die Magiergilde hatte gemeinsam mit dem Stadtrat jede Art von Magie in der Öffentlichkeit verboten, wenn kein Notfall vorlag. Man hoffte wohl, damit den Anschein zu erwecken, die Lage unter Kontrolle zu haben. Naxanders Eskapaden hatten die braven Bürger von Rashmind verschreckt – sie waren bemerkenswert gleichgültig gegenüber politischen Verwicklungen und Bedrohungen aller Art, doch das Gerücht, dass Naxander die Königin töten wollte, hätte beinahe zu einer Revolte und schweren Übergriffen auf Zauberer geführt. Das war allerdings nur der vorgebliche Grund für das Magieverbot …
Eigentlich näherten sie sich gerade dem Frühsommer, aber der Winter war gnadenlos zurückgekehrt, und das mit solcher Härte, dass sie aus dem Schneeschippen fast nicht mehr herauskamen. Ein wenig Nachlässigkeit hätte bedeutet, in Windeseile vollständig eingeschneit zu werden. In regelmäßigen Abständen mussten auch die Dächer freigeräumt werden, damit sie unter den Lasten nicht nachgaben.
Genau das war nun geschehen, da Kaiden gestern schlicht zu müde gewesen war. Zum Glück handelte es sich lediglich um einen kleinen Bruch der bereits ziemlich alten Dachschindeln, die Balken hielten bislang stand.
Ja, es wäre klug, sich jetzt nicht zu zanken oder mit Schuldzuweisungen aufzuhalten, sondern einfach ans Werk zu gehen. Kaiden wusste, wenn er lieb genug bettelte, würde Eryk ihm selbstverständlich zur Hand gehen. Doch er hatte keine Lust auf Vernunft und ärgerte sich über sich selbst, dass er seine Faulheit mit Extraarbeit zahlen musste. Außerdem war es ein dummes Abkommen, das sie da geschlossen hatten, es gab viel zu viel Schnee, um sich zwei volle Wochen lang allein um das Haus zu kümmern. Wenn er allerdings vorschlug, dass sie von nun an gemeinsam schaufeln sollten, bestrafte er sich gleich doppelt. Also verschränkte er ebenfalls halsstarrig die Arme vor der Brust und funkelte Eryk unerschrocken an. Zeit, sich auf das zu besinnen, was er am besten konnte: Reden!
„Wie mein wertgeschätzter Partner sich vielleicht zu erinnern beliebt, habe ich allein gestern Morgen vier Stunden damit zugebracht, unser Haus freizuschaufeln.
Wie er sich vielleicht weiterhin beliebt zu erinnern, hatte ich danach ein Treffen mit meinem Meister, um meine kostbaren Bücher unterzubringen – er weiß schon, das Schmelzwasser in meinem Studienraum – und musste zudem unter anderem ein Kind retten, das unter einem Schneehaufen verschüttet wurde UND ich hatte die gesamte Schmutzwäsche am Hals, da ich zusätzlich zum Schneeschippen auch noch die Waschwoche hatte. Ganz zu schweigen von dem Sühnemarsch zur Gilde, nachdem ich verbotenerweise einen ungenehmigten Wärmezauber in der Öffentlichkeit gewagt hatte, um das halb erfrorene Kind aufzutauen, sowie der Erweiterung meiner Genehmigung für Suchzauber zu eben jenen Zwecken. Also, der Suche nach verschütteten Personen. Überflüssig zu erwähnen, dass ich dutzende verschüttete Personen aufzuspüren hatte? Und mitgeholfen habe, sie nach dem Aufspüren auszugraben? Will er womöglich wissen, für wie viele Menschen die Hilfe zu spät kam, bloß weil ich zwei Stunden beim Stadtrat verschwenden musste?
Wie sich mein inniglich wertgeschätzter Partner vielleicht erinnern möchte, war es bereits dunkel, als ich wieder heimkehren durfte und vielleicht möchte er sich – aber nur, wenn er Zeit dafür erübrigen kann! – klar machen, dass er mich danach mit
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