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Rasmussens letzte Reise: Roman (German Edition)

Rasmussens letzte Reise: Roman (German Edition)

Titel: Rasmussens letzte Reise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Jensen
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in Godthåb, dem letzten Hafen, den das Schiff vor der Heimreise nach Kopenhagen anlief.
     
    Dreiundzwanzig Jahre zuvor hatte Carl hier überwintert, und zu seiner Überraschung herrschte so viele Jahre später noch immer derselbe Verwalter über die Gegend. Berendtsen hatte sich so gut wie nicht verändert. In all den Jahren war er lediglich einmal in Dänemark gewesen. Nach dem Tod seiner damaligen Ehefrau Cornelia Berendtsen, geborene Lind, an die sich Carl vor allem wegen ihrer Freudlosigkeit erinnerte, hatte Berendtsen sich auf eine Reise nach Kopenhagen begeben, um eine neue Frau zu finden. Obwohl er in den Augen der meisten Frauen nicht mehr zu bieten hatte als Eis und Kälte, hatte seine Brautfahrt doch ein glückliches Ende gefunden: Berendtsen war mit einer Lebensgefährtin zurückgekehrt, die über eine deutlich robustere Gesundheit verfügte als seine erste Frau. Cornelia Berendtsen lag in der schönsten Einfriedung des Friedhofs der Kolonie, im Winter unter mehreren Metern Schnee, im Sommer unter einem blühenden Flor aus Erika, weißen Sternblumen und gelbem Löwenzahn. Gertrud Berendtsen hingegen war ebenso groß und schwer wie ihr Gemahl und schien wie er ein behagliches Leben zu schätzen, wenn man einmal vom Klima absah.
    Berendtsen erkannte Carl sofort wieder. Viele dänische Gäste kamen nicht in die Handelsniederlassung, und seit Carls Überwinterung vor mehr als zwei Jahrzehnten hatte an Malern lediglich Carl Locher Godthåb besucht.
    »Na, ein bisschen haben wir uns schon verändert«, begrüßte ihn Berendtsen und schüttelte Carls Hand mit einer mechanischen Beharrlichkeit, als erwartete er, dass aus irgendeiner verborgenen Öffnung Carls Wasser fießen würde. Der Verwalter trug einen Anorak und Hosen aus Robbenleder.
    »Die Haare durften wir ja Gott sei Dank beide behalten. Tja, die Natur ist weise. Sie sorgt dafür, dass unsere Ohren warm bleiben.«
    Er lächelte Carl an und schlug ihm jovial auf die Schulter.
    »Und der Bart. Ihrer ist dichter geworden. Meiner auch. Wir Menschen sind ja nichts anderes als Tiere, und genau wie Tiere verstehen wir es, uns den Verhältnissen anzupassen; darum lassen wir uns hier hoch oben im Norden eine Art Winterpelz wachsen.«
    Dann trat er einen Schritt zurück und breitete die Arme aus.
    »Willkommen. Während Ihres Aufenthalt in Godthåb sind Sie selbstverständlich unser Gast.«
     
    Die Mahlzeiten bei Berendtsens waren reichlich. Es gab Lammbraten, Schneehuhn, Rentierfeisch und Fisch. Abgesehen vom Fisch wurde zu allen Gerichten eine kräftige braune Soße serviert, und angesichts der überfießenden Teller musste Carl an seinen letzten Besuch bei Berendtsen zurückdenken.
    »Ich habe jetzt übrigens einen ausgezeichneten grönländischen Koch«, bemerkte Berendtsen, als hätte er Carls Gedanken gelesen. »Nur Soße kann er nicht. Aber das kann man von so einem halbwilden Burschen auch nicht verlangen. Soße ist nur etwas für zivilisierte Menschen. Er heißt Moses. Ich sage ihm immer, dass er seinem Namen entspricht. Denn Moses konnte das Wasser teilen, und mein Moses kann das Gleiche, wenn’s um die Soße geht.«
    Der Leiter der Handelsniederlassung lachte dröhnend über seinen eigenen Witz und bedachte dann seine Frau mit einem anerkennenden Blick.
    »Aber Gertrud, sie versteht ihr Handwerk«, sagte er zufrieden und schnalzte mit seinen feischigen Lippen.
    Berendtsen hatte endlich das Glück gefunden. Eine Frau, die braune Soße kochen konnte.
    Carl entschuldigte sich mit Hinweis auf seinen empfindlichen Magen.
    »Nee, so etwas habe ich ja noch nie erlebt! All das gute Essen!«
    Frau Berendtsen schlug entrüstet die Hände zusammen. Sie war jemand, der nötigte und jede Ablehnung als persönliche Kränkung empfand, auch nach der dritten Portion.
    »Es geschieht auf ärztlichen Rat.«
    »Na ja, der medizinischen Wissenschaft müssen wir uns wohl beugen.«
    Berendtsen warf seiner Frau einen Blick zu.
    Nach dem Abendessen unternahmen sie einen Spaziergang. Berendtsen schlug noch immer dieselbe fünfzehnminütige Route ein wie vor dreiundzwanzig Jahren. Er nannte es seine Gesundheitspromenade, mit einem Eifer in der Stimme, als wäre ihm eben dieses Wort eingefallen. Hinterher wurde Carl zum Rauchen in dasselbe Zimmer im ersten Stock eingeladen, wo sie auch damals ihre rituellen Plauderstündchen abgehalten hatten.
     
    Carl ging hinauf zu der weiß gestrichenen Holzkirche, deren Kuppel Godthåbs Wahrzeichen war. An einer der Wände hing sein

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