Rasputins Erbe
kleine und mittelgroße Liebeskugeln, die verhängnisvollen Kerzen in diversen Größen und Längen und unzählige metallische Gegenstände, die Julia beim Überfliegen des Inhalts nicht weiter einordnen konnte.
Sie drehte sich zu Alexej um und in der Hand hielt sie die Packung Zigaretten, die sie ebenfalls in der Schatulle gefunden hatte. „Und was ist DAS hier? Sind das Schokoladenzigaretten? Willst du mich verarschen?“
Je schwächer Alexej wurde, desto wütender wurde Julia. Er hatte jetzt nicht den Kopf einzuziehen. Er sollte für seine Taten geradestehen. Alexej fasste sich an den Schläfe, denn er spürte, dass Blut daran herablief.
Julia verdrehte die Augen und gab ein kurzes, höhnisches Lachen von sich. „Als nächstes willst du mir wohl erzählen, dass dich wirklich jemand KO gehauen hat, oder? Ich fasse das nicht“, sagte sie. Mehr zu sich selbst als zu Alexej fügte sie erneut hinzu: „Wie kann man nur so blöd sein.“
Und mit diesen Worten machte sie sich auf den Weg aus diesem Höllenloch. Sie ignorierte den Schmerz tapfer und stolperte so schnell es ging die Treppe hinauf. Julia brauchte frische Luft – und einen Drink.
Julia fand sich nicht gleich zurecht, als sie oben angekommen war, aber ihr Instinkt zeigte ihr dann doch noch den richtigen Weg. Im Esszimmer schnappte sie sich als Erstes die Whiskeyflasche aus der kleinen Bar an der Wand des luxuriös eingerichteten Raumes und trank ein, zwei, drei, vier kräftige Schlucke. Der betäubende Effekt setzte fast sofort ein und der Schmerz an ihrem Bauch ließ nach.
Alexej war ihr nachgegangen, um die Sache zu erklären und stand plötzlich in der Tür. Er wusste offenbar nicht, was er sagen sollte. Er schaute Julia beinahe flehend an und wünschte sich nichts mehr, als dass er die vergangenen neunzig Minuten vergessen machen könnte.
Julia interpretierte sein Schweigen als Eingeständnis seines absurden Experiments im Keller und schleuderte – vom Alkohol zusätzlich beflügelt – die Whiskeyflasche in seine Richtung.
Das Glas zerbrach am Türrahmen, nur wenige Zentimeter von der Stelle entfernt, wo einen Augenblick zuvor noch Alexejs Kopf gewesen war. Er hatte sich rechtzeitig geduckt und wollte Julia nun beruhigen. Alexej ging auf sie zu, aber sie hob abwehrend ihre Hand.
„Stop! Keinen Schritt weiter. Ich will nichts mehr hören. Und ich will dich nie wieder sehen. Deine verrückte Familie soll mir gestohlen bleiben. Jetzt haben du und Annabelle endlich freie Bahn. Das war es doch, was ihr wolltet, oder? Bitte sehr. Viel Spaß!“ Julia reckte das Kinn und rauschte aus dem Raum, nachdem sie ihre Sachen genommen hatte.
Sie verließ das düstere Haus und trat in die Dunkelheit. Es regnete. Julia erinnerte sich daran, dass in einem halben Kilometer Entfernung eine Tankstelle stand. Sie wollte sich dort in Sicherheit bringen und auf dem Weg dorthin ein Taxi rufen.
Ein Blick auf das Display ihres Handys verriet ihr, dass es bereits kurz vor zwölf war.
Der Regen kühlte sie ab und verwischte außerdem die Tränen, die ihr an den Wangen herunterliefen.
Kapitel 16 – Frustshopping
Julia wachte auf und fühlte sich miserabel. Ein Blick aus dem Fenster verriet ihr, dass aus dem Regen vom Vortag Schnee geworden war. Als sie sich im Bett aufrichtete, durchzuckte sie ein brennender Schmerz. Sie hatte die Brandwunde in der Nacht zuvor nur notdürftig versorgt.
Als sie das Pflaster unter ihrem Nachthemd betrachtete, sah sie, das die Wunde über Nacht nicht weiter geblutet hatte. Allerdings eiterte das Brandmal und Julia wusste, dass ihr Abenteuer vom Vortag bleibende Erinnerungen in Form von einer hässlichen Narbe von der Größe eines 20-Cent-Stücks hinterlassen würde.
Julia stand auf, um unter die Dusche zu springen. Als sie sich die Zähne putzte, bemerkte sie im Spiegel, dass auch ihre Handgelenke noch immer gerötet waren.
Sie sah schrecklich aus, dachte sie. Und sie war froh, dass sie wenigstens diesen Tag zum Ausspannen hatte. Ihr graute es bereits vor dem nächsten Arbeitstag und sie hoffte inständig, dass der schreckliche Vorfall keine Auswirkungen auf die Geschäftsbeziehungen mit Alexejs Unterwäschefirma haben würde.
Beim Anziehen achtete sie sorgsam darauf, dass die neue, dünne Hautschicht, die sich bereits in der Wunde auf ihrem Bauch bildete, nicht wieder beschädigt wurde.
Julia fand es mehr als irritierend, dass sie die schmerzhaften Erinnerungen vom Vortag irgendwie erregten. Es hatte durchaus Spaß gemacht –
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