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Rasputins Erbe

Rasputins Erbe

Titel: Rasputins Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Wilde
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wir weiter. Christian wird deine laufenden Projekte übernehmen, er ist -“
    „Christian? Der ist doch erst seit zwei Monaten bei uns. Du kannst ihm doch nicht einfach so meinen Job geben!“, unterbrach Julia ihren Chef. Sie geriet in Panik.
    „Im nächsten Jahr sehen wir weiter“, meinte Peer nur und wandte sich zum Gehen.
    Als Peer bereits seine Hand auf der Türklinke hatte, machte Julia einen Satz nach vorn, um ihn an der Schulter zu packen. Er drehte sich wieder um und schaute Julia stirnrunzelnd an. Sie wusste gar nicht, was sie eigentlich sagen wollte. Sie hatte das Gefühl, dass ihr die Zeit davon lief. Entweder sie fand sofort die passenden Worte oder sie war ihren Job tatsächlich los.
    Nach knapp fünf Jahren in der Werbebranche fiel ihr jedoch nichts Passendes ein. Kein kluger Spruch, kein Zitat, nichts. Gar nichts.
    Peer nahm Julias Hand von seiner Schulter und rang sich zu einem dünnen Lächeln durch. Er wiederholte leise die unheilvollen Worte: „Im nächsten Jahr sehen wir weiter.“
    Julia rührte sich nicht und schaute die geschlossene Tür an, durch die ihr Ex-Chef vor wenigen Sekunden gegangen war. Ihre Karriere war hinüber, so viel stand fest. Wenn sie es nicht irgendwie schaffte, den Auftrag doch noch an Land zu ziehen, dann würde Christian tatsächlich ihren Job übernehmen.
    Was hatte sie denn überhaupt zu bieten, überlegte Julia. Werbefuzzis gab es wie Sand am Meer, dachte sie. Sie selbst hatte damals viel Glück gehabt, als sie ihren Job bei der FemediaX annahm. Sie hatte sich angestrengt, einen Fuß in die Tür zu bekommen, aber in all den Jahren ließ sie das Gefühl nicht los, dass sie ihre Karriere zu einem Großteil der allzu gütigen Fortuna zu verdanken hatte. Das Glück hatte sie verlassen.
    Peer war immer ein verkappter Chauvinist gewesen. Er gehörte zur alten Schule. Daran würde sich niemals etwas ändern. Vermutlich hatte er Julia bloß eingestellt, um einen guten Eindruck auf die immer jünger werdenden Kunden und Kundinnen zu machen. Eine Frau in einer Chefposition. Es wirkte modern und Julia erkannte, dass sie womöglich bloß Peers Spielball gewesen war.
    Sie konnte es sich nicht erklären, aber ihr allzu hartes Schicksal beruhigte sie. Es war kurios, fand sie.
    Sie hatte das Spiel mitgespielt und sie war eigentlich ziemlich gut darin. Aber am Ende hatte sie doch verloren. Sie war zufällig an den falschen Mann geraten. Sie hatte Pech gehabt.
    Während Julia einfach nur still da stand, wo Peer sie zurückgelassen hatte, kehrte langsam der pochende Schmerz wieder, der von der Brandwunde ausging.
    Mit dem Schmerz kam auch Julias Kampfgeist zurück. Sie wusste, dass sie das Spiel noch herumdrehen konnte. Sie wusste noch nicht, wie sie das anstellen würde, aber sie wusste, dass sie es schaffen konnte.
    Sie nahm sich vor, die Kontrolle über ihr Leben zurückzuerlangen. Ihr alter Leitspruch hallte in ihrem Kopf wider. „Ich werde das Kind schon schaukeln“, sagte sie halblaut und nahm ihren Mantel aus der Garderobe.
    In ihrem Büro war die Lösung für ihre Probleme nicht zu finden, wie Julia feststellte. Sie schaute erneut auf die Armbanduhr, die Peer ihr damals geschenkt hatte und ließ ihr Büro hinter sich. Für immer, dachte sie theatralisch.
    Auf dem Weg durch die Flure der FemediaX sausten dutzende Bilder, Erinnerungen, gute und schlechte, an ihrem inneren Auge vorbei.
    An diesem Kopierer war sie zum ersten Mal mit dem schwulen Deniz ins Gespräch gekommen. Dort, wo mittlerweile Sarah am Empfang saß, hatte eine ältere Dame gesessen, die Julia in einige der wichtigsten Geheimnisse der Firma eingeweiht hatte. Und hinter diesen Türen, dachte Julia, hatte sie ihre erste Rüge von Peer Mendelsohn bekommen. Es war damals ihr erster Arbeitstag gewesen und sie hatte am Abend tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, doch wieder alles hinzuschmeißen. Damals hatte Verena sie davon überzeugt, dass sie die Zähne zusammenbeißen müsste, um in dieser Branche zu bestehen.
    Julia erreichte den Lift. Sie nickte der emsig telefonierenden Sarah zu und verschwand im Aufzug, der sie nach unten in die Freiheit bringen würde.
    Dritter Stock, zweiter Stock, Erdgeschoss. In Julias Kopf herrschte eine angenehme Stille, wie sie sie bisher nicht gekannt hatte.
    Julia wusste nun, was sie zu tun hatte. Sie wusste, wer ihr weiterhelfen konnte. Sie wusste, wem sie vertrauen konnte. Aber zuerst wollte sie mit Verena sprechen und ihr von ihrem Unglückstag erzählen.
    Obwohl Julia

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