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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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fuhr auf direktem Wege nach Hause. Dort öffnete er mit zitternder Hand das Kuvert und zog vorsichtig den Inhalt heraus. Obenauf lag ein handgeschriebener, an Stephan gerichteter Brief, dann folgten Kopien einiger Zeitungsausschnitte und Fotos, schließlich ein an das Schwurgericht Dortmund gerichteter Schriftsatzentwurf und eine DVD. Stephan legte den Inhalt sorgfältig in der von Trost vorgegebenen Reihenfolge auf den Schreibtisch, dann nahm er zunächst den mehrseitigen Brief zur Hand und las das am Mittwoch, 25. Juli, verfasste Schriftstück:

    Lieber Stephan,
    manchmal ist es schwer, einen Brief zu beginnen. Manchmal fällt einem nicht ein, was man schreiben soll, obwohl man viel zu sagen hätte. Manchmal jedoch gibt es gleichzeitig so viel zu sagen und zu schreiben, dass es schwerfällt, den Gedanken die nötige Ordnung zu geben. Bei mir ist es Letzteres. Ich schreibe dir, weil ich mein Versprechen einlöse, dir alles zu erklären und deine zahlreichen Fragen zu beantworten, die zu Recht einer Antwort harren. Wann du diesen Brief lesen wirst, weiß ich nicht. Sicher ist jedoch, dass ich dann nicht mehr leben werde. Der Brief ist mein Vermächtnis im Fall Wendel und zugleich auch mein Versuch, mich dir mitzuteilen. Auf dein Verständnis werde ich nicht hoffen dürfen, und ich fordere es auch nicht ein.
    Vielleicht habe ich dir bis zu dem Zeitpunkt, wenn du diese Zeilen liest, schon mein Tun und meine Motive erklärt. Ich weiß nicht, wie sich die nächsten Tage, Wochen, vielleicht auch Monate, gestalten werden. Fest steht jedoch, dass meine Zeit abläuft, und ich weiß, dass ich mich mit meinem Tod meiner Verantwortung stelle und mich ihrer zugleich entziehe. Ich habe sie seit Jahren auf meinen Schultern getragen. Sie drückte und quälte mich unablässig, nur manchmal durchbrochen von der trügerischen Hoffnung, dass sich alles zum Guten wenden möge. Das sind Momente, in denen ich noch einmal richtig zupacken konnte. Ich war stets gern und aus voller Überzeugung Rechtsanwalt. Mit List und Lust, wie ich gern sagte. Bloße Lust war es auch, die mich noch dazu trieb, meine Kanzlei an den mondänen Standort im Dortmunder Süden zu verlegen. Doch all dies konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass mich irgendwann die Vergangenheit einholen würde, und vielleicht war mein Schritt an den Phönix-See ein letztes Aufbäumen in einem unvermeidbaren Niedergang, den ich selbst zu großen Teilen zu verantworten habe. Was ich dir mit diesem Brief und seinen Anlagen anvertraue, sind Beweisstücke, die du im Fall Wendel verwenden wirst.

    Gestern, lieber Stephan, haben wir Maxim Wendel in der Justizvollzugsanstalt Werl besucht. Deine wenig geschickte Analyse meines Handys, vor allem aber die auf der Rückfahrt von dir gestellten Fragen haben mir gezeigt, dass ich vor dem Ende stehe. Ich habe mein Ende bereits erahnt, als du den Fall Wendel übernommen hast. Du warst mir persönlich unbekannt; ich wusste nur von der Existenz eines Rechtsanwalts Stephan Knobel, der mit dem unsäglichen Kollegen Hubert Löffke eine Kanzlei in Bürogemeinschaft betreibt und Maxim Wendel seinerzeit in der Disziplinarangelegenheit vor dem Verwaltungsgericht vertreten hat. Damals hätte ich vielleicht noch über dich die Nase gerümpft. Juristen, die wirtschaftlich nicht richtig Fuß fassen können, galten in meiner Vorstellung als Versager. Ich war so verblendet, dass ich aus dem Status, den ich mir selbst erarbeitet habe, schloss, dass sich ein jeder ebenfalls diesen Erfolg erarbeiten könne, wenn er es denn nur wirklich wolle. Dieser Irrglaube war es auch, meine Tochter in einen Beruf zu drängen, der sie – wie ich heute weiß – nicht glücklich machen wird. Nicht jeder ist der geborene Rechtsanwalt, und selbst denen, die hervorragende Arbeit leisten, sind nicht zwingend Reichtum und Ruhm vergönnt. Mittlerweile habe ich erkannt, dass es exzellente Anwälte gibt, deren Namen kaum einer kennt. Damit komme ich zu dir, Stephan. Als du den Fall Wendel übernommen hattest, war ich überzeugt, dass die von mir aus Hochmut sicher gewähnte Verurteilung Wendels Bestand haben würde. Zwar war mir Wendel in gewisser Weise entglitten, weil er sich nicht mehr vertrösten ließ und immer aggressiver meine Prophezeiung in den Wind schlug, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens sinnlos sei. Als ich jedoch erfuhr, dass er dich – einen im Strafrecht nicht versierten und dazu weitgehend unbekannten Anwalt – beauftragt hatte, überwog für eine

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