Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
in gemäßigterem Tonfall weiter: »Wir werden uns rächen, Zephyr. Stell das nie in Frage.«
Einen Moment lang sahen sich die beiden an, die die gemeinsame Erinnerung an lange vergangenes Unrecht verband.
Kiva teilte die Leidenschaft für Rache, die in den Augen des alten Elfen leuchtete, doch wurde sie auch von einem Ehrgeiz getrieben, der über bloße Rache hinausging. Der Laraken würde früher oder später vernichtet werden – die Magier Halruaas waren zu erfinderisch, um diese Situation für alle Zeit weitergehen zu lassen –, aber noch viele Monde lang würde das Böse, das der Magier Akhlaur geschaffen hatte, seine Nachfahren heimsuchen. Das war richtig und angemessen. Doch Kiva wollte mehr. Sie wollte die finstere Macht, die Akhlaur für einen so unfaßbaren Preis errungen hatte.
Und dann, wenn sie mächtig genug war, würde sie Akhlaur persönlich bekommen.
»Du hast gesagt, Matteo sei aus dieser Sache völlig heraus«, sagte sie und bemühte sich, ihren Worten einen sanften Klang zu verleihen. »Ist Tzigone der gleichen Ansicht? Ist sie mit ihm fertig?«
»Sie wurden seit Tagen nicht mehr zusammen gesehen. Ich habe ihn beobachten lassen, daher kann ich mir dessen sicher sein.«
»Vielleicht betrachtet sie ihre Schuld als beglichen«, überlegte Kiva. »Aber wir müssen es genau wissen. Sie könnte sonst jederzeit im Palast von Beatrix auftauchen, und das dürfen wir nicht zulassen. Wir brauchen sie und dürfen nicht das Risiko eingehen, daß die Kabale sie erwischt. Auch wenn dieses Risiko nicht allzu hoch ist – immerhin hat sie die Angelegenheit offiziell schon vor Jahren erledigt.«
Zephyr schwieg einen Moment. »Cassia hat das Gegenteil herausbekommen. Sie weiß auch, daß Tzigone in der Stadt ist, und hat die Neuigkeit meinem Patron Procopio Septus mitgeteilt.«
Kiva kniff die Augen zusammen. »Und das sagst du erst jetzt? Was weiß sie sonst noch?«
»Ich weiß nicht.«
Die Bluthündin schenkte sich noch Wein ein und nippte daran, während sie überlegte. »Vielleicht können wir diese neue Entwicklung zu unserem Vorteil nutzen«, sagte sie schließlich. »Laß Cassia nach Keturahs Tochter suchen. Nichts wird Tzigone so schnell in unser Netz locken wie das Rätsel ihrer Vergangenheit.« Sie wurde wieder ruhig, dann sprach sie überzeugt: »Wir werden Tzigone bald haben. Und wenn wir unsere Karten richtig spielen, werden wir sogar Matteo bekommen.«
»Braucht Ihr den Jungen wirklich?« fragte Zephyr vorsichtig.
Kivas Lächeln war kalt und hart, und in ihren Augen funkelte etwas, das weit über bloßen Haß hinausging. »Du kennst den Laraken. Du weißt besser als die meisten anderen, wie stark er ist. All deine Magie und Jahrhunderte deines Lebens wurden dir geraubt, um dieses Monster zu schaffen. Du bist in Stunden um Jahrhunderte gealtert, während du zusahst, wie es zum Leben erwachte. Du kennst die Narben, die seine Geburt hinterließ, schließlich hast du dich um mich gekümmert, nachdem man mich weggeworfen und dem Tod überlassen hat.«
»Hört auf, Kiva«, flehte er, angewidert von den Erinnerungen, die sie mit zunehmend hysterisch werdender Stimme weckte.
Doch die Elfe ließ sich nicht aufhalten. »Du hast das Monster gesehen, das Akhlaur rief, um es mit deiner und meiner Magie zu vermischen. Du weißt, was der Laraken ist, und du weißt auch, wie mächtig er ist. Und trotzdem sagst du, wir sollen Matteo heraushalten! Er ist ein Jordain, und ich bin eine Bluthündin. Sein Schicksal lag in meiner Hand, lange bevor er geboren wurde. Er ist ein Nichts.«
»Keine Seele ist wertlos, Kiva, nicht einmal die eines Menschen.«
»Ich bin nicht gekommen, um mit dir über philosophische Themen zu diskutieren. Matteo ist ein guter Kämpfer, der gegen Magie fast völlig resistent ist. Bei allem, was du weißt, kannst du mir eine einzelne Klinge verdenken, die ich in den Sumpf mitnehmen könnte?«
Der Elf senkte geschlagen den Kopf. »Tut, was Ihr tun müßt«, erwiderte er leise. In diesem Augenblick wurste er nicht, wen er mehr fürchten mußte: den Laraken oder die Bluthündin.
* * *
Cassia stand auf der Brüstung des Palastes und beobachtete voller Unglauben die Szene, die sich unterhalb von ihr abspielte. Königin Beatrix spazierte auf der Promenade entlang, ihr fahles, mit Edelsteinen besetztes Kleid funkelte im schwachen Licht des Spätnachmittags, und ihre kunstvolle weiße und silberne Haarpracht war ein Vorgeschmack auf den Mondschein. Neben ihr ging ihr neuer Ratgeber,
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