Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
sie getestet und dabei herausgefunden, daß sie eine nicht spezialisierte Magierin mittlerer Güte war. Mit den Jahren begann sie jedoch, sich mehr für mechanische Konstrukte als für Magie zu interessieren, und die Gesellschaft ihrer mechanischen Geschöpfe schien sie der der Menschen vorzuziehen.
Schlimmer aber noch war, daß sie Zalathorm keinen Erben geschenkt hatte. Es gab viele in Halruaa, die fanden, es sei längst an der Zeit, daß sich der König von Beatrix trennte und nach einer geeigneteren Königin Ausschau hielt. Auch wenn es denkbar war, daß der König all seine Untergebenen überlebte, war das Thema Nachfolge sehr wichtig. Wenn Zalathorm keinen Erben hatte, würden ehrgeizige Magier um den Thron wetteifern. Die Halruaaner kannten ihre Geschichte und wußten, welch verheerende Folgen ein solcher Wettstreit nach sich ziehen konnte.
»Du hast Beatrix bewegen können, heute Abend zu uns zu kommen«, sagte der König. »Dafür bin ich dankbar.«
»Es war nicht schwierig. Sie ist kein Mechanismus, sie benötigt Speise und Musik und Gesellschaft wie jeder andere auch.
Zalathorm lächelte. »Eine Tatsache, an die sie sich selten erinnert. Es ist schon einige Zeit her, daß die Königin am Hof in Erscheinung getreten ist. Du hast das gut gemacht. Ich bin froh, daß gut für sie gesorgt wird.«
Matteo nickte, hörte aber in den Worten des Königs sein Schicksal. Er war nicht glücklich darüber, doch er sah keine Möglichkeit, ihm und seiner Pflicht aus dem Weg zu gehen. Dennoch gab es etwas, das er wissen mußte.
»Was ist passiert?«
Der König mußte nicht erst fragen, was er meinte. »Magie«, sagte er. »Sie ist eine gute Gabe, die edelste aller Künste. Aber ihre Auswirkungen können für den, der einen Zauber wirkt, genauso tödlich sein wie das stärkste Gift. Niemand weiß, welche Zauber Beatrix gegen die Crinti wirkte und wie sie den Überfall überlebte. Sie erinnert sich nicht daran und hat auch keinerlei Erinnerung an das, was mit ihr geschah, ehe sie nach Halarahh kam. Kein Erkenntniszauberer hat die Geschichte der Königin in Erfahrung bringen können. Der mächtigste Inquisitor war notwendig, um wenigstens diese Erinnerung zu Tage zu fördern. Aber irgend etwas in Beatrix zerbrach, etwas, das keine Magie wieder heilen kann. Es ist sogar so, daß sie sich mit jedem Tag, der verstreicht, mehr und mehr von der Magie abwendet.«
Zalathorm fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht, als wollte er den Schmerz wegwischen, der dort zu sehen war. »Und für Halruaa bedeutet das nun einmal, daß sie das Land und jeden, der hier lebt, aus ihrer Welt ausschließt. Wohin sie gegangen ist, dahin wird ihr niemand wirklich folgen können. Ich spreche offen zu dir und gestehe ein, was sich viele meiner Untergebenen hinter vorgehaltener Hand zuflüstern. Die Königin, die Frau, der du dienen mußt, ist nicht mehr bei Sinnen.«
Matteo hörte mit großem Mitgefühl zu und war bewegt von der Trauer, die der König empfand, und von dem Schaden, den die Magie angerichtet hatte. Er kannte die kurze Geschichte der Königin, so wie die meisten in Halruaa, aber zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, daß es vielleicht mehr zu erfahren gab. Wenn er Beatrix dienen sollte, dann mußte soviel wissen wie möglich.
»Der Inquisitor, der von der Vergangenheit der Königin erfuhr ... wißt Ihr noch seinen Namen?«
»Es war eine Frau«, sagte der König desinteressiert. »Genauer gesagt, es war eine Elfe. Aber ihren Namen weiß ich nicht mehr.«
Ein eisiger Schauer lief Matteo über den Rücken, als er dies hörte. Es gab in ganz Halruaa nur eine Elfe, die es bis zur Inquisitorin gebracht hatte: Kiva, die Bluthündin.
VIERZEHNTES KAPITEL
Z ephyr stand an der Reling des Himmelsschiffs seines Patrons und beobachtete die kleine dunkle Wolke, die über dem Halruaasee hing. Der Wind peitschte die spärlichen weißen Haarsträhnen, die ihm über die Schultern fielen, und ließ einen grausamen Schauder durch seine Knochen fahren. Er wagte aber nicht, unter Deck zu gehen, ehe er sich nicht seines Kurses sicher war. Die Stürme, die vom See her kamen, waren kräftig und gefährlich. Er würde mit dem Himmelsschiff kein größeres Risiko eingehen als nötig.
Der Elf hatte Erlaubnis, mit der Sternenschlange aufzusteigen, wann immer er wollte. Die Mannschaft war angewiesen, seine Befehle zu befolgen und über nichts ein Wort zu sprechen, was sie hörten und sahen. Es gehörte unter anderem zu Zephyrs Aufgaben, Informationen
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