Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
es sagst, ist es auch so? Feilschen wir um die Schuld?« fragte sie herausfordernd. »Decken und Melonen haben keinen Festpreis, aber bei manchen Dingen ist das anders.«
Matteo bemerkte den Klang ihrer Stimme und den kalten Blick. Sie sprach von Ehre, wenn auch auf eine Weise, die er nicht verstand. Er reagierte höflich.
»Nun denn, wenn wir uns wiedersehen, werde ich mich um Hilfe und Freundschaft an dich wenden«, sagte er. »Du kannst das Gleiche von mir erwarten, ohne deine Ehrenschuld aufzustocken.«
Einen Augenblick sah sie ihn beunruhigt an, dann huschte ein nachdenklicher Ausdruck über ihr Gesicht. »Du sagst, ich ginge zu leichtfertig mit Worten um, und vielleicht stimmt das auch. Aber mir scheint, du sprichst etwas schnell von Freundschaft.«
Noch nie hatte Matteo auf eine freundliche Bemerkung eine so verwirrende Reaktion erhalten. Ihm dämmerte, sie könnte annehmen, er deute etwas Unziemliches an. »Ich wollte dich nicht beleidigen.«
»Ich bin nicht beleidigt. Ich sage nur, daß du schnell Vertrauen faßt. Vielleicht ist das keine gute Sache.«
Amüsiert sah Matteo sie an. »Willst du mich vor dir warnen?«
»Ich möchte dich an zwei Dinge erinnern«, sagte sie ungerührt. »Du hast geglaubt, ich sei ein Junge, und hast angenommen, daß alle Katzen klettern können. Es ist nicht alles so, wie es scheint, Jordain.«
In diesen Worten steckte ein wahrer Kern, und auch wenn es schmerzte, das anzuerkennen, reagierte er mit einem respektvollen Nicken. »Danke für deine Worte«, sagte er und bezeugte ihr den Respekt, den er auch einem Meister nach einer dringend benötigten Lektion entgegengebracht hätte. »Und ich danke dir dafür, daß ich dein Schwert benutzen durfte.«
Sie zuckte die Achseln und ging vorsichtig um Cyric herum, Wobei sie das große Pferd mit großem Interesse betrachtete. Cyric drehte den Kopf, sein Ausdruck war ebenso zurückhaltend.
Matteo bemerkte die Blicke, die die beiden austauschten, und fand, daß es zu ihnen paßte. Er hob die Zügel und stellte fest, daß das Schwert des Wemics einen von ihnen durchtrennt hatte. Er stieg wieder ab, um das andere Ende aufzuheben und festzuknoten. Cyric war selbst unter den besten Bedingungen kaum zu beherrschen, und er wagte es nicht, den Versuch zu unternehmen, ihn nur mit den Knien zu steuern.
Tzigone sah zu, wie sich der junge Mann der Reparatur des Zügels widmete. Sie bewegte sich schattengleich, als sie das Schwert aufhob, das Matteo fortgeschleudert hatte. Einen Moment lang betrachtete sie es und überlegte, was sie tun sollte. Sie konnte es nicht an sich nehmen, das war sicher. Die Strafe dafür, wenn man sich über seiner Stellung kleidete oder bewaffnete, war drastisch, und ein weiterer Konflikt mit dem Gesetz war das Letzte, was Tzigone brauchte. Schwerter waren wertvoll, und in Halruaa sorgten Suchzauber dafür, daß wertvolle Objekte nicht lange »ausgeliehen« blieben.
Aber sie haßte den Gedanken, die Waffe hier auf der Straße liegenzulassen. Wer wußte schon, wer sie möglicherweise an sich nahm und was er mit ihr anstellte? Angesichts des Tages, den Matteo bislang erlebt hatte, war anzunehmen, daß er schon bald wieder ein solches Schwert würde brauchen können. Auf jeden Fall war er besser damit zurechtgekommen, als sie erwartet hatte. Es würde für sie beide von Nutzen sein, wenn er das Schwert griffbereit hatte, wenn sie sich ihre Wege das nächste Mal kreuzten.
Tzigone machte sich nicht die Mühe, ihn zu überreden, sondern nahm einen Lederriemen aus der Tasche und band das Schwert rasch am Sattel fest. Zum Glück hatte das Pferd einen breiten Rücken, und das Schwert war so kurz, daß sie es mühelos verstecken konnte. Sie zog die Satteldecke über den Griff und bemerkte den verschlagenen, zustimmenden Ausdruck in Cyrics Augen. Sie war sicher, daß das Pferd einen Weg finden würde, seinen Reiter auf das Vorhandensein des Schwerts aufmerksam zu machen, wenn ein Situation das erforderlich machte.
Sie war gerade fertig, als Matteo von dem nun reparierten Zügel aufblickte. »Friede sei mit dir, Tzigone«, sagte er und stieg auf.
»Und mit dir«, erwiderte sie ernst.
Sie sah dem jungen Mann nach, wie er davonritt, und war zufrieden. Friede war ein schönes Wort und ein Zustand, den zu erstreben sich lohnte. Doch nach ihrer Erfahrung zu urteilen, war Friede seltener anzutreffen als Reichtum. Wenn aber der Friede schon flüchtig war, hatte sie zumindest dafür gesorgt, daß Matteo angemessen bewaffnet
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