Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
der beim Ritual der Läuterung Matteos Platz einnehmen würde, jemandem, der flüchtig betrachtet als Jordain durchgehen würde. Kivas Aufgabe war leichter. Sie mußte dem Hauptmann der örtlichen Miliz nur ihren Verdacht melden. Tzigone trug nie ein Schwert und auch sonst recht wenig bei sich. Sie wußte, daß sich magische Gegenstände aufspüren ließen, daher trennte sie sich häufig von ihren Habseligkeiten. Doch Kiva war bereit, eine Wette darauf abzuschließen, daß die junge Diebin ein so edles Schwert nicht weggeben würde. Es befand sich zweifellos noch in Matteos Besitz.
Kiva fand recht schnell einen Trupp der örtlichen Miliz. Der Hauptmann hörte sich die Meldung der Bluthündin an und schickte einen Trupp zum nordwestlichen Tor, der Matteo verfolgen sollte.
Zufrieden ritt Kiva zu einem kleinen Gut außerhalb der Stadt und ließ sich nieder, um auf Mbatu zu warten. Sie war sicher, daß der Wemic schon bald mit Matteos Hengst und – noch viel wichtiger – dessen Ersatzmann eintreffen würde.
SIEBTES KAPITEL
E in Gefühl des Unbehagens verfolgte Tzigone auf dem Weg zum Behirnest. Während die Sonne gen Westen wanderte, füllten sich die Straßen allmählich wieder mit Leben. Sie bewegte sich durch die Menge und achtete weniger als sonst auf ihre Umgebung.
Solche Schwächen waren oft tödlich, immer aber gefährlich. Furcht und Unachtsamkeit schienen Jäger auf die gleiche Weise anzulocken wie auf eine Blutspur im Wasser Haie. Aus dem Augenwinkel heraus sah Tzigone, daß ein Straßenbalg ihr folgte. Er ging einige Schritte hinter ihr und hielt sich aus ihrem normalen Gesichtsfeld.
Einen Moment lang schnürte sich Tzigones Kehle zu. Das Kind mit den tiefliegenden Augen erinnerte sie an ihre frühen Jahre, es war ein Spiegel dessen, was aus ihr geworden war. Doch das hielt sie nicht davon ab, die schmale, forschende Hand zu packen, die nach ihrem Beutel griff.
Tzigone wirbelte den Jungen herum und schleuderte ihn gegen die Rückwand eines Putzmachergeschäfts. Erst als sie ihn fest an die Wand drückte, wurde ihr bewußt, daß der Junge genauso groß und vermutlich fast so kräftig war wie sie. Doch diese Erkenntnis änderte nichts an ihren Absichten.
Sie drehte seine schmutzige Hand mit der Innenfläche nach oben und legte eine Münze hinein, einen von etlichen Skie, die die Haut der Sternschlange ihr eingebracht hatte.
»Du brauchst noch einige Lektionen«, zischte sie. »Gwillon drüben in der Unteren Straße sucht noch einen Schüler. Gib ihm das und erwähne meinen Namen ...«
Sie mußte einen Moment nachdenken, ehe sie sich an den Namen des stehlenden Kinds erinnerte, das sie einst gewesen war. »Sag ihm, Sindra hätte gesagt, du könntest es zu was bringen.«
Der Junge betrachtete die Münze, dann sah er Tzigone ungläubig an. Dieser Skie war womöglich ein größerer Reichtum, als er in fünf Monaten würde zusammentragen können, doch der Name war für ihn viel wertvoller. Gwillon war ein meisterlicher Taschendieb und eine Legende in den Schatten der Stadt. Der Mann wurde allmählich alt, aber seine Ausbildung mochte genügen, um diesen Jungen am Leben zu halten. Recht wurde in Halruaa schnell gesprochen, und nur wenige Diebe wurden ein zweites Mal gefaßt. Sie hatte dem Jungen eine seltene zweite Chance gegeben, und das wußte er.
Der Junge schloß die Hand um die Münze, die sein Lehrgeld sein würde, und lief Richtung Untere Straße davon. Tzigone nickte und ging durch die Gasse weiter zu dem Geschäft, in dem sie zur Zeit arbeitete.
Glocken ließen eine Melodie erklingen, als sie die Tür öffnete. Tzigone sah nach oben und staunte abermals darüber, daß man etwas so Schönes aus den Abfällen herstellen konnte, die ein Metzger streunenden Hunden hinwarf. Behirknochen. Wer würde beim Anblick eines so häßlichen Geschöpfs schon glauben, daß solche Schönheit in ihm verborgen war?
Halruaaner gaben sich nie damit zufrieden, ein Geschöpf so zu belassen, wie die Natur es vorgesehen hatte. Behire waren dabei ein ganz besonderes Ziel ihrer Zuchtprogramme. Miniaturausgaben in verschiedenen Größen wurden gezüchtet, um als Grabenwächter oder auch exotische Haustiere zu dienen. Doch wie Schweine und Dichter heimsten sie das größte Lob erst nach dem Tod ein. Ihr Hauptzweck war, Komponenten für Zauber zu liefern.
Es schien, als sei wirklich alles an einem Behir für irgend etwas gut. Die langen, schlanken Hörner, die vom Kopf nach hinten wiesen, wurden zu Pulver zermahlen und
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